Moisasurs Zauberfluch | Page 7

Ferdinand Raimund
dir's ja gut.
Mirzel. Freilich, willst ein Stückel Brot?
Alzinde (sieht sie erstaunt an). Seid ihr wirklich Menschen?
Hans. Nu, du wirst uns doch für keine Maikäfer anschaun?
Alzinde. Menschen seid ihr, und ihr habt Erbarmen?
Mirzel. Du blauer Himmel, warum nicht? wir erbarmen uns selbst
manchmal.
Alzinde. Also seid ihr unglücklich?
Mirzel. I bewahr', wir sind recht glücklich.

Hans. Wir haben nur kein Geld.
(Gluthahn laßt sich am Fenster sehen, und horcht.)
Alzinde. Das versteh' ich nicht.
Hans (zu Mirzel). Sie ist taub. (Laut, Alzinden ins Ohr.) Wir haben
kein Geld, wie kannst du denn das nicht verstehn, das kann ich mit
Händen greifen, wenn ich in den Sack fahr'.
(Fährt in den Sack.)
Mirzel. Weißt, wir sind halt glückliche Unglückliche, wie manche
Leute unglückliche Glückliche sind.
Hans. Das ist eine gute Explikation. Wir sind arme Steinbrecher, wir
arbeiten im Steinbruch da hint', und leiden oft Hunger, daß sich ein
Stein erbarmen möcht', aber nur im Winter, im Sommer geht's uns
besser.
Mirzel. Was sprichst du denn so viel da mit der Alten, trag ihr etwas
aus der Hütte und laß sie gehn.
Hans. Nein, mir gefallt s', sie hat zwar noch nichts g'redt, aber ich find',
daß sie recht eine unterhaltendliche Person ist. (Zu Alzinde.) Weißt, ich
und mein Weib haben uns halt gar so gern, und das ist unser Glück.
Alzinde (zu Mirzel). Also liebst du deinen Mann?
Mirzel. Vom Herzen.
Alzinde. Und wenn du ihn verlieren müßtest?
Mirzel. Ich, mein' Mann?
Alzinde. Wenn er dir auf ewig entrissen würde?
Mirzel. Das überlebet ich nicht.

Alzinde. Weh mir, und ich lebe noch! Sie stirbt für diesen Bettler, und
ich lebe noch. (Weint heftig.) O mein Gemahl, mein königlicher Herr.
(Ihre Tränen fallen in Hansens Hut, der ihn absichtslos aufhält.)
Hans. Jetzt, warum weinst denn? Jetzt weint sie mir grad in den Hut
hinein.--Du, Mirzel, schau, was ist denn das, der ihre Tränen sind ja
alle von Glas, die weint ja lauter kleine Steiner.
Mirzel. Warum nicht gar.
Hans. Auf die Letzt hat s' gar einen Steinbruch in die Augen.
Mirzel. Was weinst denn du da?
Alzinde. Ich weine Diamanten.
Hans. Mich trifft der Schlag, das hab' ich noch mein Leben nicht g'hört,
daß eine Amanten weint. Wann s' noch wegen einen Amanten weinet',
aber einen Amanten selbst, das ist entsetzlich.
Alzinde. Sagt mir, haben Diamanten aus eurer Welt hier einen Wert?
Mirzel. Nu, ich will's hoffen, unser Herr, bei dem wir arbeiten, hat
einen Ring, da ist ein einz'ger Stein mehr wert, als sein ganzer
Steinbruch.
Alzinde. So hört mich an, vielleicht kann ich durch meine Tränen euch
beglücken. Des einen Glück bedingt ja leider oft des andern Unglück.
Behaltet mich bei euch, gebt mir nur magern Unterhalt, schützt mich
vor der Mißhandlung eurer Brüder und nehmet meine Tränen hin als
Eigentum, welche reichlich fließen werden, weil ich mein Schicksal
nicht genug beweinen kann.
Gluthahn (am Fenster). Das Weib laß' ich nicht aus, mein Herz ist z' gut,
die nehm' ich auf.
Hans. Aber wer hat dir denn das g'lernt, du bist doch nicht etwann eine
Hex'?

Mirzel. Nu, fragen möcht' ich s' noch.
Alzinde. Was ich euch nun entdeck', ist wahr, so wahr, als dieser
Sonnenstrahl, der sich in meiner Träne bricht. Ich bin die Fürstin eines
ind'schen Reichs, der Tugend hab' ich mich geweiht, wie ihr, und weil
ich einen bösen Geist aus meinem Land vertrieben, hat er aus Rache
mich nach eurer Welt verbannt. Ich ward geehrt von meinem Volk, das
meine Schönheit, meinen Geist bewunderte, geliebt von meinem
zärtlichen Gemahl, und alles, was des Glückes Großmut mir verliehn,
hat dieser Dämon mir entrissen. (Weint.)
Hans. Jetzt fang' ich auch zum Weinen an, aber meine Tränen sind
keinen Kreuzer wert.
Alzinde. Doch meine Jugendkraft hat er mir nicht geraubt, und heftiger
fühl' ich den Schmerz, als ich die Freude früher hab' empfunden. Ihr
glaubt mir doch?
Mirzel. Das kann ja sein, ich hab' schon viel von verzauberten
Prinzessinnen gehört. Nu, trösten sich Euer G'streng' nur, wir werden
schon für Euer G'streng' sorgen.
Hans. Was sagst denn Euer G'streng', meinst denn, du redst mit dem
Verwalter? (Mit erhobener Stimme.) Weiß die Fürstin was, wir
behalten die Fürstin bei uns, und was wir haben, bekommt die Fürstin
auch.
Alzinde. Ihr guten Menschen, meine Tränen werden dankbar fließen.
Mirzel. Wenn s' nur alle Jahre einmal weint, im Frühling, wenn der
Schnee zerfließt, so leben wir das ganze Jahr davon. Die Fürstin macht
noch unser Glück.
Hans. Und da braucht sie nicht einmal einen Schmerz, der sie weinen
macht, ich reib' ihr einen scharfen Kren, so weint sie ihren diamantenen
Fleck her und lacht uns alle aus.
Mirzel. Ja, das ist prächtig, lieber Hans; die Tränen, die du im Hut hier

hast, tragst du morgen augenblicklich in die Stadt. Jetzt geh die Fürstin
nur in unsre Hütten hinein, da findt die Fürstin
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