ihr zu verweilen und sich in ihr zu vergessen, greift solches Wissen
immer nach einem Andern, und bleibt vielmehr bei sich selbst, als daß
es bei der Sache ist und sich ihr hingibt. --Das leichteste ist, was Gehalt
und Gediegenheit hat, zu beurteilen, schwerer, es zu fassen, das
schwerste, was beides vereinigt, seine Darstellung hervorzubringen.
Der Anfang der Bildung und des Herausarbeitens aus der
Unmittelbarkeit des substantiellen Lebens wird immer damit gemacht
werden müssen, Kenntnisse allgemeiner Grundsätze und
Gesichtspunkte zu erwerben, sich nur erst zu dem Gedanken der Sache
überhaupt heraufzuarbeiten, nicht weniger sie mit Gründen zu
unterstützen oder zu widerlegen, die konkrete und reiche Fülle nach
Bestimmtheiten aufzufassen, und ordentlichen Bescheid und
ernsthaftes Urteil über sie zu erteilen zu wissen. Dieser Anfang der
Bildung wird aber zunächst dem Ernste des erfüllten Lebens Platz
machen, der in die Erfahrung der Sache selbst hineinführt, und wenn
auch dies noch hinzukommt, daß der Ernst des Begriffs in ihre Tiefe
steigt, so wird eine solche Kenntnis und Beurteilung in der
Konversation ihre schickliche Stelle behalten.
Die wahre Gestalt, in welcher die Wahrheit existiert, kann allein das
wissenschaftliche System derselben sein. Daran mitzuarbeiten, daß die
Philosophie der Form der Wissenschaft näher komme--dem Ziele, ihren
Namen der Liebe zum Wissen ablegen zu können und wirkliches
Wissen zu sein--, ist es, was ich mir vorgesetzt. Die innere
Notwendigkeit, daß das Wissen Wissenschaft sei, liegt in seiner Natur,
und die befriedigende Erklärung hierüber ist allein die Darstellung der
Philosophie selbst. Die äußere Notwendigkeit aber, insofern sie,
abgesehen von der Zufälligkeit der Person und der individuellen
Veranlassungen, auf eine allgemeine Weise gefaßt wird, ist dasselbe,
was die innere, in der Gestalt, wie die Zeit das Dasein ihrer Momente
vorstellt. Daß die Erhebung der Philosophie zur Wissenschaft an der
Zeit ist, dies aufzuzeigen würde daher die einzig wahre Rechtfertigung
der Versuche sein, die diesen Zweck haben, weil sie die Notwendigkeit
desselben dartun, ja weil sie ihn zugleich ausführen würde.
Indem die wahre Gestalt der Wahrheit in die Wissenschaftlichkeit
gesetzt wird--oder, was dasselbe ist, indem die Wahrheit behauptet
wird, an dem Begriffe allein das Element ihrer Existenz zu haben--, so
weiß ich, daß dies im Widerspruch mit einer Vorstellung und deren
Folgen zu stehen scheint, welche eine so große Anmaßung als
Ausbreitung in der Überzeugung des Zeitalters hat. Eine Erklärung
über diesen Widerspruch scheint darum nicht überflüssig; wenn sie
auch hier weiter nichts als gleichfalls eine Versicherung, wie das,
gegen was sie geht, sein kann. Wenn nämlich das Wahre nur in
demjenigen oder vielmehr nur als dasjenige existiert, was bald
Anschauung, bald unmittelbares Wissen des Absoluten, Religion, das
Sein--nicht im Zentrum der göttlichen Liebe, sondern das Sein
desselben selbst--genannt wird, so wird von da aus zugleich für die
Darstellung der Philosophie vielmehr das Gegenteil der Form des
Begriffs gefodert. Das Absolute soll nicht begriffen, sondern gefühlt
und angeschaut, nicht sein Begriff, sondern sein Gefühl und
Anschauung sollen das Wort führen und ausgesprochen werden.
Wird die Erscheinung einer solchen Foderung nach ihrem allgemeinem
Zusammenhange aufgefaßt, und auf die Stufe gesehen, worauf der
selbstbewußte Geist gegenwärtig steht, so ist er über das substantielle
Leben, das er sonst im Elemente des Gedankens führte, hinaus,--über
diese Unmittelbarkeit seines Glaubens, über die Befriedigung und
Sicherheit der Gewißheit, welche das Bewußtsein von seiner
Versöhnung mit dem Wesen und dessen allgemeiner, der innern und
äußern, Gegenwart besaß. Er ist nicht nur darüber hinausgegangen, in
das andere Extrem der substanzlosen Reflexion seiner in sich selbst,
sondern auch über diese. Sein wesentliches Leben ist ihm nicht nur
verloren, er ist auch dieses Verlustes, und der Endlichkeit, die sein
Inhalt ist, bewußt. Von den Trebern sich wegwendend, daß er im Argen
liegt, bekennend und darauf schmähend, verlangt er nun von der
Philosophie nicht sowohl das Wissen dessen, was er ist, als zur
Herstellung jener Substantialität und der Gediegenheit des Seins erst
wieder durch sie zu gelangen. Diesem Bedürfnisse soll sie also nicht so
sehr die Verschlossenheit der Substanz aufschließen, und diese zum
Selbstbewußtsein erheben--nicht so sehr ihr chaotisches Bewußtsein
zur gedachten Ordnung und zur Einfachheit des Begriffes
zurückbringen, als vielmehr die Sonderungen des Gedankens
zusammenschütten, den unterscheidenden Begriff unterdrücken und das
Gefühl des Wesens herstellen, nicht sowohl Einsicht als Erbauung
gewähren. Das Schöne, Heilige, Ewige, die Religion und Liebe sind der
Köder, der gefodert wird, um die Lust zum Anbeißen zu erwecken,
nicht der Begriff, sondern die Ekstase, nicht die kalt fortschreitende
Notwendigkeit der Sache, sondern die gärende Begeisterung soll die
Haltung und fortleitende Ausbreitung des Reichtums der Substanz sein.
Dieser Foderung entspricht die angestrengte und fast eifernd und
gereizt sich zeigende Bemühung, die Menschen aus der Versunkenheit
ins Sinnliche, Gemeine und Einzelne herauszureißen und ihren Blick zu
den Sternen aufzurichten; als ob sie, des Göttlichen ganz vergessend,
mit Staub und Wasser, wie der Wurm, auf dem Punkte sich zu
befriedigen stünden. Sonst hatten sie einen Himmel mit weitläufigem
Reichtume von Gedanken und
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