Nathan der Weise | Page 7

Gotthold Ephraim Lessing
unterrichtet Von Dingen dieser Welt zu sein herab Sich lassen kann. Es mu? ihm sauer werden.
Tempelherr. Nun dann? der Patriarch?
Klosterbruder. Wei? ganz genau, Ganz zuverl?ssig, wie und wo, wie stark, Von welcher Seite Saladin, im Fall Es v?llig wieder losgeht, seinen Feldzug Er?ffnen wird.
Tempelherr. Das wei? er?
Klosterbruder. Ja, und m?cht' Es gern dem K?nig Philipp wissen lassen: Damit der ungef?hr ermessen k?nne, Ob die Gefahr denn gar so schrecklich, um Mit Saladin den Waffenstillestand, Den Euer Orden schon so brav gebrochen, Es koste was es wolle, wiederher- Zustellen.
Tempelherr. Welch ein Patriarch!--Ja so! Der liebe tapfre Mann will mich zu keinem Gemeinen Boten; will mich--zum Spion. Sagt Euerm Patriarchen, guter Bruder, Soviel Ihr mich ergr��nden k?nnen, w?r' Das meine Sache nicht.--Ich m��sse mich Noch als Gefangenen betrachten; und Der Tempelherren einziger Beruf Sei mit dem Schwerte dreinzuschlagen, nicht Kundschafterei zu treiben.
Klosterbruder. Dacht' ich's doch!-- Will's auch dem Herrn nicht eben sehr ver��beln.-- Zwar k?mmt das Beste noch.--Der Patriarch Hiern?chst hat ausgegattert, wie die Feste Sich nennt, und wo auf Libanon sie liegt, In der die ungeheuern Summen stecken, Mit welchen Saladins vorsicht'ger Vater Das Heer besoldet, und die Zur��stungen Des Kriegs bestreitet. Saladin verf��gt Von Zeit zu Zeit auf abgelegnen Wegen Nach dieser Feste sich, nur kaum begleitet.-- Ihr merkt doch?
Tempelherr. Nimmermehr!
Klosterbruder. Was w?re da Wohl leichter, als des Saladins sich zu Bem?chtigen? den Garaus ihm zu machen?-- Ihr schaudert?--O es haben schon ein paar Gottsf��rcht'ge Maroniten sich erboten, Wenn nur ein wackrer Mann sie f��hren wolle, Das St��ck zu wagen.
Tempelherr. Und der Patriarch H?tt' auch zu diesem wackern Manne mich Ersehn?
Klosterbruder. Er glaubt, da? K?nig Philipp wohl Von Ptolemais aus die Hand hierzu Am besten bieten k?nne.
Tempelherr. Mir? mir, Bruder? Mir? Habt Ihr nicht geh?rt? nur erst geh?rt, Was f��r Verbindlichkeit dem Saladin Ich habe?
Klosterbruder. Wohl hab ich's geh?rt.
Tempelherr. Und doch?
Klosterbruder. Ja,--meint der Patriarch,--das w?r' schon gut: Gott aber und der Orden...
Tempelherr. ?ndern nichts! Gebieten mir kein Bubenst��ck!
Klosterbruder. Gewi? nicht!-- Nur,--meint der Patriarch,--sei Bubenst��ck Vor Menschen, nicht auch Bubenst��ck vor Gott.
Tempelherr. Ich w?r' dem Saladin mein Leben schuldig: Und raubt' ihm seines?
Klosterbruder. Pfui!--Doch bliebe,--meint Der Patriarch,--noch immer Saladin Ein Feind der Christenheit, der Euer Freund Zu sein, kein Recht erwerben k?nne.
Tempelherr. Freund? An dem ich blo? nicht will zum Schurken werden; Zum undankbaren Schurken?
Klosterbruder. Allerdings!-- Zwar,--meint der Patriarch,--des Dankes sei Man quitt, vor Gott und Menschen quitt, wenn uns Der Dienst um unsertwillen nicht geschehen. Und da verlauten wolle,--meint der Patriarch,-- Da? Euch nur darum Saladin begnadet, Weil ihm in Eurer Mien', in Euerm Wesen So was von seinem Bruder eingeleuchtet...
Tempelherr. Auch dieses wei? der Patriarch; und doch?-- Ah! w?re das gewi?! Ah, Saladin!-- Wie? die Natur h?tt' auch nur einen Zug Von mir in deines Bruders Form gebildet: Und dem entspr?che nichts in meiner Seele? Was dem entspr?che, k?nnt' ich unterdr��cken, Um einem Patriarchen zu gefallen?-- Natur, so leugst du nicht! So widerspricht Sich Gott in seinen Werken nicht!--Geht, Bruder! Erregt mir meine Galle nicht!--Geht! geht!
Klosterbruder. Ich geh; und geh vergn��gter, als ich kam. Verzeihe mir der Herr. Wir Klosterleute Sind schuldig, unsern Obern zu gehorchen.

Sechster Auftritt
Der Tempelherr und Daja, die den Tempelherrn schon eine Zeitlang von weiten beobachtet hatte und sich nun ihm n?hert.
Daja. Der Klosterbruder, wie mich d��nkt, lie? in Der besten Laun' ihn nicht.--Doch mu? ich mein Paket nur wagen.
Tempelherr. Nun, vortrefflich!--L��gt Das Sprichwort wohl: da? M?nch und Weib, und Weib Und M?nch des Teufels beide Krallen sind? Er wirft mich heut aus einer in die andre.
Daja. Was seh ich?--Edler Ritter, Euch?--Gott Dank! Gott tausend Dank!--Wo habt Ihr denn Die ganze Zeit gesteckt?--Ihr seid doch wohl Nicht krank gewesen?
Tempelherr. Nein.
Daja. Gesund doch?
Tempelherr. Ja.
Daja. Wir waren Euertwegen wahrlich ganz Bek��mmert.
Tempelherr. So?
Daja. Ihr wart gewi? verreist?
Tempelherr. Erraten!
Daja. Und kamt heut erst wieder?
Tempelherr. Gestern.
Daja. Auch Rechas Vater ist heut angekommen. Und nun darf Recha doch wohl hoffen?
Tempelherr. Was?
Daja. Warum sie Euch so ?fters bitten lassen. Ihr Vater ladet Euch nun selber bald Aufs dringlichste. Er k?mmt von Babylon. Mit zwanzig hochbeladenen Kamelen, Und allem, was an edeln Spezereien, An Steinen und an Stoffen, Indien Und Persien und Syrien, gar Sina, Kostbares nur gew?hren.
Tempelherr. Kaufe nichts.
Daja. Sein Volk verehret ihn als einen F��rsten. Doch da? es ihn den Weisen Nathan nennt Und nicht vielmehr den Reichen, hat mich oft Gewundert.
Tempelherr. Seinem Volk ist reich und weise Vielleicht das N?mliche.
Daja. Vor allen aber H?tt's ihn den Guten nennen m��ssen. Denn Ihr stellt Euch gar nicht vor, wie gut er ist. Als er erfuhr, wieviel Euch Recha schuldig: Was h?tt', in diesem Augenblicke, nicht Er alles Euch getan, gegeben!
Tempelherr. Ei!
Daja. Versucht's und kommt und seht!
Tempelherr. Was denn? wie schnell Ein Augenblick vor��ber ist?
Daja. H?tt' ich, Wenn er so gut nicht w?r', es mir so lange Bei ihm gefallen lassen? Meint Ihr etwa, Ich f��hle meinen Wert als Christin nicht? Auch mir ward's vor der Wiege nicht gesungen, Da? ich nur darum meinem
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