Michelangelo Gedichte und Briefe | Page 7

Michelangelo Buonarrotti
allzu unwert, Herrin, mich zu zeigen, Wollt ich mit dem, was meinem Geiste eigen, Erst das erwidern, was Ihr mir geschenkt.
Bald aber fühlt' ich: da Euch nachzusteigen, Wohin der Genius Euch empor gelenkt, Gibt's keinen Weg für mich: verzeiht und denkt, Wie sehr ich weiss, warum mir ziemt zu schweigen.
Denn Irrtum w?r' mein Glaube, wenn ich d?chte, Dem gleichzutun mit meinem schwachen Werke, Was von Euch wie des Himmels Gnade regnet.
Das Feuer fehlt, die Kunst, die es vollbr?chte, Mir Sterblichem, dem kein Versuch die St?rke Verleiht, mit der der Himmel Euch gesegnet.
22. Hermann Grimm.

AN VITTORIA COLONNA.
Ach neben dir, die durch zu grosse Wonne Das Leben mir entreisst, Wie arm bin ich an Geist, An Kraft und Kunst! Ja deinen Strahlensegen Flieht, wie der Blick die Sonne, Mein bl?der Geist; die Flügel m?cht' er regen Weit über sein Verm?gen; Er übertrifft sich selbst, nur deiner kleinsten Spende Auch wert zu sein; bald aber, ach zum Schaden, Erlahmt sein Flug, und klar sieht er am Ende, Nie kann der Dankesschuld er sich entladen, Für so viel Gnaden! Je m?cht'ger lodern deiner Seele Flammen, Je mehr sink' ich in toten Staub zusammen.
23. Sophie Hasenclever.

Was ist es, das die Seele mir entzündet? Ahn' ich der Gottheit Glanz, die Strahlen kr?nen? Sah ich auf Erden je ein Bild des Sch?nen, Das meine Seele zitternd nachempfindet?
Blieb mir ein Himmelsstrahl, der nie erblindet, Von jener Seligkeit, nach der mit Tr?nen Sich die verbannten Menschenherzen sehnen, Die niemals ganz aus dem Ged?chtnis schwindet?
Das, was ich fühl' und schau', das, was mich leitet, Ist nicht in mir, noch weiss ich, wo es finden! Zeig' du es mir, denn seit ich dich erschaue,
Fühl' ich, wie sich in meinem Busen streitet Ein Ja und Nein, ein bittersüss Empfinden; Gewiss dein Auge ist es, holde Fraue!
24. Sophie Hasenclever.

"Sprich Amor, ist es Wahrheit, ist's ein W?hnen, Dass G?tterpracht der Herrin Antlitz schmückt, Oder hat mich ein inn'res Bild entzückt, Und seh' ich hier den Abglanz jenes Sch?nen?
Du weisst es, denn du kamst mit ihr; mein Sehnen Entfachst nur du, nur du hast mich berückt; Doch fleh' ich, trotz der Qual, die mich bedrückt, Nicht mindre diese Flammen, diese Tr?nen!"
"Die Sch?nheit, die du siehst, entstammt der Erde, Doch w?chst ihr Glanz, steigt sie zu h?hern Sph?ren; Durch deine Augen tritt sie in die Seele,
Und diese, dass gleich ihr unsterblich werde Die Sch?nheit, nimmt sie auf, sie zu verkl?ren; So laut're Sch?nheit siehst du, ohne Fehle."
25. Sophie Hasenclever.

O meine Augen, wisst: Die Zeit vergeht, die Stunde kommt heran, Wo trüber Tr?nen Born sich schliesst!
Gott halt' euch aufgetan, So lange meiner Herrin Huldgestalt Auf Erden wallt.
Schliesst sich der Himmel auf, Und meine Erdensonne Lenkt, euch entrückt, den Lauf Hinan zu aller Sel'gen Wonne, Was bleibt euch fürder noch zu schauen dann?
26. Hans Grasberger.

AN VITTORIA COLONNA.
Wenn Kunst, im Stein gestaltend, Erschaffend und erhaltend, Dir dauernd Leben gibt durch Menschenh?nde Bis an der Zeiten Ende, Wie k?nnte erst der Himmel dich verkl?ren, Der Himmel, g?ttlich waltend, Der h?h'rer Sch?nheit Spende Als Menschenkunst verleiht, wollt' er dir Hehren Auf Erden schon Unsterblichkeit gew?hren! Doch ach, dein Bild besteht, und du musst sterben? Wer r?cht hier dein Verderben? Dich r?che die Natur, denn sieh, es bleibet Der Menschen Werk, indes ihr Werk zerst?ubet.
27. Sophie Hasenclever.

AUF VITTORIA COLONNAS TOD.
Als sie, um die viel Seufzer mich verzehren, Der Erde, meinem Blick und sich entschwand, Da blieb Natur, die ihrer wert uns fand, Besch?mt zurück, und, der sie sah, voll Z?hren.
Heut wird man nicht den Tod sich rühmen h?ren, Ob dieser Sonnen Sonne: ihm entwand Die Liebe sie: hier lebend festgebannt, Weilt sie dort oben unter Engelch?ren.
Wohl meinte dieser arge, b?se Tod: Verstummen müssten hier die Ruhmeskl?nge, Darin man Tugend, Seelensch?nheit ehrte.
Und dennoch spenden jetzt uns die Ges?nge Mehr Lebensglanz, als einst ihr Leben bot: Der Himmel liess uns, was ihm nicht geh?rte.
28. Bettina Jacobson.

AUF VITTORIA COLONNAS TOD.
Dass nah dem Feuer mich die Glut verzehrte, Was Wunder? Und, dass jetzt, wo es verglommen, Ich mich bekümmert fühle und beklommen, So dass ich nach und nach zu Asche werde?
Ich sah, wie Flammenschein den Ort verkl?rte, Von dem mir all die schwere Pein gekommen, Doch gab der Anblick schon mir Heil und Frommen, Der Qual und Tod in Wonne mir verkehrte.
Jetzt, da der Himmel mir des Feuers Helle, -- Die mich entzündet, mich ern?hrte, -- nimmt, Glüh' ich als Kohle noch im Aschengrabe.
Schafft mir nicht Amor Feuerstoff zur Stelle, Bleibt auch kein Fünklein mehr, das weiterglimmt, Wenn ich zu Asche mich verwandelt habe.
29. Bettina Jacobson.

AUF VITTORIA COLONNAS TOD.
Um so vollkommne Sch?nheit nicht von allen Zurückzufordern, wenn der Tod erschien, Ward einer sie verliehn: Der Hohen, Reinen, unter zartem Schleier. H?tt' allen Sterblichen es Gott gefallen, Sie zu gew?hren, war der Rückkauf teuer. Ein Hauch ward zum Befreier, Ein Augenblick, an Dauer kaum gemessen, Genügte, dass sie Gott Zurückgeholt: Kein Auge schaut sie wieder! -- Doch
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