Libussa | Page 5

Franz Grillparzer
mir ausgedacht. Uns jeder gab der Vater, der nun tot, Am Jahrestag von unsrer Mutter Scheiden Ein kostbar Kleinod mit der Eltern Bild In halberhobner Arbeit dargestellt, Als Gürtel eingefa?t in goldne Spangen. Und da die Zierde gleich, so sagt der Name Der Eignerin mit Sorgfalt eingepr?gt: Libussens bin ich, Tetkas oder Kaschas. Die Gürtel nun, des Vaters letzte Gabe Und geistiges Verm?chtnis noch dazu-- Sprach er doch ja: so oft ihr sie vereint, Will ich im Geist bei euch sein und mit Rat-- La?t legen uns in diese Opferschale. Tetka, die Ernste, trete dann hinzu Und deren Namen, blind sie greifend, fa?t, Die ist befreit, und also auch die Zweite. Der Dritten Gürtel wird zum Diadem Sie folgt, ob ungern, in die Fürstenwohnung. Seid ihr's zufrieden?
Libussa (Barett und Mantel abgebend und in Bauerntracht dastehend). Wohl.
Tetka. Libussa, du? Wie sonderbar gekleidet.
Libussa (sich betrachtend). Sonderbar? Verga? ich's doch beinah! Je, gute Tetka, Der Zufall kommt und meldet sich nicht an, Auftauchend ist er da; und wohl uns, wenn beim Scheiden Er ?u?erlich ver?ndert nur uns l??t. Das Kleid ist warm, und also lieb ich es.
Tetka. Doch wir--?
Libussa (das Geschmeide vom Halse nehmend). Hier ist mein Gürtel.
Tetka (ihren Gürtel abl?send). Hier der meine.
Kascha (Libussens Geschmeide nehmend). Am Hals?
Libussa. Und doch er selbst, wie ich dieselbe.
Kascha. Das ist dein Gürtel nicht.
Libussa. Wie w?re das?
Kascha. Die Ketten wohl; allein der Mutter Bildnis, Das Mittelkleinod fehlt mit deinem Namen, O Unbesonnene!
Libussa. Was schm?hst du mich?
(Die abgesendeten Jungfrauen kommen zurück.)
Dobromila. Wir waren, hohe Frau, bei den drei Eichen, Wie du befahlst, und suchten jenen Mann. Doch kam er nicht und war nicht aufzufinden.
Libussa. Nun, es ist gut. (Vor sich hin.) Das hat mir der getan!
(Die Jungfrauen ziehen sich zurück.)
Kascha. Die Nacht im Wald, in Bauerntracht gehüllt, Verloren deines Vaters Angedenken.
Libussa. Mein Vater lebt, ein Lebender, in mir, So lang ich atme lebt auch sein Ged?chtnis.
Kascha. Die Liebe knüpft sich gern an feste Zeichen, Der Leichtsinn liebt was schwankend so wie er.
Libussa. Mit einem Wort l?st' ich die R?tsel leicht, Doch würdet ihr's entstellen und verkehren. Drum halt nur was du wei?t, mein sichres Herz!
Kascha (Libussas Geschmeide hinwerfend). Der Kreis getrennt. Du kannst mit uns nicht losen.
Libussa (auf deren Wink eine Jungfrau das Geschmeide aufhebt). Nicht losen? Und wer wei?, ob ich's auch will? Ein Schritt aus dem Gewohnten, merk ich wohl, Er zieht unhaltsam hin auf neue Bahnen, Nur vorw?rts führt das Leben, rückw?rts nie. Ich soll nicht losen? Und ich will es nicht. Wo sind die M?nner aus der Czechen Rat? Den Vater will ich ehren durch die Tat, M?gt ihr das Los mit dumpfen Brüten fragen: Ich will sein Amt und seine Krone tragen.
Tetka. Libussa, oh!
Kascha. H?r erst auf mich, Libussa! Wenn ich gekr?nkt dich mit zu raschem Wort--
Libussa. Du kr?nktest mich nicht mehr, ich seh's, als dich. Doch was ich sprach, es bleibt. Mein Wort ein Fels. Und mag ich's nur gestehn! Denk ich von heut Mich wieder hier in eurer stillen Wohnung Besch?ftigt mit--wei? ich doch kaum womit-- Mit Mitteln zu den Mitteln eines Zwecks, Mit Mond und Sternen, Kr?utern, Lettern, Zahlen, Dünkt's allermeist einf?rmig mir und kahl. Dies Kleid es reibt die Haut mit dichtern F?den Und weckt die W?rme bis zur tiefsten Brust Mit Menschen Mensch sein dünkt von heut mir Lust, Des Mitgefühles Pulse fühl ich schlagen, Drum will ich dieser Menschen Krone tragen.
Heraus Wladiken! Czechenvolk heraus!
Die Jungfrauen (rufen). Libussa Herzogin! Der B?hmen Fürstin!
(Domaslav, Biwoy, Lapak und die übrigen Abgeordneten aus der Pforte links.)
Domaslav. T?uscht unser Ohr und h?rten wir genau? Erkürt der B?hmen Fürstin, unsre Frau? Und welche will--?
Libussa. Hier ist von Wollen nicht, Von Müssen ist die Rede und von Pflicht. Und da nun eine mu? aus unsrer Zahl, So will ich und begebe mich der Wahl.
Lapak. Libussa, du?
Libussa. Die Jüngste aus dem Kreise Und minder gut vielleicht als sie und minder weise, Auf ihnen würde Hohes gut beruhn; Doch handelt sich's um irdisch niedres Tun, Wo zu viel Einsicht sch?dlich dem Vollbringen, Fernsichtigkeit geht fehl in nahen Dingen. Wenn nun des Vaters Geist auf mir beruht, So fügt sich's wie es kann und, hoff ich, gut. Seid ihr's zufrieden?
Die Abgeordneten (kniend). Hoch Libussa, hoch! Der B?hmen Herzogin, der Czechen Fürstin!
Libussa. Steht auf! sind's diese nicht und dieser Ort Was euch zu Boden zieht. Doch h?rt mein Wort. Es hielt euch fest des Vaters strenge Rechte Und beugt' euch in heilsam weises Joch. Ich bin ein Weib und, ob ich es vermochte, So widert mir die starre H?rte doch. Wollt ihr nun mein als einer Frau gedenken, Lenksam dem Zaum, so da? kein Stachel not, Will freudig ich die Ruhmesbahn euch lenken, Ein überh?rtes w?r' mein letzt' Gebot. So wie ich ungern nun von hinnen scheide, Lenkt' ich zurück dann meinen müden Lauf Und tr?te bittend zwischen diese beide; Ihr n?hmet, Schwestern, mich doch wieder auf?
Kascha. Wenn
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