Land und Volk in Afrika | Page 6

Gerhard Rohlfs
benutzte man anstatt ordentlicher Segel irgend ein grosses Kleidungsst��ck, theils auch waren es viereckige grosse St��cke Zeug, aus einheimischen schmalen Cattunstreifen zusammengen?ht. Nach beiden Seiten ragten sie nat��rlich weit ��ber das schmale Kanoe hinaus. Man hatte mir gesagt, dass alle Abend ein gr?sseres, dem Gouverneur von Lagos geh?rendes Schiff her��berk?me und dass es am besten sein w��rde, mit diesem ��berzufahren. Es kam dies denn auch bald in Sicht, indem es erkenntlich war au einer weissen Flagge, auf welche ein V.R. (Victoria regina) gestickt war.
Ein uniformirter Neger sprang aus dem Boote und noch zwei andere folgten, die seine Untergebenen zu sein schienen. Wir wurden schnell mit einander bekannt, obgleich der uniformirte Bootsf��hrer das Englisch auf jene eigene Art der Neger spricht, wodurch es fast zu einer neuen Sprache wird.
Er sagte mir, er w��rde noch am selben Abend zur��ckfahren, erbat sich auch, da sein Schiff hinl?nglich gross sei, mein Pferd mitzunehmen, welches ich jedoch, als bei einer Nachtfahrt zu gef?hrlich, ausschlug. Als ich dann aber um 9 Uhr Abends das Fahrzeug bestieg, liess ich das Pferd unter der Obhut des kleinen No?l zur��ck, indem ich ihm sagte, so lange im Landungsorte von Ikor��du zu bleiben, bis die anderen Diener und Esel ank?men, und dies konnte wohl kaum vor Mitternacht oder dem folgenden Morgen der Fall sein.
Wir waren also im Ganzen zu vier Mann, und sobald wir es uns bequem gemacht hatten, spannten die Neger die Segel auf, um den zwar nicht starken, aber jetzt bei Nacht g��nstig wehenden Landwind zu benutzen. Ueberdies schaufelten sie noch mit ihren kleinen runden Rudern, so dass wir schnell das Ufer verliessen. Aber nur ungef?hr eine Stunde hielten sie so bei, denn, sei es M��digkeit oder hatte der Bar��ssa, so heisst in der Lingua franca der Branntwein, das Seinige gethan, sie legten die Schaufeln nieder und ��berliessen sich einem ruhigen Schlafe. Das Schiff folgte indess mit aufgespanntem Segel noch leise dem Hauche des Windes, obgleich derselbe fast ganz nachgelassen hatte, und der heiterste tiefblaue Sternenhimmel sich ��ber uns w?lbte. Auch ich, denkend, es sei eben so passend, Morgens in Lagos anzukommen, als mitten in der Nacht, dachte keineswegs daran, sie wieder aufzuwecken, sondern streckte mich ebenfalls auf meiner Matte aus, und die fremden Sternbilder betrachtend, schlief ich auch schnell ein, erm��det, wie ich von einem langen Ritte war.
Aber lange sollte unser Schlaf nicht dauern und die lieblichen Bilder von Venedigs Lagunen, die sich mir im Traume vorstellten, wurden unsanft durch eine starke Schaukelbewegung des Kanoe zerst?rt. Ich richtete mich schnell auf, und der pechschwarze Himmel, das Zucken der Blitze ��berzeugte mich schnell, dass einer jener Tornado im Anzuge sei, von deren f��rchterlicher Gewalt und Heftigkeit eben nur die heisse Zone Zeuge ist.
Trotz des heftigen Stosses waren meine schwarzen Begleiter nicht erwacht, erst auf mein Rufen und auf eine handgreifliche Demonstration sprangen sie auf, und ein f��rchterlicher zweiter Windstoss, der von allen Seiten zugleich herzukommen schien, brachte ihnen rasch das Gef?hrliche unserer Lage vor Augen. Schnell half ich ihnen die immer noch ausgespannten Segel mit reffen, was wegen der entsetzlich starken und unregelm?ssig bald hier, bald dort her kommenden Windst?sse keine Kleinigkeit war, dann aber nahm in kurzer Zeit der Sturm dermassen zu, und sein Toben war zuweilen nur noch durch das Krachen des Donners ��bert?nt, dass wir innerhalb f��nf Minuten an's Ufer geschleudert waren.
Aber keineswegs war unsere Lage hierdurch verbessert, denn wenn ich Ufer sage, so muss man dabei nicht an einen Strand oder auch nur sonst etwas Aehnliches denken: wir wurden gegen die Tausende von Mangrovenst��tzen oder Wurzeln geworfen, die weit vom wirklichen Ufer aus, oft eine Viertelstunde entfernt oder l?nger sich ins Wasser hineinerstrecken, und unter g��nstigen Umst?nden von ihren vorstreckenden Zweigen allj?hrlich neue Luftwurzeln, die das Wasser suchen, abwerfen, welche mit der Zeit zu dicken St��tzen oder St?mmen werden. Wer nicht selbst an salzseeartigen Lagunen diese eigenth��mliche Vegetation der Mangroven gesehen hat, kann sich kaum durch eine blosse Beschreibung einen Begriff davon machen. Am besten glaube ich, wird man mich verstehen, wenn ich sage, dass eine dicke gr��ne Laubdecke von Tausenden von dicken oft 3-4, oft aber auch von 10 Fuss hohen St��tzen getragen, ��ber dem Wasser zu ruhen scheint. Unter dieser Laubdecke ist aber das Wasser noch sehr tief, und je weiter vom wahren Ufer ab, je tiefer. Gegen diese St?mme aus Luftwurzeln urspr��nglich gebildet, wurde nun unser Schiffchen durch die widerstandlose Kraft des Windes geschleudert, und jeder hohe Wellenschlag, abgesehen davon, dass er es fortw?hrend mit Wasser f��llte, schien, als ob er es zertr��mmern m��sse.
Unter den f��rchterlichsten Regeng��ssen, einem unaufh?rlichen Donnergeroll, bei einer pechschwarzen Finsterniss, oft indess durch nahe electrische Feuerschl?ge, die zischend ins tobende Wasser fielen, taghell erleuchtet, blieben wir so mehrere Stunden lang in dieser gef?hrlichen Lage. Vergebens bem��hten wir uns durch Festklammern an die Baumst?mme dem Schiffe mehr Halt zu geben, eine jede neue Welle riss uns wieder weg
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