Feuer -- -- Und wieder -- -- immer wieder, bis der Schmied Den Geist erkennt, der aus der Hoellenqual Und aus dem Dunst von Russ und Hammerschlag Ihm ruhig, dankbar froh entgegenlaechelt. Den schraubt er in den Stock und greift zur Feile. Die kreischt und knirscht und frisst von dir hinweg Was noch -- -- --"
"Halt ein! Es ist genug!" "Es geht noch weiter, denn der Bohrer kommt, Der schraubt sich tief -- -- --" "Sei still! Um Gottes willen!" u. s. w. u. s. w.
So also sieht es in Maerdistan aus, und so also geht es im Innern der "Geisterschmiede von Kulub" zu! Jeder Bewohner des Sternes Sitara kennt die Sage, dass die Seelen aller bedeutenden Menschen, die geboren werden sollen, vom Himmel herniederkommen. Engel und Teufel warten auf sie. Die Seele, welche das Glueck hat, auf einen Engel zu treffen, wird in Dschinnistan geboren, und alle ihre Wege sind geebnet. Die arme Seele aber, welche einem Teufel in die Haende faellt, wird von ihm nach Ardistan geschleppt und in ein um so tieferes Elend geschleudert, je hoeher die Aufgabe ist, die ihr von oben mitgegeben wurde. Der Teufel will, sie soll zu Grunde gehen, und ruht weder bei Tag noch bei Nacht, aus dem zum Talent oder gar Genie Bestimmten einen moeglichst verkommenen, verlorenen Menschen zu machen. Alles Straeuben und Aufbaeumen hilft nichts; der Arme ist dem Untergange geweiht. Und selbst wenn es ihm gelaenge, aus Ardistan zu entkommen, so wuerde er doch in Maerdistan ergriffen und nach der Geisterschmiede geschleppt, um so lange gefoltert und gequaelt zu werden, bis er den letzten Rest von Mut verliert, zu widerstreben.
Nur selten ist die Himmelskraft, die einer solchen nach Ardistan geschleuderten Seele mitgegeben wurde, so gross und so unerschoepflich, dass sie selbst die staerkste Pein der Geisterschmiede ertraegt und dem Schmiede und seinen Gesellen "aus dem Dunst von Russ und Hammerschlag ruhig dankbar froh entgegenlaechelt". Einer solchen Himmelstochter kann selbst dieser groesste Schmerz nichts anhaben, sie ist gefeit; sie ist gerettet. Sie wird nicht vom Feuer vernichtet, sondern gelaeutert und gestaehlt. Und sind alle Schlacken von ihr abgesprungen, so hat der Schmied von ihr zu lassen, denn es ist nichts mehr an ihr, was nach Ardistan gehoert. Darum kann weder Mensch noch Teufel sie mehr hindern, unter dem Zorngeschrei des ganzen Tieflandes nach Dschinnistan emporzusteigen, wo jeder Mensch der Engel seines Naechsten ist. -- -- --
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II. Meine Kindheit.
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Ich bin im niedrigsten, tiefsten Ardistan geboren, ein Lieblingskind der Not, der Sorge, des Kummers. Mein Vater war ein armer Weber. Meine Grossvaeter waren beide toedlich verunglueckt. Der Vater meiner Mutter daheim, der Vater meines Vaters aber im Walde. Er war zu Weihnacht nach dem Nachbardorf gegangen, um Brot zu holen. Die Nacht ueberraschte ihn. Er kam im tiefen Schneegestoeber vom Wege ab und stuerzte in die damals steile Schlucht des "Kraehenholzes", aus der er sich nicht herausarbeiten konnte. Seine Spuren wurden verweht. Man suchte lange Zeit vergeblich nach ihm. Erst als der Schnee verschwunden war, fand man seine Leiche und auch die Brote. Ueberhaupt ist Weihnacht fuer mich und die Meinen sehr oft keine frohe, sondern eine verhaengnisvolle Zeit gewesen.
Geboren wurde ich am 25. Februar 1842 in dem damals sehr aermlichen und kleinen, erzgebirgischen Weberstaedtchen Ernsttal, welches jetzt mit dem etwas groesseren Hohenstein verbunden ist. Wir waren neun Personen: mein Vater, meine Mutter, die beiden Grossmuetter, vier Schwestern und ich, der einzige Knabe. Die Mutter meiner Mutter scheuerte fuer die Leute und spann Watte. Es kam vor, dass sie sich mehr als 25 Pfennige pro Tag verdiente. Da wurde sie splendid und verteilte zwei Dreierbroetchen, die nur vier Pfennige kosteten, weil sie aeusserst hart und altbacken, oft auch schimmelig waren, unter uns fuenf Kinder. Sie war eine gute, fleissige, schweigsame Frau, die niemals klagte. Sie starb, wie man sagte, aus Altersschwaeche. Die eigentliche Ursache ihres Todes aber war wohl das, was man gegenwaertig diskret als "Unterernaehrung" zu bezeichnen pflegt. Ueber meine andere Grossmutter, die Mutter meines Vaters, habe ich etwas mehr zu sagen, doch nicht hier an dieser Stelle. Meine Mutter war eine Maertyrerin, eine Heilige, immer still, unendlich fleissig, trotz unserer eigenen Armut stets opferbereit fuer andere, vielleicht noch aermere Leute. Nie, niemals habe ich ein ungutes Wort aus ihrem Mund gehoert. Sie war ein Segen fuer jeden, mit dem sie verkehrte, vor allen Dingen ein Segen fuer uns, ihre Kinder. Sie konnte noch so schwer leiden, kein Mensch erfuhr davon. Doch des Abends, wenn sie, die Stricknadeln emsig ruehrend, beim kleinen, qualmenden Oellaempchen sass und sich unbeachtet waehnte, da kam es vor, dass ihr eine Traene in das Auge trat und, um schneller, als sie gekommen war, zu verschwinden, ihr ueber die Wange lief. Mit einer Bewegung der Fingerspitze wurde die Leidesspur sofort verwischt.
Mein Vater war ein Mensch mit zwei Seelen. Die eine Seele unendlich weich, die andere tyrannisch, voll
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