Preise,
Kurz, zu einem Alten machen.
Wein, werd ich dich künftig trinken,
Werd ich dich als Alter trinken,
Sollst du mich geneigt zum Lachen,
Unbesorgt für Tod und Lügen,
Dir zum Ruhm, mir zum Vergnügen,
Kurz, zu einem Jüngling
machen.
An die J. L***
Natürlichs Ebenbild der Liebe!
Nimm hier dein künstlich Ebenbild;
Das, wenn man dich auch drüber schriebe,
Doch seines Meisters
Schwäche schilt.
Dem Maler laß es nicht entgelten,
Wenn dir dies
Bild zu wenig gleicht:
Nur auf das Urbild mußt du schelten,
Wenn
dich sein Pinsel nicht erreicht.
Dich, ähnlichstes von allen Bildern,
Hat die Natur hervorgebracht:
Jedoch wie kann ein Künstler schildern,
Was die Natur vollkommen macht?
An die Kunstrichter
Schweigt, unberauschte, finstre Richter!
Ich trinke Wein, und bin ein
Dichter.
Tut mir es nach, und trinket Wein,
So seht ihr meine
Schönheit ein.
Sonst wahrlich, unberauschte Richter,
Sonst
wahrlich seht ihr sie nicht ein!
An die Leier
Töne, frohe Leier,
Töne Lust und Wein!
Töne, sanfte Leier,
Töne
Liebe drein!
Wilde Krieger singen,
Haß und Rach und Blut
In die Laute singen,
Ist nicht Lust, ist Wut.
Zwar der Heldensänger
Sammelt Lorbeern ein;
Ihn verehrt man
länger;
Lebt er länger? Nein.
Er vergräbt im Leben
Sich in Tiefsinn ein:
Um erst dann zu leben,
Wann er Staub wird sein.
Lobt sein göttlich Feuer,
Zeit und Afterzeit!
Und an meiner Leier
Lobt die Fröhlichkeit.
An die Schwalbe
Die 12te Ode Anakreons.
Schwatzhafteste der Schwalben, sprich,
Was tu ich dir? wie straf ich
dich?
Soll ich dich um die Schwingen
Mit meiner Schere bringen?
Soll ich, zu deiner Pein,
Ein andrer Tereus sein?
Und willst du
gern der Progne gleichen?
Mußt du, zu frühe Schwätzerin,
Mußt du
von meiner Schäferin
Mir meinen schönen Traum verscheuchen?
An eine kleine Schöne
Kleine Schöne, küsse mich.
Kleine Schöne, schämst du dich?
Küsse
geben, Küsse nehmen,
Darf dich itzo nicht beschämen.
Küsse mich
noch hundertmal!
Küß und merk der Küsse Zahl.
Ich will dir, bei
meinem Leben!
Alle zehnfach wiedergeben,
Wenn der Kuß kein
Scherz mehr ist,
Und du zehn Jahr älter bist.
Antwort eines trunknen Dichters
Ein trunkner Dichter leerte
Sein Glas auf jeden Zug;
Ihn warnte
sein Gefährte:
Hör auf! du hast genug.
Bereit vom Stuhl zu sinken,
Sprach der: Du bist nicht klug;
Zu viel kann man wohl trinken,
Doch nie trinkt man genug.
Auf sich selbst
Ich habe nicht stets Lust zu lesen.
Ich habe nicht stets Lust zu
schreiben.
Ich habe nicht stets Lust zu denken;
Kurzum, nicht
immer zu studieren.
Doch hab ich allzeit Lust zu scherzen.
Doch hab ich allzeit Lust zu
lieben.
Doch hab ich allzeit Lust zu trinken;
Kurz, allezeit vergnügt
zu leben.
Verdenkt ihr mirs, ihr sauern Alten?
Ihr habt ja allzeit Lust zu geizen;
Ihr habt ja allzeit Lust zu lehren;
Ihr habt ja allzeit Lust zu tadeln.
Was ihr tut, ist des Alters Folge.
Was ich tu, will die Jugend haben.
Ich gönn euch eure Lust von Herzen.
Wollt ihr mir nicht die meine
gönnen?
Das Alter
Nach der 11ten Ode Anakreons.
Euch, lose Mädchen, hör ich sagen:
"Du bist ja alt, Anakreon.
Sieh
her! du kannst den Spiegel fragen,
Sieh, deine Haare schwinden
schon;
Und von den trocknen Wangen
Ist Blüt und Reiz
entflohn."--
Wahrhaftig! ob die Wangen
Noch mit dem Lenze
prangen,
Wie, oder ob den Wangen
Der kurze Lenz vergangen,
Das weiß ich nicht; doch was ich weiß,
Will ich euch sagen: daß ein
Greis,
Sein bißchen Zeit noch zu genießen,
Ein doppelt Recht hat,
euch zu küssen.
Das Bild an Hrn. H.
Das, Maler, ist dein Meisterstücke!
Ja, H**, ja; an Anmut reich,
Sieht dies Kind meinem Kinde gleich.
Das ist sein Haar; dies seine
Blicke;
Das ist sein Mund; das ist sein Kinn.
O Freund, o laß dichs nicht verdrüssen,
Und sieh auf jene Seite hin:
Ich muß, ich muß das Bildchen küssen.
Wie zärtlich nimmts den
Kuß nicht an:
Nur schade, daß es ihn nicht wiedergeben kann.
Das Erdbeben
Bruder, Bruder, halte mich!
Warum kann ich denn nicht stehen?
Warum kannst du denn nicht gehen?
Bruder geh, ich führe dich.
Sachte Bruder, stolperst du?
Was? Du fällst mir gar zur Erden?
Halt!
ich muß dein Retter werden.
Nu? Ich falle selbst dazu?
Sieh doch Bruder! Siehst du nicht,
Wie die lockern Wände
schwanken?
Sieh, wie Tisch und Flasche wanken!
Greif doch zu!
das Glas zerbricht!
Himmel, bald, bald werden wir
Nicht mehr trinken, nicht mehr leben!
Fühlst du nicht? des Grunds Erbeben
Droht es Bruder mir und dir.
Limas Schicksal bricht herein!
Bruder, Bruder, wenn wir sterben,
Soll der Wein auch mit verderben?
Der auf heut bestimmte Wein?
Nein, die Sünde wag ich nicht.
Bruder, wolltest du sie wagen?
Nein,
in letzten Lebenstagen
Tut man gerne seine Pflicht.
Sieh, dort sinket schon ein Haus!
Und hier auch! Nun muß man eilen!
Laß uns noch die Flasche teilen!
Hurtig! Hurtig! trink doch aus!
Das Leben
Sechs Tage kannt ich sie,
Und liebte sie sechs Tage.
Am siebenten
erblaßte sie,
Dem ersten meiner ewgen Klage.
Noch leb ich,
zauderndes Geschick!
Ein pflanzengleiches Leben.
O Himmel, ist
für den kein Glück,
Dem du Gefühl und Herz gegeben!
Oh! nimm
dem Körper Wärm und Blut,
Dem du die Seele schon genommen!
Hier, wo ich wein, und wo sie ruht,
Hier laß den Tod auf mich herab
gebeten kommen!
Was hilft es, daß er meine Jahre
Bis zu des
Nestors Alter spare?
Ich habe, trotz der grauen Haare,
Womit ich
dann zur Grube fahre,
Sechs Tage nur geliebt,
Sechs Tage nur
gelebt.
Das Paradies
Sein Glück für einen Apfel geben,
O Adam, welche Lüsternheit!
Statt deiner hätt ich sollen leben,
So wär das Paradies noch heut.--
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