ich bin durch dieses kleine Geschenk sehr in seiner Achtung und Neigung gestiegen. Wenigstens lie? er sich diesmal nicht lange bitten, mir zu erz?hlen, deutete vielmehr gleich auf meine wei?en Notizbl?tter und den wohlgespitzten Bleistift, gab der Krankenschwester ein Zeichen, sich zu entfernen, und begann:
* * * * *
In den n?chsten zwei Tagen nach dem Zusammentreffen mit Jim Boughsleigh stellten sich einige ?nderungen im gew?hnten Leben Bombays ein. Man sah mehr Soldaten als sonst auf den Stra?en, besonders viel mohammedanische Truppen. Vor dem Klubgeb?ude der Deutschen standen bei Tag und Nacht Wachen, und kein Deutscher konnte dieses Haus verlassen, ohne da? ihm ein W?chter gefolgt w?re.
Es konnte sich dabei ��brigens nur um ?ltere M?nner und Frauen handeln, denn die jungen M?nner waren alle eingesperrt worden. Besonders scharf waren die Wachen am Hafen. Niemand durfte herein oder hinaus, ohne da? er kontrolliert worden w?re. Mein Freund Lapalogi verdiente in jenen Tagen ein Verm?gen mit dem Ausstellen falscher P?sse.
Es bekam ihm leider schlecht, denn ein Konkurrent verriet ihn den Engl?ndern, und diese stellten ihn als Zielscheibe an die n?chste Wand, was er so schlecht vertragen konnte, da? er umfiel und tot war. Er war ein sehr talentvoller Mensch.
Die Europ?er nannten ihn zwar einen Schuft, aber das war sehr ungerecht. Allerdings wurde er, kaum drei?igj?hrig, wegen seiner F?lschungen erschossen, -- w?re er aber ehrlich gewesen, so w?re er vermutlich schon zehn Jahre zuvor verhungert. Seine Werke werden ihn lange ��berdauern, besonders das falsche Papiergeld, das er meisterhaft herzustellen verstand.
Auch ich hatte in diesen Tagen einen bescheidenen Nebenverdienst. Ein junger Deutscher ersuchte mich n?mlich, ihm gegen eine Belohnung von zw?lf Rupien das Gewand eines Mohammedaners zu verschaffen, in dem er sich nach seiner Heimat durchschmuggeln wollte. Das Schicksal wollte es, da? ich noch am selben Tag das gew��nschte Kleid stehlen konnte. Ich lie? mir vierzehn Rupien daf��r bezahlen und schwor, da? ich nichts dabei verdiente.
Ich wei?, da? es bei euch Wei?en als verboten gilt, seinem Nachbar die Kleider zu stehlen. Bei euch darf man seinem N?chsten h?chstens die Arbeitskraft, die Gesundheit, die Lebensfreude stehlen. Ich habe viel dar��ber nachgedacht, aber ich bin zu keinem Resultat gekommen, wo der erlaubte Diebstahl aufh?rt und der verbotene Diebstahl anf?ngt. Die Frage ist mir zu schwierig, und ich unterscheide deshalb lieber zwei #andere# Arten Diebst?hle, n?mlich: Diebstahl von Sachen, die man gebrauchen kann, und Diebstahl von Sachen, die man #nicht# gebrauchen kann.
Wenn ich ein Gesetzgeber w?re, w��rde ich nur die letztere Art bestrafen.
Noch eine andere Neuerung beobachtete ich in jenen Tagen in den Stra?en der Stadt. Es wurden in jedem Stadtteil einige H?user mit englischen Fahnen geschm��ckt und mit Bildern aus dem Soldatenleben geziert, auf denen in gro?en Buchstaben stand: ?Come in!?
Wir Eingeborenen lasen mit viel Interesse diese Aufforderung hereinzukommen -- und blieben drau?en.
Was ging uns dieser neue europ?ische Unsinn an?
Wenn die Wei?en sich gegenseitig totschlagen wollen, so bin ich damit vollkommen einverstanden, und ich will gerne daf��r beten, da? jede Partei unterliegt. Aber weiter will ich nichts damit zu tun haben. Habe ich nicht recht?
P��nktlich zur vereinbarten Stunde machte ich mich auf den Weg, um am heiligen Teich mit Jim Boughsleigh zusammenzutreffen. Malatri, die Brillenschlange, nahm ich in einem Sacke mit, denn ich beabsichtigte, in dieser Nacht wieder einmal meine Verm?genslage gr��ndlich zu verbessern.
Ich machte einen kleinen Umweg, der mich an dem Regierungspalast vorbeif��hrte. Vor diesem Geb?ude dr?ngten sich viele, viele Wei?e, und am Fenster stand ein Mann und las von einem Blatt mit hoher Fistelstimme eine Nachricht vor: ?Die Russen sind gestern in Berlin eingezogen, die Franzosen stehen in Koblenz.?
Als die Wei?en diesen Satz h?rten, brachen sie in tollen Jubel aus, umarmten sich, k��?ten sich und sangen ?God save the King!?.
Ich wu?te nicht, wer die Russen und Franzosen sind, ich wei? auch nicht, was sie in Berlin und Koblenz zu suchen haben, und ob dies fremde Inseln oder Schiffe sind, jedenfalls aber schlo? ich aus der allgemeinen Freude, da? das, was der Mann am Fenster vorgelesen hatte, ein sehr guter Witz gewesen sein mu?.
Sogar ein paar junge Deutsche, die man gerade von frisch angekommenen Schiffen ��ber den Platz ins Gef?ngnis f��hrte, lachten hell auf und riefen: ?Reuter-Meldung!?
Ich ��berlie? die Europ?er ihrer Heiterkeit und beeilte mich, an den heiligen Teich zu kommen.
Jim Boughsleigh wartete schon auf mich. Er sa? am Rande des Teiches, und ich bemerkte mit Mi?fallen, da? sich sein Bild in dem heiligen Wasser spiegelte.
Bei den Begr��?ungsworten traf mich sein Atem, und ich f��hlte sogleich, da? er schon mehrfach aus seiner Flasche genippt hatte und da? er auf dem besten Wege war, wieder seine heiligen Zust?nde zu bekommen.
Es war ein pr?chtiger Abend, der Himmel ein einziges blaues faltenloses Tuch, die Palmen tauschten heimliche Z?rtlichkeiten mit dem milden Wind, V?gel lockten sich und sangen sich in ihrer zwitschernden Sprache Liebesgedichte, Ratten huschten und spielten.
Es war einer der Abende, an denen man f��hlt, da? die guten G?tter
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