Schwierigkeit des Genusses beruhe und da? er mit derjenigen Anmut verschwinden müsse, welche die Hand der Zeit unmerklich, aber gewi?, aus unsern Gesichtern verl?scht?
Hannah. O, Madam, von dieser gef?hrlichen Hand haben Sie noch lange nichts zu befürchten. Ich finde, da? Ihre Sch?nheit den Punkt ihrer pr?chtigsten Blüte so wenig überschritten hat, da? sie vielmehr erst darauf losgeht und Ihnen alle Tage neue Herzen fesseln würde, wenn Sie ihr nur Vollmacht dazu geben wollten.
Marwood. Schweig, Hannah! Du schmeichelst mir bei einer Gelegenheit, die mir alle Schmeichelei verd?chtig macht. Es ist Unsinn, von neuen Eroberungen zu sprechen, wenn man nicht einmal Kr?fte genug hat, sich im Besitze der schon gemachten zu erhalten.
Zweiter Auftritt
Ein Bedienter. Marwood. Hannah.
Der Bediente. Madam, man will die Ehre haben, mit Ihnen zu sprechen.
Marwood. Wer?
Der Bediente. Ich vermute, da? es ebender Herr ist, an welchen der vorige Brief überschrieben war. Wenigstens ist der Bediente bei ihm, der mir ihn abgenommen hat.
Marwood. Mellefont!--Geschwind, führe ihn herauf! (Der Bediente geht ab.) Ach, Hannah, nun ist er da! Wie soll ich ihn empfangen? Was soll ich sagen? Welche Miene soll ich annehmen? Ist diese ruhig genug? Sieh doch!
Hannah. Nichts weniger als ruhig.
Marwood. Aber diese?
Hannah. Geben Sie ihr noch mehr Anmut.
Marwood. Etwa so?
Hannah. Zu traurig!
Marwood. Sollte mir dieses L?cheln lassen?
Hannah. Vollkommen! Aber nur freier--Er k?mmt.
Dritter Auftritt
Mellefont. Marwood. Hannah.
Mellefont (der mit einer wilden Stellung hereintritt). Ha! Marwood--
Marwood (die ihm mit offnen Armen l?chelnd entgegenrennt). Ach Mellefont--
Mellefont (beiseite). Die M?rderin, was für ein Blick!
Marwood. Ich mu? Sie umarmen, treuloser, lieber Flüchtling!--Teilen Sie doch meine Freude!--Warum entrei?en Sie sich meinen Liebkosungen?
Mellefont. Marwood, ich vermutete, da? Sie mich anders empfangen würden.
Marwood. Warum anders? Mit mehr Liebe vielleicht? mit mehr Entzücken? Ach, ich Unglückliche, da? ich weniger ausdrücken kann, als ich fühle!--Sehen Sie, Mellefont, sehen Sie, da? auch die Freude ihre Tr?nen hat? Hier rollen sie, diese Kinder der sü?esten Wollust!-- Aber ach, verlorne Tr?nen! seine Hand trocknet euch nicht ab.
Mellefont. Marwood, die Zeit ist vorbei, da mich solche Reden bezaubert h?tten. Sie müssen itzt in einem andern Tone mit mir sprechen. Ich komme her, Ihre letzten Vorwürfe anzuh?ren und darauf zu antworten.
Marwood. Vorwürfe? Was h?tte ich Ihnen für Vorwürfe zu machen, Mellefont? Keine.
Mellefont. So h?tten Sie, sollt' ich meinen, Ihren Weg ersparen k?nnen.
Marwood. Liebste wunderliche Seele, warum wollen Sie mich nun mit Gewalt zwingen, einer Kleinigkeit zu gedenken, die ich Ihnen in ebendem Augenblicke vergab, in welchem ich sie erfuhr? Eine kurze Untreue, die mir Ihre Galanterie, aber nicht Ihr Herz spielet, verdient diese Vorwürfe? Kommen Sie, lassen Sie uns darüber scherzen.
Mellefont. Sie irren sich; mein Herz hat mehr Anteil daran, als es jemals an allen unsern Liebesh?ndeln gehabt hat, auf die ich itzt nicht ohne Abscheu zurücksehen kann.
Marwood. Ihr Herz, Mellefont, ist ein gutes N?rrchen. Es l??t sich alles bereden, was Ihrer Einbildung ihm zu bereden einf?llt. Glauben Sie mir doch, ich kenne es besser als Sie. Wenn es nicht das beste, das getreuste Herz w?re, würde ich mir wohl so viel Mühe geben, es zu behalten?
Mellefont. Zu behalten? Sie haben es niemals besessen, sage ich Ihnen.
Marwood. Und ich sage Ihnen, ich besitze es im Grunde noch.
Mellefont. Marwood, wenn ich wü?te, da? Sie auch nur noch eine Faser davon bes??en, so wollte ich es mir selbst, hier vor Ihren Augen, aus meinem Leibe rei?en.
Marwood. Sie würden sehen, da? Sie meines zugleich herausrissen. Und dann, dann würden diese herausgerissenen Herzen endlich zu der Vereinigung gelangen, die sie so oft auf unsern Lippen gesucht haben.
Mellefont (beiseite). Was für eine Schlange! Hier wird das beste sein zu fliehen.--Sagen Sie mir es nur kurz, Marwood, warum Sie mir nachgekommen sind? Was Sie noch von mir verlangen? Aber sagen Sie es nur ohne dieses L?cheln, ohne diesen Blick, aus welchem mich eine ganze H?lle von Verführung schreckt.
Marwood (vertraulich). H?re nur, mein lieber Mellefont; ich merke wohl, wie es itzt mir dir steht. Deine Begierden und dein Geschmack sind itzt deine Tyrannen. La? es gut sein; man mu? sie austoben lassen. Sich ihnen widersetzen, ist Torheit. Sie werden am sichersten eingeschl?fert und endlich gar überwunden, wenn man ihnen freies Feld l??t. Sie reiben sich selbst auf. Kannst du mir nachsagen, kleiner Flattergeist, da? ich jemals eifersüchtig gewesen w?re, wenn st?rkere Reize als die meinigen dich mir auf eine Zeitlang abspenstig machten? Ich g?nnte dir ja allezeit diese Ver?nderung, bei der ich immer mehr gewann als verlor. Du kehrtest mit neuem Feuer, mit neuer Inbrunst in meine Arme zurück, in die ich dich nur als in leichte Bande und nie als in schwere Fesseln schlo?. Bin ich nicht oft selbst deine Vertraute gewesen, wenn du mir auch schon nichts zu vertrauen hattest als die Gunstbezeigungen, die du mir entwandtest, um sie gegen andre zu verschwenden? Warum glaubst du denn, da? ich itzt einen Eigensinn gegen dich zu zeigen anfangen würde, zu welchem ich nun eben berechtiget zu sein aufh?re, oder--vielleicht schon aufgeh?rt habe?
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