Nach Amerika! Zweiter Band | Page 7

Friedrich Gerstäcker
weiter kannte, der alte Mann schüttelte aber mit dem Kopf und meinte es sei genug, sein Junge würde ihm sonst krank und k?nnte nicht mehr pfeifen, und der Ertrag der Sammlung fiel dabei über alles Erwarten reich und günstig aus.
Auswanderer, vorzüglich die in den Hotels wohnenden, haben meist immer noch eine Menge ?deutsches Geld? in den Taschen, das sie, wie sie sagen ?doch nicht mit auf das Schiff nehmen k?nnen? und sind gew?hnlich sehr freigebig mit dieser kleinen Münze, so lange sie eben dauert. Sehr zu ihrem Erstaunen müssen sie dann aber auch freilich nicht selten schon eingewechseltes amerikanisches Geld wieder ?in den Markt? bringen, und die ewige Klage ist nachher ?oh die theueren Seest?dte.?
?Von woher seid Ihr denn, Alter?? frug ihn jetzt Steinert, der, noch am sparsamsten, nur einige Grote auf den Teller geworfen hatte -- ?doch nicht aus Bremen??
?Gott der Gerechte, nein!? l?chelte der Gefragte, mit einem flüchtigen aber zufriedenen Blick den Haufen eingesammelter Münzen, unter denen sich nicht ein einziges Kupferstück befand, überfliegend -- ?bin ich doch von Bromberg.?
?Von Bromberg? Donnerwetter das ist weit? sagte der Weinreisende -- ?und was thut Ihr hier in Bremen??
?Was wir in Bremen thun?? frug der Jude, die Augenbrauen in die H?he ziehend -- ?Gottes Wunder was thun Sie in Bremen??
?Ei wir wollen auswandern, Alter? lachte der Reisende, einen vergnügten Blick im Kreis herumwerfend.
?Als ich aach nicht hierbleiben mag, werd' ich aach auswandern? erwiederte aber der Israelit, die Schultern in die H?he ziehend.
?Was? -- auch auswandern?? riefen aber viele der Umstehenden wie aus einem Mund.
?Na?? -- sagte aber der Jude, sich erstaunt im Kreise umsehend -- ?ist's etwa wohl zu hibsch hier für uns Jüden, heh? wer sollen uns wohl glicklich sch?tze, da? mer derfe unsere Steuern zahle und nachher getreten werden wie die Hunde??
?Aber wo geht Ihr hin?? rief Einer der Umstehenden, ?nach New-York??
Der Alte schüttelte mit dem Kopf.
?Nach New-Orleans.?
?Und mit welchem Schiff?? rief Steinert schnell.
?Mit der Haidschnucke.?
?Hurrah der Alte soll leben? jubelten aber die Passagiere der Haidschnucke um ihn her -- ?das ist pr?chtig, das ist ein Reisegef?hrte der uns die Zeit vertreiben wird,? und von verschiedenen Seiten wurden noch Flaschen Wein bestellt den Spielmann zu traktiren, der jetzt kaum h?rte wie die Sache stand, und das Viele der Anwesenden auf ein und demselben Schiff die Ueberfahrt mit ihm machen würden, als er auch augenblicklich sein erst halbgeleertes Glas Bier zurückschob und sich mit augenscheinlichem Behagen dem Genu? des wahrscheinlich lange entbehrten Weines hingab. Der Knabe aber trank sein Glas aus, und setzte sich dann still und weiter nicht beachtet, in die eine Ecke, lehnte den Kopf zurück gegen die Wand, und schlo? die Augen -- vielleicht schlief er -- bis die sp?te Nachtstunde auch die Uebrigen mahnte aufzubrechen, und ihn sein Vater abrief, ihr eigenes Lager in einem kleinen billigen Wirthshaus in der Neustadt aufzusuchen.

Capitel 2.
DER WESERKAHN.
Der n?chste Tag war ein gar gesch?ftiger für die Passagiere zweier Seeschiffe, die noch an demselben Abend expedirt zu werden hofften, und -- der Aussage der Rheder wenigstens nach -- segelfertig und bis auf einige unbedeutende Kleinigkeiten vollst?ndig gerüstet, vor Anker lagen. Tausenderlei Sachen mu?ten noch besorgt und eingekauft werden, die man theils für n?thig, theils selbst für unentbehrlich hielt; Wein und Branntwein wurde dabei angeschafft, Zucker und Zwieback, eine ganze Ladung von Heringen und Sardellen eingelegt, den schlimmsten Feind der Reisenden, die Seekrankheit, wenn nicht zu bannen, doch damit in ihren Wirkungen zu schw?chen. Auch mit Blech und anderem Geschirr, mit Messer, L?ffeln und Gabeln als auch verschiedenen Gewürzen, hatten sich besonders die Zwischendeckspassagiere zu versehn, denen etwas Aehnliches vom Schiffe aus nicht geliefert wurde. Und wie viel verga?en sie noch, was sie nachher gern auf dem Schiff mit dem Doppelten bezahlt h?tten, wo es freilich nicht mehr zu bekommen war, und wie viel auch wurde überflüssig als geglaubtes Bedürfni? mitgeschleppt, nachher eine Weile unbenutzt im Weg herumzufahren und zu verderben, und dann über Bord geworfen zu werden.
Wer aber kann es den Leuten verdenken, da? sie nicht gleich wissen und verstehn, sich auf eine so lange mühselige und mit Entbehrungen und Gefahren verknüpfte Reise in wenigen Tagen, oft fast nur Stunden ordentlich und vollst?ndig vorzubereiten? Meist aus dem inneren Land, mit der See kaum dem Namen nach bekannt, schwimmt ihnen Alles was sie vielleicht über eine erste Einschiffung gelesen, nur wie in wirren Bildern im Hirn herum, die sie dann nicht fassen und halten k?nnen, sobald sie das zum ersten Mal jetzt praktisch ausführen sollen, was sie sich Monate vorher vielleicht schon einstudirt.
Der Deutsche ist überhaupt, wo es ins praktische Leben eingreift, das ungeschickteste Menschenkind auf der weiten Gottes Welt. Viel thut freilich dabei die Erziehung, und geg?ngelt und am Leitseil geführt nicht allein bis ins Schwabenalter, sondern oft auch bis ins Grab, wird ein so vortrefflicher Staatsbürger aus ihm (den alle anderen, fremden Regierungen nicht genug zu rühmen wissen) da? er
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