beide
kaum erst wieder da, als ich ankam. Er glänzt von Gesundheit und
Leben, ist rund und beleibt und vif wie Quecksilber; das Glück sieht
ihm und die Behaglichkeit recht aus den Augen.<«
Und nun begann die Sprecherin in ihrer angenommenen Rolle die neue
Lage mit den hellsten Farben auszumalen. Von seiner Wohnung Unter
den Linden, von seinem Garten und Landhaus an bis zu den glänzenden
Schauplätzen seiner öffentlichen Wirksamkeit und den engeren Zirkeln
des Hofs, wo er die Königin auf dem Piano zu begleiten hatte, wurde
alles durch ihre Schilderung gleichsam zur Wirklichkeit und Gegenwart.
Ganze Gespräche, die schönsten Anekdoten schüttelte sie aus dem
Ärmel. Sie schien fürwahr mit jener Residenz, mit Potsdam und mit
Sanssouci bekannter als im Schlosse zu Schönbrunn und auf der
kaiserlichen Burg. Nebenbei war sie schalkhaft genug, die Person
unsres Helden mit einer Anzahl völlig neuer hausväterlicher
Eigenschaften auszustatten, die sich auf dem soliden Boden der
preußischen Existenz entwickelt hatten und unter welchen die besagte
Volkstett als höchstes Phänomen und zum Beweis, wie die Extreme
sich manchmal berühren, den Ansatz eines ordentlichen Geizchens
wahrgenommen hatte, das ihn unendlich liebenswürdig kleide. - »>Ja,
nehmens nur, er hat seine dreitausend Taler fix, und das wofür? Daß er
die Woche einmal ein Kammerkonzert, zweimal die große Oper
dirigiert - Ach, Oberstin, ich habe ihn gesehn, unsern lieben, kleinen,
goldenen Mann inmitten seiner trefflichen Kapelle, die er sich
zugeschult, die ihn anbetet! saß mit der Mozartin in ihrer Loge, schräg
gegen den höchsten Herrschaften über! Und was stand auf dem Zettel,
bitte Sie - ich nahm ihn mit für Sie - ein kleines Reis'präsent von mir
und Mozarts dreingewickelt - hier schauen Sie, hier lesen Sie, da stehts
mit ellenlangen Buchstaben gedruckt!< ->Hilf Himmel! Was? 'Tarar!'<
->Ja, geltens Freundin, was man erleben kann! Vor zwei Jahren, wie
Mozart den 'Don Juan' schrieb und der verwünschte giftige,
schwarzgelbe Salieri auch schon im stillen Anstalt machte, den
Triumph, den er mit seinem Stück davontrug in Paris, demnächst auf
seinem eignen Territorio zu begehen und unserem guten, Schnepfen
liebenden, allzeit in 'Cosa rara' vergnügten Publikum nun doch auch
mal so eine Gattung Falken sehn zu lassen, und er und seine
Helfershelfer bereits zusammen munkelten und raffinierten, daß sie den
'Don Juan' so schön gerupft wie jenesmal den 'Figaro', nicht tot und
nicht lebendig, auf das Theater stellen wollten - wissens, da tat ich ein
Gelübd, wenn das infame Stück gegeben wird, ich geh nicht hin, um
keine Welt! Und hielt auch Wort. Als alles lief und rannte - und,
Oberstin, Sie mit -, blieb ich an meinem Ofen sitzen, nahm meine
Katze auf den Schoß und aß meine Kaldausche; und so die folgenden
paar Male auch. Jetzt aber, stellen Sie sich vor, 'Tarar' auf der Berliner
Opernbühne, das Werk seines Todfeinds, von Mozart dirigiert!< - >Da
müssen Sie schon drein!< rief er gleich in der ersten Viertelstunde,
>Und wärs auch nur, daß Sie den Wienern sagen können, ob ich dem
Knaben Absalon ein Härchen krümmen ließ. Ich wünschte, er wär
selbst dabei, der Erzneidhammel sollte sehen, daß ich nicht nötig hab,
einem andern sein Zeug zu verhunzen, damit ich immerfort der bleiben
möge, der ich bin!<«
»Brava! Bravissima!« rief Mozart überlaut und nahm sein Weibchen
bei den Ohren, verküßte, herzte, kitzelte sie, so daß sich dieses Spiel
mit bunten Seifenblasen einer erträumten Zukunft, die leider niemals,
auch nicht im bescheidensten Maße, erfüllt werden sollte, zuletzt in
hellen Mutwillen, Lärm und Gelächter auflöste.
Sie waren unterdessen längst ins Tal herabgekommen und näherten sich
einem Dorf, das ihnen bereits auf der Höhe bemerklich gewesen und
hinter welchem sich unmittelbar ein kleines Schloß von modernem
Ansehen, der Wohnsitz eines Grafen von Schinzberg, in der
freundlichen Ebene zeigte. Es sollte in dem Ort gefüttert, gerastet und
Mittag gehalten werden. Der Gasthof, wo sie hielten, lag vereinzelt am
Ende des Dorfs bei der Straße, von welcher seitwärts eine Pappelallee
von nicht sechshundert Schritten zum herrschaftlichen Garten führte.
Mozart, nachdem man ausgestiegen, überließ wie gewöhnlich der Frau
die Bestellung des Essens. Inzwischen befahl er für sich ein Glas Wein
in die untere Stube, während sie nächst einem Trunke frischen Wassers
nur irgendeinen stillen Winkel, um ein Stündchen zu schlafen,
verlangte. Man führte sie eine Treppe hinauf, der Gatte folgte, ganz
munter vor sich hin singend und pfeifend. In einem rein geweißten und
schnell gelüfteten Zimmer befand sich unter andern veralteten Möbeln
von edlerer Herkunft - sie waren ohne Zweifel aus den gräflichen
Gemächern seinerzeit hierher gewandert - ein sauberes, leichtes Bett
mit gemaltem Himmel auf dünnen, grün lackierten Säulen, dessen
seidene Vorhänge längst durch einen gewöhnlichern Stoff ersetzt waren.
Konstanze machte sichs bequem, er versprach, sie rechtzeitig zu
wecken, sie riegelte die Tür hinter ihm zu, und er suchte nunmehr
Unterhaltung für sich in der allgemeinen Schenkstube. Hier war jedoch
außer dem Wirt keine Seele, und weil dessen Gespräch
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