Oberon | Page 7

Christoph Martin Wieland
Dolch und jeder nackte Degen?Schleicht in die Scheide still zurück.
46?Nun trug der Abt den ganzen Verlauf der Sache?Dem Kaiser vor. Die überredung sa??Auf seinen Lippen. Allein, was half mir das??Die Leiche des Sohns liegt da und schreyt um Rache.?Hier, ruft der Vater, sieh, und sprich?Dem M?rder meines Sohns das Urtheil! Sprich's für mich!?Ja, rachedürstender Geist, dein Gaumen soll sich laben?An seinem Blut! Er sterb' und m?ste die Raben!
47?Itzt schwoll mein Herz empor. Ich bin kein M?rder, schrie?Ich überlaut. Der Richter richtet nicht billig?In eigner Sache. Der Kl?ger Amory?Ist ein Verr?ther, Herr! Hier steh' ich, frey und willig,?Will in sein falsches Herz, mit meines Lebens Fahr,?Beweisen, da? er ein Schalk und Lügner ist, und war?Und bleiben wird, so lange sein Hauch die Luft vergiftet.?Sein Werk ist alles die?, Er hat es angestiftet!
48?Ich bin, wie er, von fürstlichem Geschlecht,?Ein P?r des Reichs, und fordre hier mein Recht;?Der Kaiser kann mir's nicht versagen!?Da liegt mein Handschuh, la?t ihn's wagen?Ihn aufzunehmen, und Gott in seinem Gericht?Entscheide, welchen von uns die Stimme dieses Blutes?Zur H?lle donnern soll! Die Quelle meines Muthes?Ist meine Unschuld, Herr! Mich schreckt sein Donner nicht.
49?Die Fürsten des Kaiserreichs, so viel von ihnen zugegen,?Ein jeder sieht sich selbst in meiner Verdammung gekr?nkt.?Sie murmeln, dem Meere gleich, wenn sich von fern zu regen?Der Sturm beginnt: sie bitten, dringen, legen?Das Recht ihm vor. Umsonst! den starren Blick gesenkt?Auf Scharlots blutiges Haupt, kann nichts den Vater bewegen: Wiewohl auch Hohenblat, der's für ein leichtes h?lt?Mir obzusiegen, selbst sich unter die Bittenden stellt.
50?Herr, spricht er, la?t mich gehn, den Frevler abzustrafen,?Ich wage nichts wo Pflicht und Recht mich schützt.?Ha! rief ich laut, von Scham und Grimm erhitzt,?Du spottest noch? Erzittre! immer schlafen?Des R?chers Blitze nicht.--Mein Schwert, ruft Hohenblat,?Soll, M?rder, sie auf deine Scheitel h?ufen!?Doch Karl, den meine Gluth nur mehr erbittert hat,?Befiehlt der Wache, mich zu greifen.
51?Die? rasche Wort emp?rt den ganzen Sahl?Von neuem; alle Schwerter blitzen,?Das Ritterrecht, das Karl in mir verletzt, zu schützen.?Ergreift ihn, ruft der Kaiser abermahl;?Allein er sieht, mit vorgehaltnen Klingen,?In dichtem Kreis die Ritter mich umringen.?Vergebens droht, schier im Gedr?ng erstickt,?Der geistliche Herr mit Bann und Interdikt.
52?Des Reiches Schicksal schien an einem Haar zu schweben.?Die grauen R?the flehn dem Kaiser auf den Knien,?Dem Recht der Ritter nachzugeben:?Je mehr sie flehn, je minder rührt es ihn;?Bis endlich Herzog Nayms (der oft in seinem Leben,?Wenn Karl den Kopf verlor, den seinen ihm geliehn)?Den Mund zum Ohr ihm h?lt, dann gegen uns sich kehret,?Und zum begehrten Kampf des Kaisers Urlaub schw?ret.
53?Herr Hüon fuhr dann zu erz?hlen fort:?Wie stracks auf dieses einz'ge Wort?Der Aufruhr sich gelegt, die Ritter alle zurücke?Gewichen, und Karl, wiewohl im Herzen ergrimmt,?Mit stiller Wuth im halb entw?lkten Blicke,?Den achten Tag zum Urtheilskampf bestimmt;?Wie beide Theile sich mit gro?er Pracht gerüstet,?Und, des Triumfs gewi?, sich Amory gebrüstet.
54?Der stolze Mann, wiewohl in seiner Brust?Ein Kl?ger pocht der seinen Muth erschüttert,?War eines Arms von Eisen sich bewu?t,?Der manchen Wald von Lanzen schon zersplittert.?Er hatte nie vor einem Feind gezittert,?Und Kampf auf Tod und Leben war ihm Lust.?Doch all sein Trotz und seine Riesenst?rke?Betrogen ihn bey diesem blut'gen Werke.--
55?Gekommen war nunmehr der richterliche Tag,?Versammelt alles Volk. Mit meinem silberblanken?Turnierschild vor der Brust, und, wie ich sagen mag,?Von allen mit Liebe begrü?t, erschien ich in den Schranken. Schon stand der Kl?ger da. In einem Erker lag?Der alte Karl, umringt von seinen Fürsten,?Und schien, in offenem Vertrag?Mit Amory, nach meinem Blut zu dürsten.
56?Die Sonne wird getheilt. Die Richter setzen sich.?Mein Gegner scheint vor Ungeduld zu brennen?Bis die Trompete ruft. Nun ruft sie, und wir rennen,?Und treffen so gewaltiglich?Zusammen, da? aufs Knie die Rosse stürzen, und ich?Und Hohenblat uns kaum im Sattel halten k?nnen.?Eilfertig machen wir uns aus den Bügeln los,?Und nun, in einem Blitz, sind beide Schwerter blo?.
57?Da? ich von unserm Kampf dir ein Gem?hlde mache?Verlange nicht. An Grimm und St?rke war,?Wie an Erfahrenheit, mein Gegner offenbar?Mir überlegen; doch die Unschuld meiner Sache?Beschützte mich, und machte meine Kraft?Dem Willen gleich. Der Sieg blieb lange zweifelhaft;?Schon flo? aus manchem Quell des Kl?gers Blut herunter,?Und Hüon war noch unverletzt und munter.
58?Der wilde Amory, wie er sein dampfend Blut?Den Panzer f?rben sieht, entbrannt von neuer Wuth,?Und stürmt auf Hüon ein, gleich einem Ungewitter?Das alles vor sich her zertrümmert und verheert,?Blitzt Schlag auf Schlag, so da? mein junger Ritter?Der überlegnen Macht mit Mühe sich erwehrt.?Ein Arm, an Kraft mit Rolands zu vergleichen,?Bringt endlich ihn, nach langem Kampf, zum Weichen.
59?Des Sieges schon gewi? fa?t Amory sogleich?Mit beiden angestrengten H?nden?Sein m?chtig Schwert, den Kampf auf Einen Schlag zu enden.?Doch Hüons gutes Glück entglitscht dem Todesstreich,?Und bringt, eh jener sich ins Gleichgewicht zu schwingen?Vermag, da wo der Helm sich an den Kragen schnürt,?So einen Hieb ihm bey, da? ihm die Ohren klingen,?Und die entnervte Hand den Degengriff verliert.
60?Der Stolze sinkt zu seines Gegners Fü?en,?Und Hüon, mit gezücktem Schwert,?Dringt auf ihn ein. Entlade dein Gewissen,?Ruft er, wenn noch das Leben einen Werth?In deinen Augen hat.
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