und von den Einwohnern werden sie
wegen ihrer Felle geschätzt. Die Schläuche zum Wasserbedarf, Eimer,
sind nur dann gut, wenn sie aus Ziegen- oder Bockfellen bereitet sind.
Aber auch das gegerbte Leder, Safian, Maroquin, oder das, was heute
am bewährtesten ist, Fessian und das von Tafilet wird aus Ziegenleder
bereitet; als Fleisch zieht der Marokkaner jedoch Schaffleisch dem
Ziegenfleisch vor.
Am Morgen ehe wir den Duar verliessen, gab man uns statt der
üblichen Morgensuppe, ein Gericht grosser Bohnen, welche in Wasser
gekocht und mit Butter gegessen wurden. Wir hatten die Absicht,
Abends noch die Stadt L'xor zu erreichen. Wie am Tage vorher war die
Hitze ausserordentlich, und ich fing bald an, mich meiner überflüssigen
Kleidungsstücke zu entledigen, auch mein spanisches Mützchen wurde
dem Bündel beigefügt und dafür aus meinem Tuch zum besseren
Schutz gegen die Sonne ein Turban gedreht. Si-Embark war freundlich
genug, das Packet, mein ganzes Hab und Gut auf sein Maulthier zu
nehmen, welches in zwei an beiden Seiten angebundenen Körben,
"Schuari" genannt, verschiedene Waaren seines Herrn trug. So wurde
Tleta-Risane erreicht, Oertlichkeit, wo Dienstags ein Markt abgehalten
wird; ungefähr halbwegs zwischen Tanger und L'xor gelegen, zeichnet
sich dieser Platz sonst durch nichts aus. Manchmal soll auch in der
Nähe ein Duar zu finden sein, zu der Zeit sahen wir nur eine leere
Stätte, die aber auf den ersten Blick andeutete, dass zu Zeiten dort
grosses Leben und Treiben sein müsste. Hier standen leere Hütten aus
Zweigen, dort waren Metzgerplätze, und viele Aasgeier und Raben
durchwühlten noch den blutdurchtränkten Boden, hier sah man Asche
der Schmiedewerkstätte, dort todte Kohlenreste einer Garküche, aber
nirgends war ein Mensch zu sehen.
Da Wasser in der Nähe war und die Sonne ihren höchsten Stand
erreicht hatte, würde gelagert, und nachdem wir etwas trockenes Brod
gegessen hatten, sagte Si-Embark, er wolle einen Freund aus einem in
der Nähe lagernden Duar abholen, ich solle ihn erwarten,
gemeinschaftlich wollten wir dann nach L'xor gehen. Ich wagte nicht,
um nicht misstrauisch zu scheinen, ihn um mein Bündelchen zu bitten,
er entfernte sich und nie habe ich ihn wiedergesehen.
Ich wartete und wartete, Si-Embark kam nicht wieder; die dem
Untergange zueilende Sonne mahnte aber zum Aufbruch. Indess ein
ängstliches Gefühl beschlich mich, so allein auf jetzt völlig einsamer
Strasse weiter zu ziehen, sämmtlicher Sachen beraubt. Ich hatte vor,
nach Tanger zurückzukehren, aber ich schämte mich, nach einer
dreitägigen Reise dort und noch dazu unter solchen Verhältnissen
wieder zu erscheinen. Ich nahm noch einen tüchtigen Trunk Wasser
und vorwärts zog ich nach Süden. Da Si-Embark mir gesagt hatte, im
Funduk el Sultan in L'xor absteigen zu wollen, hoffte ich noch, ihn dort
zu finden; aber auch diese Hoffnung erwies sich als falsch.
Es war Abend, als ich L'xor erreichte, mein eigenthümlicher Aufzug,
halb europäisch halb marokkanisch gekleidet, erregte natürlich das
grösste Aufsehen. Hunderte von Menschen umdrängten mich bald,
Kinder lärmten, schimpften und schrien, auch marokkanische Juden
kamen hinzu, und das war ein Glück für mich. Der Pöbelhaufe wollte
nämlich nicht glauben, ich sei Moslim, und wenn ich auch nicht Alles
verstand, was sie mir Böses sagten, merkte ich doch so viel, dass sie
keineswegs vom Eindringen eines Christen in ihre Stadt erbaut
gewesen wären; als aber die Juden, welche spanisch verstanden, oder
wie die Marokkaner sagen, "el adjmia" reden (adjmia wendet der
Marokkaner auf jede fremde Sprache an), erklärten, ich sei allerdings
Christ gewesen, habe aber die Religion der Gläubigen angenommen,
werwandelte [verwandelte] sich das Schimpfen in ein "Gottlob", und
als die Juden nun noch hinzufügten, ich beabsichtige nach dem "dar
demana"[7] zu pilgern, um später in die Dienste des Sultans zu treten,
war Jedermann zufrieden.
[Fußnote 7: Dar demana, Haus der Zuflucht, wird Uesan von den
frommen Gläubigen genannt.]
Mittlerweile waren auch ein paar Maghaseni (Reiter der Regierung, die
zum Theil in den Städten Polizeidienst versehen) hinzugekommen;
ohne Weiteres ergriff der eine meine Hand und bedeutete, mit ihm zu
kommen. Ich wollte nicht, der Maghaseni rief immerwährend: "tkellem
el Kaid" (der Kaid lässt Dich rufen), und schien gar nicht zu fassen,
dass man einer solchen Aufforderung überhaupt Widerstand
entgegensetzen könne. Die Juden redeten zu, mitzugehen, sie selbst
würden für mich dolmetschen, ich solle nur keine Furcht haben, der
Kaid sei ein guter Mann.--Angekommen im Dar el Maghasen, wie
jedes Regierungsgebäude in Marokko genannt wird, einerlei, ob man
das Palais des Sultans oder die Wohnung eines gewöhnlichen Kaid
damit meint, wurde ich sogleich vorgelassen. Den ganzen Weg über
hatte mich immer der eine Maghaseni bei der Hand gehalten, während
der andere hinten drein ging; erst als wir vor dem Kaid waren, wurde
ich losgelassen. Auch später habe ich diese Sitte in Marokko
beobachtet, dass, wenn Jemand gerufen wurde, er immer an der Hand
vom Rufenden herbeigebracht wurde.
Der Kaid Kassem empfing mich sehr freundlich, eine Tasse Thee
erquickte mich ungemein, ich musste mich setzen und sodann begann
er zu fragen,
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