Leben und Tod Konigs Richard des zweyten | Page 5

William Shakespeare
gerechte Sache fechte, so schüze mich der Himmel!
(Die Trompeten erschallen; Bolingbroke, als ein Appellant, tritt in
vollen Rüstung auf.)
König Richard. Marschall, frage jenen bewaffneten Ritter wer er ist,
warum er hier in diesem kriegrischen Aufzug erscheint? Und laß ihn,
unsern Gesezen gemäß, förmlich auf die Gerechtigkeit seiner Sache
schwören.
Marschall. Wie ist dein Nahme, und warum kommst du vor König
Richards Gegenwart, in seine königliche Schranken? Gegen wen
kommst du und was hast du für eine Sache? Rede, wie ein
rechtschaffner Ritter, und so beschüze dich der Himmel!
Bolingbroke. Ich bin Heinrich von Hereford, Lancaster und Derby, und
stehe hier in dieser Waffenrüstung, durch Gottes Gnade und meine
Tapferkeit gegen Thomas Mowbray Herzog von Norfolk zu beweisen,
daß er ein schändlicher und verderblicher Verräther an Gott im Himmel,
dem König Richard und an mir ist, und so wie ich für Recht und
Wahrheit kämpfe, beschüze mich der Himmel!
Marschall. Bey Strafe des Todes erfreche sich niemand, diese
Schranken zu berühren, als der Marschall, und diejenigen Officiers,
welche zu Anordnung des Kampfs bestellt sind.
Bolingbroke. Lord Marschall, laßt mich meines Königs Hand küssen
und meine Knie vor seiner Majestät beugen; Mowbray und ich sind wie
zween Männer, die eine lange und gefährliche Pilgrimschaft geloben;
es sey uns also vergönnt einen feyrlichen Abschied von unsern
Freunden zu nehmen.
Marschall. Der Kläger bittet sich die Gnade aus, Euer Majestät seine
Schuldigkeit zu bezeugen, und seinen Abschied zu nehmen.

König Richard. Wir wollen herabsteigen, und ihn in unsre Arme
schliessen. Vetter von Hereford, so wie deine Sache gerecht ist, so sey
dein Glük in diesem königlichen Kampfe! Fahre wohl, mein Blut; und
wenn dein Verhängniß ist, es an diesem Tag zu vergiessen, so werden
wir trauren, aber keine Rache an dem Thäter nehmen.
Bolingbroke. O laßt kein edles Aug' eine Thräne für mich entweihen,
wenn ich durch Mowbrays Lanze falle! Aber so muthig wie ein Falke
auf einen Vogel schießt, geh' ich mit Mowbray zu fechten. Mein
theurer Herr, ich nehme meinen Abschied von euch, und von euch,
mein edler Vetter, Lord Aumerle--nicht niedergeschlagen, ob ich gleich
eine tödtliche Arbeit vor mir habe, sondern munter, jugendlich, und
frölich athmend--O du, der irdische Schöpfer meines Wesens,
(zu Gaunt.)
dessen ehmaliger Jugend-Geist in mir wiedergebohren, mich mit
zwiefacher Stärke emporhebt, den Sieg zu erreichen, der über meinem
Haupte schwebt; stähle meine Rüstung durch dein Gebet, und schärfe
durch deinen Segen die Spize meiner Lanze, daß sie Mowbrays
gewichstes Wamms durchdringen und dem Namen Johann von Gaunt
durch das edle Betragen seines Sohns einen neuen Glanz gebe!
Gaunt. Der Himmel begünstige dich in deiner gerechten Sache! Sey
behend im Streit wie der Bliz, und laß deine Streiche, zweymal
verdoppelt, wie betäubende Donnerschläge auf den Helm deines
verderblichen Gegners herab stürzen. Feure dein jugendliches Blut an,
sey tapfer, und lebe!
Bolingbroke. So helfen mir meine Unschuld, Gott, und St. George!
Mowbray. Was für ein Loos auch der Himmel oder das Glük für mich
ziehen mag, so leb' oder sterb' ich hier, getreu an König Richards Thron,
ein pflichtmäßiger, redlicher und rechtschaffner Edelmann! Nie hat ein
Gefangner mit einem frohern Herzen seine Ketten abgeworfen, und
seine goldne unabhängige Befreyung umfaßt, als womit meine
tanzende Seele an diesem Kampf mit meinem Feind, wie an einem
Freuden-Fest sich erlustiget. Großmächtigster Oberherr, und ihr meine
edlen Freunde, empfangt aus meinem Munde den Wunsch glüklicher
Jahre! So freudig und guten Muths wie zu einem Ritterspiel, geh' ich zu
diesem Kampf; Redlichkeit hat ein ruhiges Herz.
König Richard. Fahre wohl, Milord; ich sehe Tugend und Muth ruhig
in deinen Augen ligen. Ordnet den Kampf an, Marschall, und beginnt!

Marschall. Heinrich von Hereford, Lancaster und Derby, empfange
diese Lanze, und der Himmel schüze dein Recht!
Bolingbroke. Fest in Hoffnung wie ein Thurm, ruf ich Amen!
Marschall. Geh, bringe diese Lanze Thomas, Herzogen von Norfolk.
1. Herold. Heinrich von Hereford, Lancaster und Derbey, steht hier für
Gott, seinen Lehnsherrn und ihn selbst, bey Straffe falsch und
meineidig erfunden zu werden, zu beweisen, daß Thomas Mowbray,
Herzog von Norfolk ein Verräther an seinem Gott, seinem König und
ihm sey, muthig steht er hier und fordert ihm zum Kampf auf!
2. Herold. Hier steht Thomas Mowbray, Herzog von Norfolk, bey
Straffe falsch und meineidig erfunden zu werden, beydes sich selbst zu
vertheidigen, und zu beweisen, daß Heinrich von Hereford, Lancaster
und Derbey ein Verräther an Gott, seinem Lehnsherrn, und ihm sey;
und er wartet muthvoll und mit Verlangen auf das Zeichen zum
Anfang.
(Man blaßt zum Angriff.)
Marschall. Blaset Trompeten, und ihr Kämpfer, rüket aus--Doch halt!
Der König hat seinen Stab hingeworffen.
König Richard. Laßt sie ihre Helme und Lanzen bey Seite legen, und
beyde zu ihren Stühlen zurük kehren; entfernt euch mit uns, und laßt
die Trompeten schallen, bevor wir diesen Herzogen unsern Willen
kund thun.
(Trompeten.)
König Richard (Zu den Kämpfern:) Kommt näher herbey, und höret,
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