Papa Hamlet | Page 5

Arno Holz and Johannes Schlaf
Ich werde arbeiten, Freund! Ich werde arbeiten! Ich werde dem Schicksal die Stirn bieten; ich werde ihm ab trotzen, da�� du in dieser herben Welt dereinst jene Stellung einnimmst, die deinen Talenten gebhrt...ja! So macht Gewissen Feige aus uns allen. Der angebornen Farbe der Entschlie��ung wird des Gedankens Bl?sse angekr?nkelt; und Unternehmungen voll Mark und Nachdruck, durch diese Rcksicht aus der Bahn gelenkt, verlieren so der Handlung Namen!"
Seine Stimme bebte, seine Schlafrocktroddeln hinter ihm, die er sich zuzubinden vergessen hatte, zitterten.
Amalie hatte jetzt ihr Schmalzbrot wieder beiseite gelegt.
"Niels, ich will doch lieber n?hen gehn!"
"Nie! Nie! Sprich nicht davon, Amalia! Bei meinem Zorn! Sprich nicht davon!"
Amalie war wieder beruhigter denn je.
Ihr sch��nes Schmalzbrot war, Gottseidank, noch nicht ganz alle. Der gro��e Thienwiebel, der einigerma��en aus seinem Konzept gekommen war, hatte jetzt einige Mhe, wieder hineinzukommen. Den Shakespeare, den er wieder von der Erde aufgelesen hatte, hinten in seinen Wattenklunkern, die Finger krampfhaft um seinen roten Saffianrcken, nickte er jetzt wieder schmerzlich auf das kleine, verwunderte Bndelchen hinab. Es hatte die ganze Zeit ber kaum zu mucksen gewagt.
"Ich wei��... ich werde sterben, Freund! Ich werde sterben!--Das starke Gift bew?ltigt meinen Geist! Ich kann von England nicht die Zeitung h��ren; doch prophezei ich, die Erw?hlung f?llt auf Fortinbras... Du lebst; erkl?re mich und meine Sache den Unbefriedigten!"
Der kleine Fortinbras war jetzt ganz ernsthaft geworden. Er hatte seinen gro��en Papa noch nie so menschlich mit ihm reden h��ren.
"Den Unbefriedigten"
Der Regen drau��en, der die braunen D?cher drben schon seit frhmorgens wie mit Glanzlack berzogen hatte, pl?tscherte, aus dem Fensterblech, unter das die reizende Ophelia natrlich wieder den Wasserkasten zu h?ngen vergessen hatte, war er jetzt allm?hlich sogar die graue Tapete hinab bis mitten unter das kleine Blaukattunene gekrochen. Auf seinem kleinen Teich drunter konnten die beiden angebrannten Schwefelh��lzchen bereits in aller Gem?chlichkeit rundherum Gondel fahren.
Pl��tzlich schien den gro��en Thienwiebel wieder mal irgend etwas unversehens gestochen zu haben.
"Amalie! Amalie!"
"Was denn schon wieder, Thienwiebel!"
Sie hatte sich nicht einmal umgesehn.
"Amalie, es ist nicht zu leugnen: das Kind hat ganz au��ergew��hnliche F?higkeiten! Es hat mich soeben angelacht. Es unterh?lt sich ordentlich mit mir!"
Amalie grunzte nur verdrie��lich.
"Ich wette, man kann ihm schon die Anfangsgrnde des Sprechens beibringen, Amalie!"
"Hm? du! Sag mal: a! Na?! a-a-a..."
Der kleine, gute Fortinbras wu��te sich jetzt vor lauter Verdutztheit gar nicht mehr zu lassen. Er hatte seine beiden dicken H?ndchen rechts und links in den Korbrand gekrallt und ?hte nun, seinen Kopf nach hinten zurckgelegt, seinen gro��en Papa ganz vergngt an.
"Nicht ?, mein Junge! Sag a! A sollst du sagen! Also? Na? Aaaa!... "
"Ach, la�� doch! Das kann er ja noch nich!"
Amalie hatte es endlich doch fr angezeigt gehalten, sich ins Mittel zu legen.
"Was?! Das kann er nicht?! Sage das nicht, Amalie! Sage das nicht! Dafr ist er mein Junge! H?? Bist du mein Junge? H??"
"Aber er ist ja erst kaum ein Vierteljahr alt!"
"So? So? Nun, hm...Ich will nicht mit dir rechten, Amalie! Allein du wirst doch vorhin bemerkt haben, da�� er durchaus verstand, was ich meinte!"
Amalie g?hnte. Sie gab es auf. Es hatte ja keinen Zweck! Es war ja alles egal! So oder so!
Der gro��e Thienwiebel aber war damit noch nicht zufrieden. Er konnte seine Idee noch nicht so leicht wieder fallenlassen.
Nein, gewi��, Amalie! Der Junge berechtigt zu den besten Hoffnungen!"
Ach...
"Nun! Was ist denn da so Ungew��hnliches dabei, Amalie? Du wei��t: es gibt mehr. Ding' im Himmel und auf Erden, als unsere Schulweisheit sich tr?umt, Amalie!"
Amalie g?hnte nur wieder.
"...und nun, ihr Lieben, Wofern ihr Freunde seid, Mitschler, Krieger, Gew?hrt ein Kleines mir!"
Sie gew?hrten es ihm.
Es war wirklich zu sch��n von dem gro��en Thienwiebel! Aber er hatte sich jetzt tief ber seinen kleinen, s��en Fortinbras, der zu so gro��en Hoffnungen berechtigte, gebeugt und wollte ihn nun--oh, zum ersten Mal, zum ersten Mal, seit langer, langer Zeit, Horatio! wieder auf die kleine bleiche Stirn kssen.
Aber es sollte nicht dazu kommen. Er war bereits wieder zurckgetaumelt, noch ehe er seine sch��ne Tat zum Austrag gebracht hatte.
"Ha!"
Seine Augen rollten, seine F?uste hatten sich geballt, die beiden roten Troddeln hinten an seinem Schlafrock schlotterten vor Entrstung.
"Ha!"
Das R?tsel von der alten, lieben, guten, gesch?ftigen Frau Wachtel von vorhin hatte sich gl?nzend gel��st.
Sei's Farbe der Natur, sei's Fleck des Zufalls, kurz und gut, aber der kleine Prinz von Norwegen lag wieder seelenvergngt mitten in seinen weitl?ufigen Besitzungen da.

IV

Seit die sch��ne Frau Kanalinspektor, sorgsam in Sackleinwand gen?ht, endlich abgegangen war und weitere Promenaden am Hafendamm sich nicht wieder ergiebig erwiesen hatten, war jetzt auch nebenan bei dem kleinen Ole Nissen nichts mehr zu holen. Erneute Bohrversuche bei dem famosen, noblen Putthuhn hatten auch nichts gefruchtet. Seine "Alte" schien ihm nicht sonderlich imponiert zu haben. Wenigstens hatte ihr kleiner "Tintoretto" sie bei seiner letzten offiziellen Visite drau��en vergeblich an den neuen, sch��ntapezierten W?nden gesucht. ?brigens waren die Herrschaften gerade ausgegangen. Man schien eben nicht blo�� in Christiania allein undankbar zu sein.
Keine Hummern bei Hiddersen
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