Oberon | Page 7

Christoph Martin Wieland
in seiner Wuth mich durch und durch gerannt.
Auf
einmahl rüttelt sich der ganze Ritterstand;
Ein wetterleuchtender
Glanz von hundert bloßen Wehren
Scheint stracks in jeder Brust die
Mordlust aufzustören.
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Die Hall' erdonnert von Geschrey,
Das Ästrich bebt, die alten
Fenster klirren.
Aus Jedem Mund schallt Mord! Verrätherey!
Die
Sprachen scheinen sich aufs neue zu verwirren.
Man schnaubt, man
rennt sich an, man zückt die drohende Hand. Der Abt, den noch allein
Sankt Benedikts Gewand
Vor Frevel schützt, hält endlich unsern
Degen
Mit aufgehobnem Arm sein Skapulier entgegen.
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Ehrt, ruft er laut, den heil'gen Vater in mir
Deß Sohn ich bin! Im
Nahmen des Gottes, dem ich diene,
Gebiet' ich Fried'!--Er riefs mit
einer Miene
Und einem Ton, der Heiden zur Gebühr
Genöthigt hätt'.
Und stracks auf einmahl legen
Des Aufruhrs Wogen sich, erhellt sich
jeder Blick,
Und jeder Dolch und jeder nackte Degen
Schleicht in
die Scheide still zurück.
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Nun trug der Abt den ganzen Verlauf der Sache
Dem Kaiser vor.
Die Überredung saß
Auf seinen Lippen. Allein, was half mir das?

Die Leiche des Sohns liegt da und schreyt um Rache.
Hier, ruft der

Vater, sieh, und sprich
Dem Mörder meines Sohns das Urtheil!
Sprich's für mich!
Ja, rachedürstender Geist, dein Gaumen soll sich
laben
An seinem Blut! Er sterb' und mäste die Raben!
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Itzt schwoll mein Herz empor. Ich bin kein Mörder, schrie
Ich
überlaut. Der Richter richtet nicht billig
In eigner Sache. Der Kläger
Amory
Ist ein Verräther, Herr! Hier steh' ich, frey und willig,
Will
in sein falsches Herz, mit meines Lebens Fahr,
Beweisen, daß er ein
Schalk und Lügner ist, und war
Und bleiben wird, so lange sein
Hauch die Luft vergiftet.
Sein Werk ist alles dieß, Er hat es
angestiftet!
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Ich bin, wie er, von fürstlichem Geschlecht,
Ein Pär des Reichs,
und fordre hier mein Recht;
Der Kaiser kann mir's nicht versagen!

Da liegt mein Handschuh, laßt ihn's wagen
Ihn aufzunehmen, und
Gott in seinem Gericht
Entscheide, welchen von uns die Stimme
dieses Blutes
Zur Hölle donnern soll! Die Quelle meines Muthes
Ist
meine Unschuld, Herr! Mich schreckt sein Donner nicht.
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Die Fürsten des Kaiserreichs, so viel von ihnen zugegen,
Ein
jeder sieht sich selbst in meiner Verdammung gekränkt.
Sie murmeln,
dem Meere gleich, wenn sich von fern zu regen
Der Sturm beginnt:
sie bitten, dringen, legen
Das Recht ihm vor. Umsonst! den starren
Blick gesenkt
Auf Scharlots blutiges Haupt, kann nichts den Vater
bewegen: Wiewohl auch Hohenblat, der's für ein leichtes hält
Mir
obzusiegen, selbst sich unter die Bittenden stellt.
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Herr, spricht er, laßt mich gehn, den Frevler abzustrafen,
Ich
wage nichts wo Pflicht und Recht mich schützt.
Ha! rief ich laut, von
Scham und Grimm erhitzt,
Du spottest noch? Erzittre! immer
schlafen
Des Rächers Blitze nicht.--Mein Schwert, ruft Hohenblat,

Soll, Mörder, sie auf deine Scheitel häufen!
Doch Karl, den meine
Gluth nur mehr erbittert hat,
Befiehlt der Wache, mich zu greifen.

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Dieß rasche Wort empört den ganzen Sahl
Von neuem; alle
Schwerter blitzen,
Das Ritterrecht, das Karl in mir verletzt, zu
schützen.
Ergreift ihn, ruft der Kaiser abermahl;
Allein er sieht, mit
vorgehaltnen Klingen,
In dichtem Kreis die Ritter mich umringen.

Vergebens droht, schier im Gedräng erstickt,
Der geistliche Herr mit
Bann und Interdikt.
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Des Reiches Schicksal schien an einem Haar zu schweben.
Die
grauen Räthe flehn dem Kaiser auf den Knien,
Dem Recht der Ritter
nachzugeben:
Je mehr sie flehn, je minder rührt es ihn;
Bis endlich
Herzog Nayms (der oft in seinem Leben,
Wenn Karl den Kopf verlor,
den seinen ihm geliehn)
Den Mund zum Ohr ihm hält, dann gegen
uns sich kehret,
Und zum begehrten Kampf des Kaisers Urlaub
schwöret.
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Herr Hüon fuhr dann zu erzählen fort:
Wie stracks auf dieses
einz'ge Wort
Der Aufruhr sich gelegt, die Ritter alle zurücke

Gewichen, und Karl, wiewohl im Herzen ergrimmt,
Mit stiller Wuth
im halb entwölkten Blicke,
Den achten Tag zum Urtheilskampf
bestimmt;
Wie beide Theile sich mit großer Pracht gerüstet,
Und,
des Triumfs gewiß, sich Amory gebrüstet.
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Der stolze Mann, wiewohl in seiner Brust
Ein Kläger pocht der
seinen Muth erschüttert,
War eines Arms von Eisen sich bewußt,

Der manchen Wald von Lanzen schon zersplittert.
Er hatte nie vor
einem Feind gezittert,
Und Kampf auf Tod und Leben war ihm Lust.

Doch all sein Trotz und seine Riesenstärke
Betrogen ihn bey
diesem blut'gen Werke.--
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Gekommen war nunmehr der richterliche Tag,
Versammelt alles
Volk. Mit meinem silberblanken
Turnierschild vor der Brust, und,
wie ich sagen mag,
Von allen mit Liebe begrüßt, erschien ich in den
Schranken. Schon stand der Kläger da. In einem Erker lag
Der alte
Karl, umringt von seinen Fürsten,

Und schien, in offenem Vertrag


Mit Amory, nach meinem Blut zu dürsten.
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Die Sonne wird getheilt. Die Richter setzen sich.
Mein Gegner
scheint vor Ungeduld zu brennen
Bis die Trompete ruft. Nun ruft sie,
und wir rennen,
Und treffen so gewaltiglich
Zusammen, daß aufs
Knie die Rosse stürzen, und ich
Und Hohenblat uns kaum im Sattel
halten können.
Eilfertig machen wir uns aus den Bügeln los,
Und
nun, in einem Blitz, sind beide Schwerter bloß.
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Daß ich von unserm Kampf dir ein Gemählde mache
Verlange
nicht. An Grimm und Stärke war,
Wie an Erfahrenheit, mein Gegner
offenbar
Mir überlegen; doch die Unschuld meiner Sache

Beschützte mich, und machte meine Kraft
Dem Willen gleich. Der
Sieg blieb lange zweifelhaft;
Schon floß aus manchem Quell des
Klägers Blut herunter,
Und Hüon war noch unverletzt und munter.
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Der wilde Amory, wie
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