Oberon | Page 8

Christoph Martin Wieland
er sein dampfend Blut
Den Panzer färben
sieht, entbrannt von neuer Wuth,
Und stürmt auf Hüon ein, gleich
einem Ungewitter
Das alles vor sich her zertrümmert und verheert,

Blitzt Schlag auf Schlag, so daß mein junger Ritter
Der überlegnen
Macht mit Mühe sich erwehrt.
Ein Arm, an Kraft mit Rolands zu
vergleichen,
Bringt endlich ihn, nach langem Kampf, zum Weichen.
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Des Sieges schon gewiß faßt Amory sogleich
Mit beiden
angestrengten Händen
Sein mächtig Schwert, den Kampf auf Einen
Schlag zu enden.
Doch Hüons gutes Glück entglitscht dem
Todesstreich,
Und bringt, eh jener sich ins Gleichgewicht zu
schwingen
Vermag, da wo der Helm sich an den Kragen schnürt,

So einen Hieb ihm bey, daß ihm die Ohren klingen,
Und die
entnervte Hand den Degengriff verliert.
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Der Stolze sinkt zu seines Gegners Füßen,
Und Hüon, mit
gezücktem Schwert,
Dringt auf ihn ein. Entlade dein Gewissen,

Ruft er, wenn noch das Leben einen Werth
In deinen Augen hat.

Gesteh es auf der Stelle
Bandit, schreyt Amory, indem er alle Kraft

Zum letzten Stoß mit Grimm zusammen rafft,
Nimm dieß und folge
mir zur Hölle!
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Zum Glücke streift der Stoß, mit ungewisser Hand
Vom Boden
auf geführt, durch eine schnelle Wendung
Die Hüon macht,
unschädlich nur den Rand
Des linken Arms; allein, mein Ritter, in der
Blendung
Des ersten Zorns, vergißt, daß Hohenblat,
Um öffentlich
vor Karln die Wahrheit kund zu machen,
Noch etwas Athem nöthig
hat,
Und stößt sein breites Schwert ihm wüthend in den Rachen.
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Der Frevler speyt in Wellen rother Flut
Die schwarze Seele aus.
Der Sieger steht, entsündigt
Und rein gewaschen in seines Klägers
Blut,
Vor allen Augen da. Des Herolds Ruf verkündigt
Es laut dem
Volk. Ein helles Jubelgeschrey
Schallt an die Wolken. Die Ritter
eilen herbey
Das Blut zu stillen, das an des Panzers Seiten
Herab
ihm quillt, und ihn zum Kaiser zu begleiten.
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Doch Karl (so fährt der junge Ritter fort
Dem Mann vom Felsen
zu erzählen)
Karl hielt noch seinen Groll. Kann dieser neue Mord

Mir, rief er, meinen Sohn beseelen?
Ist Hüons Unschuld anerkannt?

Ließ Hohenblat ein Wort von Widerruf entfallen?
Auf ewig sey er
denn aus unserm Reich verbannt,
Und all sein Land und Gut der
Krone heimgefallen!
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Streng war dieß Urtheil, streng der Mund
Aus dem es ging;
allein, was konnten wir dagegen?
Das einzige Mittel war aufs Bitten
uns zu legen.
Die Pärs, die Ritterschaft, wir alle knieten, rund
Um
seinen Thron, uns schier die Kniee wund,
Und gaben's endlich auf,
ihn jemahls zu bewegen;
Als Karl zuletzt sein langes Schweigen
brach:
Wohlan, ihr Fürsten und Ritter, ihr wollt's, wir geben nach.
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Doch höret den Beding, den nichts zu widerrufen
Vermögend
ist!--Hier neigt' er gegen mich

Herunter zu des Thrones Stufen
Den

Zepter--Ich begnadige dich:
Allein, aus allen meinen Reichen
Soll
dein verbannter Fuß zur Stunde stracks entweichen,
Und, bis du
Stück für Stück mein kaiserlich Gebot
Vollbracht, ist Wiederkunft
unmittelbarer Tod.
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Zeuch hin nach Babylon, und in der festlichen Stunde,
Wenn der
Kalif, im Staat, an seiner Tafelrunde,
Mit seinen Emirn sich beym
hohen Mahl vergnügt,
Tritt hin, und schlage dem, der ihm zur Linken
liegt,
Den Kopf ab, daß sein Blut die Tafel überspritze.
Ist dieß
gethan, so nahe züchtig dich
Der Erbin seines Throns, zunächst an
seinem Sitze,
Und küß' als deine Braut sie dreymahl öffentlich.
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Und wenn dann der Kalif, der einer solchen Scene
In seiner
eignen Gegenwart
Sich nicht versah, vor deiner Kühnheit starrt,
So
wirf dich, an der goldnen Lehne
Von seinem Stuhle, hin, nach
Morgenländer-Art,
Und, zum Geschenk für mich, das unsre
Freundschaft kröne,
Erbitte dir von ihm vier seiner Backenzähne

Und eine Hand voll Haar aus seinem grauen Bart.
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Geh hin, und, wie gesagt, eh' du aufs Haar vollzogen
Was ich dir
hier von Wort zu Wort gebot,
Ist deine Wiederkunft unmittelbarer
Tod!
Wir bleiben übrigens in Gnaden dir gewogen.
Der Kaiser
sprach's und schwieg. Allein wie uns dabey
Zu Muthe war, ist nothlos
zu beschreiben.
Ein jeder sah, daß so gewogen bleiben
Nichts
besser als ein Todesurtheil sey.
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Ein dumpfes Murren begann im tiefen Sahl zu wittern.
Bey
Sankt Georg! (sprach einer von den Rittern
Der auf der Lanzelot und
Tristan rauher Bahn
Manch Abenteu'r mit Ehren abgethan)
Sonst
pfleg' ich auch nicht leicht vor einem Ding zu zittern; Setz' einer seinen
Kopf, ich setz' ihm meinen dran:
Doch was der Kaiser da dem Hüon
angesonnen
Hätt' auch, so brav er war, Herr Gawin nicht begonnen!
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Was red' ich viel? Es war zu offenbar

Daß Karl durch dieß

Gebot mir nach dem Leben trachte.
Doch, wie es kam, ob es
Verzweiflung war,
Ob Ahnung, oder Trotz, was mich so tollkühn
machte,
Genug, ich trat vor ihn und sprach mit Zuversicht:
Was du
befohlen, Herr, kann meinen Muth nicht beugen.
Ich bin ein Frank!
Unmöglich oder nicht,
Ich unternehm's, und seyd ihr alle Zeugen!
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Und nun, kraft dieses Worts, mein guter Scherasmin,
Siehst du
mich hier, nach Babylon zu reisen
Entschlossen. Willst du mir dahin

Den nächsten Weg aus diesen Bergen weisen,
So habe Dank; wo
nicht, so mach' ich's wie ich kann.
Mein bester Herr, versetzt der
Felsenmann,
Indem die Zähren ihm am Bart herunter beben,
Ihr ruft,
wie aus dem Grab, mich in ein neues Leben!
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Hier schwör' ich euch, und da, zum heil'gen Pfand,
Ist diese alte
zwar doch nicht entnervte Hand,
Mit euch, dem theuren Sohn und
Erben
Von meinem guten Herrn, zu leben und zu sterben.
Das
Werk, wozu der Kaiser euch gesandt,
Ist
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