wollen schon sagen,
wie wir es gern hätten.
Wirt Hiernächst komme ich zugleich--(indem er die Feder hinter dem
Ohr hervorzieht).
Franziska Nun?--
Wirt Ohne Zweifel kennen Ihro Gnaden schon die weisen
Verordnungen unserer Polizei.
Fräulein Nicht im geringsten, Herr Wirt--
Wirt Wir Wirte sind angewiesen, keinen Fremden, wes Standes und
Geschlechts er auch sei, vierundzwanzig Stunden zu behausen, ohne
seinen Namen, Heimat, Charakter, hiesige Geschäfte, vermutliche
Dauer des Aufenthalts und so weiter gehörigen Orts schriftlich
einzureichen.
Fräulein Sehr wohl.
Wirt Ihro Gnaden werden also sich gefallen lassen--(indem er an einen
Tisch tritt und sich fertig macht zu schreiben).
Fräulein Sehr gern--Ich heiße--
Wirt Einen kleinen Augenblick Geduld!--(Er schreibt.) "Dato, den 22.
August a.c. allhier zum Könige von Spanien angelangt"--Nun Dero
Namen, gnädiges Fräulein?
Fräulein Das Fräulein von Barnhelm.
Wirt (schreibt). "von Barnhelm"--Kommend? woher, gnädiges
Fräulein?
Fräulein Von meinen Gütern aus Sachsen.
Wirt (schreibt). "Gütern aus Sachsen"--Aus Sachsen! Ei, ei, aus
Sachsen, gnädiges Fräulein? aus Sachsen?
Franziska Nun? warum nicht? Es ist doch wohl hierzulande keine
Sünde, aus Sachsen zu sein?
Wirt Eine Sünde? Behüte! das wäre ja eine ganz neue Sünde!--Aus
Sachsen also? Ei, ei! aus Sachsen! Das liebe Sachsen!--Aber wo mir
recht ist, gnädiges Fräulein, Sachsen ist nicht klein und hat
mehrere--wie soll ich es nennen?--Distrikte, Provinzen.--Unsere Polizei
ist sehr exakt, gnädiges Fräulein.--
Fräulein Ich verstehe: von meinen Gütern aus Thüringen also.
Wirt Aus Thüringen! Ja, das ist besser, gnädiges Fräulein, das ist
genauer. --(Schreibt und liest.) "Das Fräulein von Barnhelm, kommend
von ihren Gütern aus Thüringen, nebst einer Kammerfrau und zwei
Bedienten"--
Franziska Einer Kammerfrau? das soll ich wohl sein?
Wirt Ja, mein schönes Kind.--
Franziska Nun, Herr Wirt, so setzen Sie anstatt Kammerfrau
Kammerjungfer.--Ich höre, die Polizei ist sehr exakt; es möchte ein
Mißverständnis geben, welches mir bei meinem Aufgebote einmal
Händel machen könnte. Denn ich bin wirklich noch Jungfer und heiße
Franziska; mit dem Geschlechtsnamen Willig; Franziska Willig. Ich
bin auch aus Thüringen. Mein Vater war Müller auf einem von den
Gütern des gnädigen Fräuleins. Es heißt Klein-Rammsdorf. Die Mühle
hat jetzt mein Bruder. Ich kam sehr jung auf den Hof und ward mit dem
gnädigen Fräulein erzogen. Wir sind von einem Alter, künftige
Lichtmess einundzwanzig Jahr. Ich habe alles gelernt, was das gnädige
Fräulein gelernt hat. Es soll mir lieb sein, wenn mich die Polizei recht
kennt.
Wirt Gut, mein schönes Kind, das will ich mir auf weitere Nachfrage
merken. --Aber nunmehr, gnädiges Fräulein, Dero Verrichtungen
allhier?--
Fräulein Meine Verrichtungen?
Wirt Suchen Ihro Gnaden etwas bei des Königs Majestät?
Fräulein O nein!
Wirt Oder bei unsern hohen Justizkollegiis?
Fräulein Auch nicht.
Wirt Oder--
Fräulein Nein, nein. Ich bin lediglich in meinen eigenen
Angelegenheiten hier.
Wirt Ganz wohl, gnädiges Fräulein, aber wie nennen sich diese eigne
Angelegenheiten?
Fräulein Sie nennen sich--Franziska, ich glaube, wir werden
vernommen.
Franziska Herr Wirt, die Polizei wird doch nicht die Geheimnisse eines
Frauenzimmers zu wissen verlangen?
Wirt Allerdings, mein schönes Kind: die Polizei will alles, alles wissen;
und besonders Geheimnisse.
Franziska Ja nun, gnädiges Fräulein; was ist zu tun?--So hören Sie nur,
Herr Wirt--aber daß es ja unter uns und der Polizei bleibt!--
Fräulein Was wird ihm die Närrin sagen?
Franziska Wir kommen, dem Könige einen Offizier wegzukapern--
Wirt Wie? was? Mein Kind! mein Kind!--
Franziska Oder uns von dem Offiziere kapern zu lassen. Beides ist eins.
Fräulein Franziska, bist du toll?--Herr Wirt, die Nasenweise hat Sie
zum besten. --
Wirt Ich will nicht hoffen! Zwar mit meiner Wenigkeit kann sie
scherzen so viel, wie sie will; nur mit einer hohen Polizei--
Fräulein Wissen Sie was, Herr Wirt?--Ich weiß mich in dieser Sache
nicht zu nehmen. Ich dächte, Sie ließen die ganze Schreiberei bis auf
die Ankunft meines Oheims. Ich habe Ihnen schon gestern gesagt,
warum er nicht mit mir zugleich angekommen. Er verunglückte zwei
Meilen von hier mit seinem Wagen und wollte durchaus nicht, daß
mich dieser Zufall eine Nacht mehr kosten sollte. Ich mußte also voran.
Wenn er vierundzwanzig Stunden nach mir eintrifft, so ist es das
längste.
Wirt Nun ja, gnädiges Fräulein, so wollen wir ihn erwarten.
Fräulein Er wird auf Ihre Fragen besser antworten können. Er wird
wissen, wem und wie weit er sich zu entdecken hat; was er von seinen
Geschäften anzeigen muß und was er davon verschweigen darf.
Wirt Desto besser! Freilich, freilich kann man von einem jungen
Mädchen (die Franziska mit einer bedeutenden Miene ansehend) nicht
verlangen, daß es eine ernsthafte Sache mit ernsthaften Leuten ernsthaft
traktiere--
Fräulein Und die Zimmer für ihn sind doch in Bereitschaft, Herr Wirt?
Wirt Völlig, gnädiges Fräulein, völlig; bis auf das eine--
Franziska Aus dem Sie vielleicht auch noch erst einen ehrlichen Mann
vertreiben müssen?
Wirt Die Kammerjungfern aus Sachsen, gnädiges Fräulein, sind wohl
sehr mitleidig.--
Fräulein Doch, Herr Wirt, das haben Sie nicht gut gemacht. Lieber
hätten Sie uns nicht einnehmen sollen.
Wirt Wieso, gnädiges Fräulein, wieso?
Fräulein Ich höre, daß
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