Land und Volk in Afrika | Page 4

Gerhard Rohlfs
f��hle, dass ich liege.
Ich denke ungeheuer schnell und glaube, dass ich beim Schreiben dieser Zeilen Stunden zubringe.
8 Uhr. Mein Blut schl?gt Wellen, und einzelne Theile fallen von meinem K?rper, obgleich ich mich dumm[2] niederschreibe, denn ich habe vollkommen freies Bewusstsein, dass ich alle Glieder besitze. Ich denke, ich will ausgehen.
8 Uhr 20 Minuten. Ich tr?umte, ich ginge aus, die Strassen der Stadt verl?ngerten sich und waren mir ganz unbekannt, die H?user sehr hoch; ich glaube, ich war in der Polizeiveranda, wo ein Mann war, um zu petitioniren und zu mir mit einem Gesuch kam; ich ging dann zur��ck und setzte mich vor mein Haus.
Ich bin ohne allen Willen; die Wand gegen��ber meinem Hause war sch?n tapezirt, auch h?rte ich von fern sch?ne Musik und jetzt schreibe ich und sehe, dass Alles erlogen ist.
Ich will mich legen, aber bin ich wirklich verr��ckt?
Ich liege jetzt (8 Uhr 30 Minuten), mein Wille ist ganz weg und in mir grosser Sturm. Das Licht brennt seit Stunden und ich kann es nicht ausblasen, aber ich schreibe, und da ich denke, so bin ich doch wohl nicht gel?hmt.
Bin ich wirklich hier? Mein Hinterkopf ist sehr angef��llt. Ich bin ungemein leicht, und wenn ich nicht schriebe, w��rde ich in der Luft schweben.
#26. Januar Morgens.#
Bis so weit hatte ich gestern Verm?gen gehabt, w?hrend des Rausches zu schreiben; ich verfiel dann in einen festen Schlaf, aus dem ich heute Morgen um 9 Uhr erwachte. Nachdem ich die im Rausche niedergeschriebenen Empfindungen gelesen, war meine erste Frage, ob ich wirklich nach der Polizeiveranda gegangen sei, oder dies blos getr?umt habe? Es fand sich denn, dass ich wirklich dagewesen sei, ganz vern��nftig gesprochen habe, ��berhaupt Niemand auch nur die leiseste Ahnung hatte, dass ich im Tekrurizustande mich bef?nde.
Nachtr?glich kann ich nun noch constatiren, dass
1) man sich ungemein leicht glaubt und oft zu schweben meint.
2) Dass der Puls, im Anfange vermindert, im vollen Stadium des Rausches eine solche Geschwindigkeit erreicht, dass es f��r den im Rausche Befindlichen unm?glich ist, ihn zu z?hlen.
3) Starker Blutandrang nach dem Hinterkopfe.
4) Auffallende L?hmung der Willenkraft.
5) Das Ged?chtniss verliert seine Regeln, naheliegende Dinge werden vergessen, andere aus l?ngst vergangenen Zeiten werden aufgefrischt.
6) Alles erscheint in den sch?nsten Farben und in vollkommener Harmonie.
7) Manchmal lichte Augenblicke, verbunden mit schrecklicher Angst, dass dieser Zustand immer dauern m?ge.
8) Endlich der ganze Rausch sui generis, und eher ein Verr��cktsein, als das, was wir Europ?er unter Rausch verstehen, zu nennen.
Heute Morgen indess befinde ich mich vollkommen wohl und versp��re auch nicht im Mindesten einen sogenannten Katzenjammer.

Von Lagos nach Liverpool
Es war als ob Afrika erbittert sei, dass ein Weisser es gewagt hatte, den ganzen Continent, den die Araber unter dem Namen "Das Land der Schwarzen" schlechtweg bezeichnen, durchschnitten hatte, denn als ich Icor��du verliess, um vom eigentlichen Festlande nach Lagos ��berzusetzen, welches eine Insel in den Ossa-Lagunen ist, w?ren wir zuletzt beinahe noch mit Mann und Maus, wie wir Deutsche zu sagen pflegen, untergegangen.
Die Sache verhielt sich so. Am letzten Tage hatte ich meinen Diener Hammed den Dolmetsch, einen kleinen Negerburschen, den ich von Lok��ja aus als Geschenk f��r den Gouverneur in Lagos mitgenommen hatte, so wie unsere Packesel zur��ckgelassen, indem ich mich allein fr��h Morgens von Mak��m, (siehe Dr. Grundemann's Missions-Atlas, Blatt Nr. 6) zu Pferde auf den Weg machte, blos von meinem kleinen Privatneger No?l, der w?hrend der langen Reise sich zu einem unerm��dlichen Fussg?nger herangebildet hatte, sowie von einem Lagos-Bewohner (ebenfalls zu Pferde) begleitet, der schon von Ib��dan an mit mir reiste, und dessen Frau, welche auf dem Kopfe grosse K��rbisschalen trug, in denen sie ihre Vorr?the hatte, ihrem Manne zu Fuss treu nachtrabte. Denn unsere Pferde, als ob sie w��ssten, dass auch sie nun bald w��rden erl?st sein, schritten wacker aus, obgleich das meinige schon seit Tagen nur noch von Gras lebte, indem Korn, so viel Muscheln wir auch immerhin boten, um keinen Preis aufzutreiben war. So ununterbrochen dahin reitend, immer im dichten Urwalde, dessen Pfad so eng war und so ��berwachsen, dass man ?fter absteigen musste, da der Reiter zu hoch war, erreichten wir denn auch ohne weitere Ereignisse und Unf?lle die wichtige Handelsstadt Ikor��du ungef?hr gegen 1 Uhr Nachmittags.
Ikor��du, ausschliesslich von Schwarzen vom Stamme Ijebu bewohnt, die jedoch mit ihren Stammesgenossen in keinem allzu freundlichen Verh?ltnisse stehen, da sich die Stadt des Handels wegen in eine Art Abh?ngigkeitsverh?ltniss zum Gouvernement von Lagos gestellt hat, wetteifert jetzt mit Abeok��ta, einer Stadt von 100,000 Einwohnern, um die Landesproducte, haupts?chlich Palm?l, Palmn��sse und Baumwolle gegen die europ?ischen Fabrikate, besonders Schnaps, Pulver, Gewehre, Zeugstoffe und andere kleine Artikel umzutauschen. Und Ikor��du w��rde vielleicht bald Abeok��ta bedeutend im Handel ��bertreffen, weil es nur vier Stunden von Lagos entfernt liegt, wenn nicht eben diese Stadt am schiffbaren Ogun-Flusse l?ge, sodass also die Producte schon mehrere Tage weit auf die bequemste und leichteste Weise ins Innere transportirt werden k?nnen.
Wir hielten uns ��brigens gar nicht
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