Nachtstuecke | Page 8

E.T.A. Hoffmann
gelten; das meinten alle, die sich von Amtswegen auf Sch?nheit verstehen. Doch lobten die Architekten die reinen Verh?ltnisse ihres Wuchses, die Maler fanden Nacken, Schultern und Brust beinahe zu keusch geformt, verliebten sich dagegen s?mtlich in das wunderbare Magdalenenhaar und faselten ��berhaupt viel von Battonischem Kolorit. Einer von ihnen, ein wirklicher Fantast, verglich aber h?chstseltsamer Weise Claras Augen mit einem See von Ruisdael, in dem sich des wolkenlosen Himmels reines Azur, Wald- und Blumenflur, der reichen Landschaft ganzes buntes, heitres Leben spiegelt. Dichter und Meister gingen aber weiter und sprachen: ?Was See - was Spiegel! - K?nnen wir denn das M?dchen anschauen, ohne da? uns aus ihrem Blick wunderbare himmlische Ges?nge und Kl?nge entgegenstrahlen, die in unser Innerstes dringen, da? da alles wach und rege wird? Singen wir selbst dann nichts wahrhaft Gescheutes, so ist ��berhaupt nicht viel an uns und das lesen wir denn auch deutlich in dem um Claras Lippen schwebenden feinen L?cheln, wenn wir uns unterfangen, ihr etwas vorzuquinkelieren, das so tun will als sei es Gesang, unerachtet nur einzelne T?ne verworren durcheinander springen.? Es war dem so. Clara hatte die lebenskr?ftige Fantasie des heitern unbefangenen, kindischen Kindes, ein tiefes weiblich zartes Gem��t, einen gar hellen scharf sichtenden Verstand. Die Nebler und Schwebler hatten bei ihr b?ses Spiel; denn ohne zu viel zu reden, was ��berhaupt in Claras schweigsamer Natur nicht lag, sagte ihnen der helle Blick, und jenes feine ironische L?cheln: Lieben Freunde! wie m?get ihr mir denn zumuten, da? ich eure verflie?ende Schattengebilde f��r wahre Gestalten ansehen soll, mit Leben und Regung? - Clara wurde deshalb von vielen kalt, gef��hllos, prosaisch gescholten; aber andere, die das Leben in klarer Tiefe aufgefa?t, liebten ungemein das gem��tvolle, verst?ndige, kindliche M?dchen, doch keiner so sehr, als Nathanael, der sich in Wissenschaft und Kunst kr?ftig und heiter bewegte. Clara hing an dem Geliebten mit ganzer Seele; die ersten Wolkenschatten zogen durch ihr Leben, als er sich von ihr trennte. Mit welchem Entz��cken flog sie in seine Arme, als er nun, wie er im letzten Briefe an Lothar es verhei?en, wirklich in seiner Vaterstadt ins Zimmer der Mutter eintrat. Es geschah so wie Nathanael geglaubt; denn in dem Augenblick, als er Clara wiedersah, dachte er weder an den Advokaten Coppelius, noch an Claras verst?ndigen Brief, jede Verstimmung war verschwunden.
Recht hatte aber Nathanael doch, als er seinem Freunde Lothar schrieb, da? des widerw?rtigen Wetterglash?ndlers Coppola Gestalt recht feindlich in sein Leben getreten sei. Alle f��hlten das, da Nathanael gleich in den ersten Tagen in seinem ganzen Wesen durchaus ver?ndert sich zeigte. Er versank in d��stre Tr?umereien, und trieb es bald so seltsam, wie man es niemals von ihm gewohnt gewesen. Alles, das ganze Leben war ihm Traum und Ahnung geworden; immer sprach er davon, wie jeder Mensch, sich frei w?hnend, nur dunklen M?chten zum grausamen Spiel diene, vergeblich lehne man sich dagegen auf, dem��tig m��sse man sich dem f��gen, was das Schicksal verh?ngt habe. Er ging so weit, zu behaupten, da? es t?richt sei, wenn man glaube, in Kunst und Wissenschaft nach selbstt?tiger Willk��r zu schaffen; denn die Begeisterung, in der man nur zu schaffen f?hig sei, komme nicht aus dem eignen Innern, sondern sei das Einwirken irgend eines au?er uns selbst liegenden h?heren Prinzips.
Der verst?ndigen Clara war diese mystische Schw?rmerei im h?chsten Grade zuwider, doch schien es vergebens, sich auf Widerlegung einzulassen. Nur dann, wenn Nathanael bewies, da? Coppelius das b?se Prinzip sei, was ihn in dem Augenblick erfa?t habe, als er hinter dem Vorhange lauschte, und da? dieser widerw?rtige _D?mon_ auf entsetzliche Weise ihr Liebesgl��ck st?ren werde, da wurde Clara sehr ernst und sprach: ?Ja Nathanael! du hast recht, Coppelius ist ein b?ses feindliches Prinzip, er kann Entsetzliches wirken, wie eine teuflische Macht, die sichtbarlich in das Leben trat, aber nur dann, wenn du ihn nicht aus Sinn und Gedanken verbannst. Solange du an ihn glaubst, ist er auch und wirkt, nur dein Glaube ist seine Macht.? - Nathanael, ganz erz��rnt, da? Clara die Existenz des _D?mons_ nur in seinem eignen Innern statuiere, wollte dann hervorr��cken mit der ganzen mystischen Lehre von Teufeln und grausen M?chten, Clara brach aber verdr��?lich ab, indem sie irgend etwas Gleichg��ltiges dazwischen schob, zu Nathanaels nicht geringem ?rger. Der dachte, kalten unempf?nglichen Gem��tern verschlie?en sich solche tiefe Geheimnisse, ohne sich deutlich bewu?t zu sein, da? er Clara eben zu solchen untergeordneten Naturen z?hle, weshalb er nicht ablie? mit Versuchen, sie in jene Geheimnisse einzuweihen. Am fr��hen Morgen, wenn Clara das Fr��hst��ck bereiten half, stand er bei ihr und las ihr aus allerlei mystischen B��chern vor, da? Clara bat: ?Aber lieber Nathanael, wenn ich dich nun das b?se Prinzip schelten wollte, das feindlich auf meinen Kaffee wirkt? - Denn, wenn ich, wie du es willst, alles stehen und liegen lassen und dir, indem du liesest, in die Augen schauen soll, so l?uft mir der Kaffee
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