Phäenomenologie des Geistes | Page 7

Georg Wilhelm Friedrich Hegel
eine Vermittlung. Diese aber ist das, was perhorresziert wird, als ob
dadurch, daß mehr aus ihr gemacht wird denn nur dies, daß sie nichts
Absolutes und im Absoluten gar nicht sei, die absolute Erkenntnis
aufgegeben wäre.
Dies Perhorreszieren stammt aber in der Tat aus der Unbekanntschaft
mit der Natur der Vermittlung und des absoluten Erkennens selbst.
Denn die Vermittlung ist nichts anders als die sich bewegende
Sichselbstgleichheit, oder sie ist die Reflexion in sich selbst, das
Moment des fürsichseienden ich, die reine Negativität oder das
einfache Werden. Das Ich, oder das Werden überhaupt, dieses
Vermitteln ist um seiner Einfachheit willen eben die werdende
Unmittelbarkeit und das Unmittelbare selbst.--Es ist daher ein
Verkennen der Vernunft, wenn die Reflexion aus dem Wahren

ausgeschlossen und nicht als positives Moment des Absoluten erfaßt
wird. Sie ist es, die das Wahre zum Resultate macht, aber diesen
Gegensatz gegen sein Werden ebenso aufhebt, denn dies Werden ist
ebenso einfach und daher von der Form des Wahren, im Resultate sich
als einfach zu zeigen, nicht verschieden; es ist vielmehr eben dies
Zurückgegangensein in die Einfachheit.--Wenn der Embryo wohl an
sich Mensch ist, so ist er es aber nicht _für sich_; für sich ist er es nur
als gebildete Vernunft, die sich zu dem gemacht hat, was sie an sich ist.
Dies erst ist ihre Wirklichkeit. Aber dies Resultat ist selbst einfache
Unmittelbarkeit, denn es ist die selbstbewußte Freiheit, die in sich
selbst ruht, und den Gegensatz nicht auf die Seite gebracht hat und ihn
da liegen läßt, sondern mit ihm versöhnt ist.
Das Gesagte kann auch so ausgedrückt werden, daß die Vernunft das
_zweckmäßige Tun_ ist. Die Erhebung der vermeinten Natur über das
mißkannte Denken, und zunächst die Verbannung der äußern
Zweckmäßigkeit hat die Form des Zwecks überhaupt in Mißkredit
gebracht. Allein, wie auch Aristoteles die Natur als das zweckmäßige
Tun bestimmt, der Zweck ist das Unmittelbare, das Ruhende, welches
selbst bewegend oder Subjekt ist. Seine abstrakte Kraft zu bewegen ist
das _Für-sich-sein_ oder die reine Negativität. Das Resultat ist nur
darum dasselbe, was der Anfang, weil der Anfang Zweck ist;--oder das
Wirkliche ist nur darum dasselbe, was sein Begriff, weil das
Unmittelbare als Zweck das Selbst oder die reine Wirklichkeit in ihm
selbst hat. Der ausgeführte Zweck oder das daseiende Wirkliche ist die
Bewegung und das entfaltete Werden; eben diese Unruhe aber ist das
Selbst; und jener Unmittelbarkeit und Einfachheit des Anfangs ist es
darum gleich, weil es das Resultat, das in sich Zurückgekehrte, --das in
sich Zurückgekehrte aber eben das Selbst, und das Selbst die sich auf
sich beziehende Gleichheit und Einfachheit ist.
Das Bedürfnis, das Absolute als Subjekt vorzustellen, bediente sich der
Sätze: Gott ist das Ewige, oder die moralische Weltordnung oder die
Liebe u.s.f. In solchen Sätzen ist das Wahre nur geradezu als Subjekt
gesetzt, nicht aber als die Bewegung des sich
In-sich-selbst-reflektierens dargestellt. Es wird in einem Satze der Art
mit dem Worte: Gott angefangen. Dies für sich ist ein sinnloser Laut,
ein bloßer Name; erst das Prädikat sagt, was er ist, ist seine Erfüllung
und Bedeutung; der leere Anfang wird nur in diesem Ende ein

wirkliches Wissen. Insofern ist nicht abzusehen, warum nicht vom
Ewigen, der moralischen Weltordnung u.s.f., oder, wie die Alten taten,
von reinen Begriffen, dem Sein, dem Einen u.s.f., von dem, was die
Bedeutung ist, allein gesprochen wird, ohne den sinnlosen Laut noch
hinzuzufügen. Aber durch dies Wort wird eben bezeichnet, daß nicht
ein Sein oder Wesen oder Allgemeines überhaupt, sondern ein in sich
Reflektiertes, ein Subjekt gesetzt ist. Allein zugleich ist dies nur
antizipiert. Das Subjekt ist als fester Punkt angenommen, an den als
ihren Halt die Prädikate geheftet sind, durch eine Bewegung, die dem
von ihm Wissenden angehört, und die auch nicht dafür angesehen wird,
dem Punkte selbst anzugehören; durch sie aber wäre allein der Inhalt
als Subjekt dargestellt. In der Art, wie diese Bewegung beschaffen ist,
kann sie ihm nicht angehören; aber nach Voraussetzung jenes Punkts
kann sie auch nicht anders beschaffen, kann sie nur äußerlich sein. Jene
Antizipation, daß das Absolute Subjekt ist, ist daher nicht nur nicht die
Wirklichkeit dieses Begriffs, sondern macht sie sogar unmöglich, denn
jene setzt ihn als ruhenden Punkt, diese aber ist die Selbstbewegung.
Unter mancherlei Folgerungen, die aus dem Gesagten fließen, kann
diese herausgehoben werden, daß das Wissen nur als Wissenschaft oder
als System wirklich ist und dargestellt werden kann. Daß ferner ein
sogenannter Grundsatz oder Prinzip der Philosophie, wenn es wahr ist,
schon darum auch falsch ist, weil er Grundsatz oder Prinzip ist. --Es ist
deswegen leicht, ihn zu widerlegen. Die Widerlegung besteht darin,
daß sein Mangel aufgezeigt wird; mangelhaft aber ist er, weil er nur das
Allgemeine oder Prinzip, der Anfang, ist. Ist die Widerlegung
gründlich, so ist sie aus ihm selbst genommen und entwickelt,--nicht
durch entgegengesetzte Versicherungen und Einfälle von außen her
bewerkstelligt. Sie würde also eigentlich
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