Lass mich die Lust geniessen, Dass ewig meine Haft dich so umspannt -- Wie würden da erst Arme dich umschliessen!
10. Hermann Grimm.
Weil man wie Seelenzwang, Erscheint sie auch als Labe, Die Gunst empfindet, sich gebunden glaubt, So klagt mein Freiheitsdrang Ob deiner werten Gabe Mehr noch, als h?tte mich ein Dieb beraubt. Und kann zum Strahlenhaupt Der Sonne ungeschw?cht kein Auge dringen, Das doch erstarken müsst' bei solchem Wagen, So m?chte kraftberaubt Nicht mein Verm?gen sein, dir Dank zu bringen. Oft muss vorm überfluss der Mangel zagen, Und jener wieder über diesen klagen: Denn Liebe will nur solche Freunde nennen, (Wie selten ach)! die gleich an Glück und K?nnen.
11. Bettina Jacobson.
AN GIORGIO VASARI.
Mit deinem Griffel, deinen Farbent?nen Hast gleich die Kunst du der Natur gemacht, Ja übertroffen sie zum Teil an Macht, Da f?hig du, ihr Sch?nes zu versch?nen.
Doch heut erst wird vollst?nd'ger Sieg dich kr?nen, Dich, der auf h?h're Werke jetzt bedacht, Denn deine Schrift erhellt des Grabes Nacht Und gibt Unsterblichkeit den Erdens?hnen.
Ob auch die Kunst oft die Natur bezwungen, Ob Jahre ihre Werke nicht verletzen, Sie hindert's nicht, dass alle einst zerst?uben.
Du aber, Taten singend, die verklungen, Du, Tote weckend trotz Naturgesetzen, Wirst du und werden sie lebendig bleiben.
12. Sophie Hasenclever.
AN GIORGIO VASARI.
Ein Maultier, Kerzen, wahre Zuckermassen! So über mein Verm?gen handelt Ihr, Dazu die grosse Flasche Malvasier, Dass ich Sankt Michael muss die Wage lassen.
Zu sch?nes Wetter l?sst kein Lüftchen blasen: Das Segel h?ngt, der Kurs entschwindet mir, Mein schwaches Schifflein scheint ein Splitter schier, Den wilden Meeresfluten überlassen.
Erw?g' ich Eure Gaben, Eure Güte Und Speis' und Trank und freundliches Bedenken, Dass man auf Reisen sorglich mich behüte, --
Dann würde sich mein Dank auf nichts beschr?nken, Selbst wenn ich Euch mich selbst als solchen biete, Denn eine Schuld bezahlen, heisst nicht schenken.
13. Bettina Jacobson.
AUS DEN STANZEN ZUM LOB DES LANDLEBENS.
(Michelangelo schildert im ersten Teil des Gedichtes die Reize des l?ndlichen Lebens und stellt diesem die Reihe der Laster gegenüber, die dem Reichen in der Stadt das Leben verbittern: Zweifelsucht, Falschheit, Schmeichelei, Zwist, Betrug, Lüge, endlich, in den folgenden Stanzen, den Hochmut, die Missgunst und die sieben Todsünden, ihre Kinder.)
Der Riese Stolz bl?ht sich so hoch, dass nimmer Er uns im Staub gewahrt; manch sch?ne Stadt Zermalmt mit plumpen Sohlen er in Trümmer; Zur Sonne will er schaffen sich den Pfad, So baut er Turm auf Turm, doch ihren Schimmer Sah er noch nie, da nur ein Aug' er hat, Und dies ihm an der Ferse sitzt. Im Wahne Durchrast die Himmel er gleich dem Orkane.
Die Berge sind den Sohlen jenes Hünen, Was uns ein Sandkorn ist. Der Drachen Brut Birgt sich in seinem Fell und neben ihnen Erscheint der Walfisch in der Meeresflut Wie eine Fliege klein. Es schreckt den Kühnen Nur eins: Wenn sich erhebt der Stürme Wut Und Staub und Halme wirbelnd aufw?rts sendet, Sein einzig' Auge durch den Qualm ihm blendet.
Auch eine tr?ge Alte ist ihm teuer, Die grosse Amme seiner Ungestalt, Sie n?hrt in ihm der wilden Kühnheit Feuer, Sie reizt ihn an zu Frechheit und Gewalt. Wohnt nicht das Weib bei diesem Ungeheuer, So birgt es sich im tiefsten Felsenspalt. Geht müssig er, hockt sie in dunkler Kammer Und schickt dem Volke Hungersnot und Jammer.
Im Busen, aus dem alle übel stammen, Tr?gt sie das Zeichen ihres Herrn; die Qual Des N?chsten m?stet sie, sie schrumpft zusammen Bei andrer Glück, die Gier stillt ihr kein Mahl; Sie peinigt alle mit des Hasses Flammen Und liebt, o Wunder, selbst sich nicht einmal. Ihr Arm ist Eisen, Stein das liebeleere Das eis'ge Herz; sie schlinget Berg und Meere.
Und beider Kinder -- sieben sind's -- durchfliegen Die Welt von Pol zu Pol, ein H?llenchor; Nur die Gerechten wollen sie bekriegen, Sie schliessen auf und zu des Abgrunds Tor, Denn Beute bringen sie nach grossen Siegen; Unz?hl'ge Arme strecken sie hervor, Um nach und nach die Seelen ganz zu binden Wie Eupheuranken einen Turm umwinden.
14. Sophie Hasenclever.
EPITAPHIEN.
O fühlest du mit mir, der hier im Staube Verschlossen ruht, der Welt entrückt, Erbarmen, So spare deine Tr?nen für die Armen, Die leben, wechselndem Geschick zum Raube.
* * * * *
Warum ergreifst du Tod nicht müde Greise, Warum soll ich in meiner Blüte sterben? "Weil das, was altert in der Welt Verderben, Nicht aufschwebt und nicht weilt im Himmelskreise."
* * * * *
Nicht mordete mit hoher Jahre Waffen Der Tod die Sch?nheit, die der Staub hier deckt, Er nahm sie schnell, auf dass sie unbefleckt Zum Himmel kehre, sch?n wie sie geschaffen.
* * * * *
Geboren war ich erst vor kurzer Frist, Als man mich hier begrub; so schnell entführet Der Tod mich, dass der freie Geist kaum spüret, Wie sehr sein Zustand jetzt verwandelt ist.
* * * * *
Nicht gab der Himmel meiner Reize Fülle, Die Vielen er zum Schmuck für mich entriss, Durch meinen Tod zurück, da
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