der Werth, der Edelsinn, welche unter dem
Strohdach wohnen, sind lieb und ehrwürdig seinem Herzen. Und so
über die niedrigsten Regionen des menschlichen Daseyns ergiesst er die
Glorie seines eigenen Gemüths und sie steigen, durch Schatten und
Sonnenschein gesänftigt und verherrlicht, zu einer Schönheit, welche
sonst die Menschen kaum in dem Höchsten erblicken."
"Hat er auch ein Selbstbewusstseyn, welches oft in Stolz ausartet, so ist
es ein edler Stolz, um abzuwehren, nicht um anzugreifen, kein kaltes
misslaunisches Gefühl, ein freyes und geselliges. Dieser poetische
Landmann beträgt sich, möchten wir sagen, wie ein König in der
Verbannung; er ist unter die Niedrigsten gedrängt und fühlt sich gleich
den Höchsten; er verlangt keinen Rang, damit man ihm keinen streitig
mache. Den Zudringlichen kann er abstossen, den Stolzen demüthigen,
Vorurtheil auf Reichthum oder Altgeschlecht haben bey ihm keinen
Werth. In diesem dunklen Auge ist ein Feuer, woran sich eine
abwürdigende Herablassung nicht wagen darf; in seiner Erniedrigung,
in der äussersten Noth vergisst er nicht für einen Augenblick die
Majestät der Poesie und Mannheit. Und doch, so hoch er sich über
gewöhnlichen Menschen fühlt, sondert er sich nicht von ihnen ab, mit
Wärme nimmt er an ihrem Interesse Theil, ja er wirft sich in ihre Arme
und, wie sie auch seyen, bittet er um ihre Liebe. Es ist rührend zu sehen,
wie in den düstersten Zuständen dieses stolze Wesen in der
Freundschaft Hülfe sucht, und oft seinen Busen dem Unwürdigen
aufschliesst; oft unter Thränen an sein glühendes Herz ein Herz
andrückt, das Freundschaft nur als Namen kennt. Doch war er scharf
und schnellsichtig, ein Mann vom durchdringendsten Blick, vor
welchem gemeine Verstellung sich nicht bergen konnte. Sein Verstand
sah durch die Tiefen des vollkommensten Betrügers, und zugleich war
eine grossmüthige Leichtgläubigkeit in seinem Herzen. So zeigte sich
dieser Landmann unter uns: Eine Seele wie Aeolsharfe, deren Saiten
vom gemeinsten Winde berührt, ihn zu gesetzlicher Melodie
verwandelten. Und ein solcher Mann war es für den die Welt kein
schicklicher Geschäft zu finden wusste, als sich mit Schmugglern und
Schenken herumzuzanken, Accise auf den Talg zu berechnen und
Bierfässer zu visiren. In solchem Abmühen ward dieser mächtige Geist
kummervoll vergeudet, und hundert Jahre mögen vorüber gehen, eh uns
ein gleicher gegeben wird, um vielleicht ihn abermals zu vergeuden."
* * *
Und wie wir den Deutschen zu ihrem Schiller Glück wünschen, so
wollen wir in eben diesem Sinne auch die Schottländer segnen. Haben
diese jedoch unserm Freunde so viel Aufmerksamkeit und Theilnahme
erwiesen, so wär' es billig, dass wir auf gleiche Weise ihren Burns bey
uns einführten. Ein junges Mitglied der hochachtbaren Gesellschaft, der
wir gegenwärtiges im Ganzen empfohlen haben, wird Zeit und Mühe
höchlich belohnt sehen, wenn er diesen freundlichen Gegendienst einer
so verehrungswürdigen Nation zu leisten den Entschluss fassen und das
Geschäft treulich durchführen will. Auch wir rechnen den belobten
Robert Burns zu den ersten Dichtergeistern, welche das vergangene
Jahrhundert hervorgebracht hat.
Im Jahr 1829 kam uns ein sehr sauber und augenfällig gedrucktes
Octavbändchen zur Hand: _Catalogue of German Publications, selected
and systematically arranged for W. H. Koller and Jul. Cahlmann.
London._
Dieses Büchlein, mit besonderer Kenntniss der deutschen Literatur, in
einer die Uebersicht erleichternden Methode verfasst, macht
demjenigen der es ausgearbeitet und den Buchhändlern Ehre, welche
ernstlich das bedeutende Geschäft übernehmen eine fremde Literatur in
ihr Vaterland einzuführen, und zwar so dass mann in allen Fächern
übersehen könne was dort geleistet worden, um so wohl den Gelehrten
den denkenden Leser als auch den fühlenden und Unterhaltung
suchenden anzulocken und zu befriedigen. Neugierig wird jeder
deutsche Schriftsteller und Literator, der sich in irgend einem Fache
hervorgethan, diesen Catalog aufschlagen um zu forschen: ob denn
auch seiner darin gedacht, seine Werke, mit andern Verwandten,
freundlich aufgenommen worden. Allen deutschen Buchhändlern wird
es angelegen seyn zu erfahren: wie man ihren Verlag über dem Canal
betrachte, welchen Preis man auf das Einzelne setze und sie werden
nichts verabsäumen um mit jenen die Angelegenheit so ernsthaft
angreifenden Männern in Verhältniss zu kommen, und dasselbe
immerfort lebendig erhalten.
* * *
Wenn ich nun aber das von unserm Schottischen Freunde vor soviel
Jahren verfasste Leben Schillers, auf das er mit einer ihm so wohl
anstehenden Bescheidenheit zurücksieht, hiedurch einleite und
gegenwärtig an den Tag fördere, so erlaube er mir einige seiner neusten
Aeusserungen hinzuzufügen, welche die bisherigen gemeinsamen
Fortschritte am besten deutlich machen möchten.
* * *
Thomas Carlyle an Goethe.
den 22. December 1829.
"Ich habe zu nicht geringer Befriedigung zum zweitenmale den
Briefwechsel gelesen und sende heute einen darauf gegründeten
Aufsatz über Schiller ab für das Foreign Review. Es wird Ihnen
angenehm seyn zu hören, dass die Kentniss und Schätzung der
auswärtigen, besonders der deutschen Literatur, sich mit wachsender
Schnelle verbreitet so weit die englische Zunge herrscht; so dass bey
den Antipoden, selbst in Neuholland, die Weisen Ihres Landes ihre
Weisheit predigen. Ich habe kürzlich gehört, dass sogar in

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