Arme, die von einem M?rder verfolgt wird. Sie zitterte, und ein kalter Schwei? flo? ihr über das erbla?te Gesicht. Ich wandte alles an, sie zu beruhigen, aber sie hat mir bis an den Morgen nur mit stummen Tr?nen geantwortet. Endlich hat sie mich einmal über das andre an Ihre Türe geschickt, zu h?ren, ob Sie schon auf w?ren. Sie will Sie sprechen. Sie allein k?nnen sie tr?sten. Tun Sie es doch, liebster gn?diger Herr, tun Sie es doch. Das Herz mu? mir springen, wenn sie sich so zu ?ngstigen fortf?hrt.
Mellefont. Geh, Betty, sage ihr, da? ich den Augenblick bei ihr sein wolle--
Betty. Nein, sie will selbst zu Ihnen kommen.
Mellefont. Nun so sage ihr, da? ich sie erwarte--Ach!--
(Betty geht ab.)
Fünfter Auftritt
Mellefont. Norton.
Norton. Gott, die arme Mi?!
Mellefont. Wessen Gefühl willst du durch deine Ausrufung rege machen? Sieh, da l?uft die erste Tr?ne, die ich seit meiner Kindheit geweinet, die Wange herunter!--Eine schlechte Vorbereitung, eine trostsuchende Betrübte zu empfangen. Warum sucht sie ihn auch bei mir?--Doch wo soll sie ihn sonst suchen?--Ich mu? mich fassen. (Indem er sich die Augen abtrocknet.) Wo ist die alte Standhaftigkeit, mit der ich ein sch?nes Auge konnte weinen sehen? Wo ist die Gabe der Verstellung hin, durch die ich sein und sagen konnte, was ich wollte?--Nun wird sie kommen und wird unwiderstehliche Tr?nen weinen. Verwirrt, besch?mt werde ich vor ihr stehen; als ein verurteilter Sünder werde ich vor ihr stehen. Rate mir doch, was soll ich tun? was soll ich sagen?
Norton. Sie sollen tun, was sie verlangen wird.
Mellefont. So werde ich eine neue Grausamkeit an ihr begehen. Mit Unrecht tadelt sie die Verz?gerung einer Zeremonie, die itzt ohne unser ?u?erstes Verderben in dem K?nigreiche nicht vollzogen werden kann.
Norton. So machen Sie denn, da? Sie es verlassen. Warum zaudern wir? Warum vergeht ein Tag, warum vergeht eine Woche nach der andern? Tragen Sie mir es doch auf. Sie sollen morgen sicher eingeschifft sein. Vielleicht, da? ihr der Kummer nicht ganz über das Meer folgt; da? sie einen Teil desselben zurückl??t, und in einem andern Lande--
Mellefont. Alles das hoffe ich selbst--Still, sie k?mmt. Wie schl?gt mir das Herz--
Sechster Auftritt
Sara. Mellefont. Norton.
Mellefont (indem er ihr entgegengeht). Sie haben eine unruhige Nacht gehabt, liebste Mi?--
Sara. Ach, Mellefont, wenn es nichts als eine unruhige Nacht w?re--
Mellefont (zum Bedienten). Verla? uns!
Norton (im Abgehen). Ich wollte auch nicht dableiben, und wenn mir gleich jeder Augenblick mit Golde bezahlt würde.
Siebenter Auftritt
Sara. Mellefont.
Mellefont. Sie sind schwach, liebste Mi?. Sie müssen sich setzen.
Sara (sie setzt sich). Ich beunruhige Sie sehr früh; und werden Sie mir es vergeben, da? ich meine Klagen wieder mit dem Morgen anfange?
Mellefont. Teuerste Mi?, Sie wollen sagen, da? Sie mir es nicht vergeben k?nnen, weil schon wieder ein Morgen erschienen ist, ohne da? ich Ihren Klagen ein Ende gemacht habe.
Sara. Was sollte ich Ihnen nicht vergeben? Sie wissen, was ich Ihnen bereits vergeben habe. Aber die neunte Woche, Mellefont, die neunte Woche f?ngt heute an, und dieses elende Haus sieht mich noch immer auf eben dem Fu?e als den ersten Tag.
Mellefont. So zweifeln Sie an meiner Liebe?
Sara. Ich, an Ihrer Liebe zweifeln? Nein, ich fühle mein Unglück zu sehr, zu sehr, als da? ich mir selbst diese letzte, einzige Versü?ung desselben rauben sollte.
Mellefont. Wie kann also meine Mi? über die Verschiebung einer Zeremonie unruhig sein?
Sara. Ach, Mellefont, warum mu? ich einen andern Begriff von dieser Zeremonie haben?--Geben Sie doch immer der weiblichen Denkungsart etwas nach. Ich stelle mir vor, da? eine n?here Einwilligung des Himmels darin liegt. Umsonst habe ich es nur wieder erst den gestrigen langen Abend versucht, Ihre Begriffe anzunehmen und die Zweifel aus meiner Brust zu verbannen, die Sie, itzt nicht das erstemal, für Früchte meines Mi?trauens angesehen haben. Ich stritt mit mir selbst; ich war sinnreich genug, meinen Verstand zu bet?uben; aber mein Herz und ein inneres Gefühl warfen auf einmal das mühsame Geb?ude von Schlüssen übern Haufen. Mitten aus dem Schlafe weckten mich strafende Stimmen, mit welchen sich meine Phantasie, mich zu qu?len, verband. Was für Bilder, was für schreckliche Bilder schw?rmten um mich herum! Ich wollte sie gern für Tr?ume halten--
Mellefont. Wie? Meine vernünftige Sara sollte sie für etwas mehr halten? Tr?ume, liebste Mi?, Tr?ume!--Wie unglücklich ist der Mensch! Fand sein Sch?pfer in dem Reiche der Wirklichkeit nicht Qualen für ihn genug? Mu?te er, sie zu vermehren, auch ein noch weiteres Reich von Einbildungen in ihm schaffen?
Sara. Klagen Sie den Himmel nicht an! Er hat die Einbildungen in unserer Gewalt gelassen. Sie richten sich nach unsern Taten, und wenn diese unsern Pflichten und der Tugend gem?? sind, so dienen die sie begleitenden Einbildungen zur Vermehrung unserer Ruhe und unseres Vergnügens. Eine einzige Handlung, Mellefont, ein einziger Segen, der von einem Friedensboten im Namen der ewigen Güte auf uns gelegt wird, kann meine zerrüttete Phantasie wieder heilen. Stehen Sie noch an, mir zuliebe dasjenige einige Tage eher zu
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