Michelangelo Gedichte und Briefe | Page 8

Michelangelo Buonarrotti
bleiben unvergessen, Ob auch die Hülle tot, Uns ihre sch?nen, heilgen, süssen Lieder. Lieh Gott an schlimme Brüder So viel wie ihr, wollt' es zurückerwerben, Mitleid, gesteh's: Wir alle müssten sterben! --
30. Bettina Jacobson.

AUF VITTORIA COLONNAS TOD.
Ward auch schon manches Menschenbild gesehn, Das aus dem harten Stein mein Hammer bricht, So steht er doch in Meisters Bann und Pflicht, Durch den allein kann Schlag und Führung gehn.
Nur was da g?ttlich wohnt in Himmelsh?hn, Ist sch?n durch sich, versendet eignes Licht; Doch wird ein Hammer ohne Hammer nicht, Kann Leben auch aus Leben nur erstehn.
Weil nun der Schlag nur st?rker niederf?hrt, Je h?her wir hinauf den Hammer schwingen, Flog über mich der deine himmelan.
So, wenn Gott gn?dig Hilfe nicht gew?hrt, Kann des Unfert'gen Bildung nur misslingen, Weil sie kein andrer hier vollbringen kann.
31. Bettina Jacobson.

NACH VITTORIA COLONNAS TOD.
Versetz' in jene Zeit zurück mich heute, Wo zaumlos toben mochte blinde Glut! Gib mir das Antlitz wieder engelgut, Dem alle Jugendkraft gewelkt zur Seite;
Die Schritte ohne Zahl in alle Weite, Die schwer und müh'voll nur das Alter tut, Dem Busen Feuer gib und Tr?nenflut, Willst du noch einmal, Amor, mich zur Beute.
Denn lebst von Z?hren wirklich du, vergossen In Leid und Lust, was macht den Greis dir teuer, Der fast am andern Ufer angekommen?
Schon wehrt der Geist mit himmlischen Geschossen Sich gegen deinen Pfeil. Das st?rkste Feuer, Es zündet nicht im Holz, das schon verglommen.
32. Sophie Hasenclever.

Ein frohes Herz versch?nt, und h?sslich macht Ein traurig Herz; so werd' ich umgestaltet Durch dich, die meins verwaltet. -- Nur eins begreif' ich nicht: du müsstest glühen, Da du die Glut entfacht! -- Ein Auge klar und helle Hat für das Sch?ne mir mein Stern verliehen, Und willst du mir entziehen Des Trostes letzte Strahlen, Wirst du, seh' ich, dir schaden, denn ich meine, In jedes Bildnis malen Zugleich mit dem Modelle Wir Künstler uns hinein; wie wird das deine, Wenn ich so trostlos weine? Beglücke mich, dann mal' ich ohne Tr?nen, Und du wirst sch?n und wirst auch mich versch?nen.
33. Sophie Hasenclever.

Oft gleicht ein Bild dem Bildner mehr, o Jammer! Als dem Modell; so bilde Ich jetzt nur schmerzlich wilde Entstellte Züge, kl?gliche Gestalten! Dich formen will mein Hammer, Und formt mich selbst, die Stirn voll Schmerzensfalten. Was k?nnt' ich auch gestalten, Da Liebe mich vernichtet, Als diesen müden Leib voll Angst und Trauer? Gleicht nicht dem Stein, dem kalten, Aus dem ihr Bild errichtet, Die strenge Herrin? Felsen sind nicht rauher. Die Kunst allein gibt Dauer; Drum, willst du, dass dein Reiz dich überlebe, Beglücke mich, dass ich dir Sch?nheit gebe!
34. Sophie Hasenclever.

Wohl muss ein reiner tücht'ger Sinn sich freuen An von der Kunst geschaffenen Gestalten, Die liebe Züg' und Formen aufbehalten Und Menschen bilden in Wachs, Ton und Stein.
Wenn dann fühllose Zeiten sie entweihen, Solch edles Werk zertrümmern und zerspalten, So wird das Bild sich dennoch in der alten Sch?nheit im Geist, der es erfasst, erneuen.
So ist es deiner Sch?nheit widerfahren: Als Bild des Heiles, das den Himmel schmückt, Hat sie der ew'ge Künstler ausgesendet.
Verringert sie nun gleich sich mit den Jahren, Sieht meine Sehnsucht sie nur mehr vollendet, Der Sch?nheit denkend, die kein Alter knickt.
35. Carl Witte.

Herrin, wie mag's nur sein -- und doch bew?hrt Es die Erfahrung -- dass weit l?ngeres Leben Dem Bildwerk als dem Bildner wird gegeben, Des Meisterhand den rohen Stein verkl?rt?
Der Sch?pfer schwindet das Geschaffne w?hrt, Kurzlebig muss Natur vor Kunst erbeben, Ich weiss es, der ich ganz der Kunst ergeben, Klar sehe, wie die Zeit mit mir verf?hrt.
So k?nnt' ich langes Leben wohl uns beiden Verleih'n, ob Stein, ob Farbe dir beliebt, Liess ich ein Bild von uns ganz treu und wahr:
Dass man noch tausend Jahr nach unserm Scheiden S?h', wie du sch?n warst, wie ich dich geliebt, Und dass mein Lieben keine Torheit war.
36. Friedrich Bodenstedt.

AN VITTORIA COLONNA.
Nach vielen Jahren, vielem Suchen, Ringen, Erreicht der Weise erst, nah seinem Ende, Wie er durch Geist und H?nde Lebendig aus dem Stein ein Bildnis schafft. Denn zu so hohen Dingen Gelangt man sp?t, und bald erlischt die Kraft. Dein Antlitz, g?tterhaft, Hat, lange suchend und nach vielem Irren, Natur, am Gipfel angelangt, gefunden; Nun ist sie alt, und ihre Kraft verzehrt. Darum ist Furchtverwirren Mit Sch?nheit oft verbunden, Das wundersam ein stark Verlangen n?hrt. Wer ist's nun, der mich lehrt, Was besser sei, nachdem ich dich gesehn: Die h?chste Lust? Der Erde Untergehn? --
37. Bettina Jacobson.

AN TOMMASO CAVALIERI.
Was ich in deinem Antlitz sah, beschreibe Mit Worten nimmer ich; doch was es kündet Hob oft den Geist, den noch der K?rper bindet, Zu Gott empor aus diesem Erdenleibe.
Dien' ich dem Spott des P?bels auch zur Scheibe, Zeiht er der Regung mich, die er empfindet, So hoff' ich doch, dass Treue fest gegründet, Dass keusche Glut so wert wie einst dir bleibe!
Die ird'sche Sch?nheit, für den Blick des Weisen
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 36
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.