heilen, wenn sie ihm nicht den Grad der Krankheit et cetera zeige. Die Dame entschlie?t sich zu der Prozedur. Ich d?chte, das Bisherige ist so ziemlich der h?chste Grad der Sch?ndlichkeit, zum mindesten ein hoher Grad von Frechheit, dergleichen in einem belletristischen Blatt zur Sprache zu bringen. Eine Dame, _glücklich_ verheiratet, seit vierzehn Tagen ein glückliches Weib und Ehebrecherin! Aber nein! Der Faun hat hieran nicht genug; er ladet uns zu der Prozedur selbst ein; er rückt den Sessel ans Fenster, er setzt die Dame in Positur, er beschreibt uns von der Zehenspitze aufw?rts seine Beobachtungen!!!
Ich wiederhole es, man kann von einem solchen Frevel nur zu sprechen wagen, wenn er offenkundig geworden ist, wenn man die Absicht hat, ihn zu rügen. Warum in einem ?ffentlichen Blatte etwas _erz?hlen_, was man in guter Gesellschaft nicht _erw?hnen_ darf? Aber das ist H. Clauren, der geliebte, verehrte, geachtete Schriftsteller, der Mann des Volkes. Schande genug für ein Publikum, das sich Sch?ndlichkeiten dieser Art ungestraft erz?hlen l??t!
In die eben erw?hnte Kategorie von berechnetem Augenreiz für M?nner geh?ren auch die Situationen, in welchen wir oft die Heldinnen finden. Bald wird uns ausführlich beschrieben, wie Magdalis aussah, als sie zu Bette gebracht wurde, bald weidet man sich mit Herrn Stern an Doralicens Angst, zu zwei schlafen zu müssen, bald h?rt man Vally im Bade pl?tschern und m?chte ihrer naiven Einladung dahin folgen, bald sieht man ein Kammerm?dchen im Hemde, das kichernd um Pardon bittet; der glühenden, durch alle Nerven zitternden Küsse, der Blicke beim Tanze abw?rts auf die Wellenlinien der T?nzerinnen u. dgl. nicht zu gedenken; Honigworte für Leute, die nichts H?heres kennen als Sinnlichkeit, k?stlich kandierte Zoten für einen verw?hnten Gaumen, treffliches Hausmittel für junge Wüstlinge und alte Gecken, die mit ihrer moralischen und physischen Kraft zu Rande sind, um dem Restchen Leben durch diese Reizmittel aufzuhelfen!
Ein zweites Reizmittel für M?nner sind jene Zutaten, die den Gaumen kitzeln. "Heda, Kellner, hieher sechs Flaschen des brüsselnden Schaumweins! Ha, wie der Kork knallend an die Decke f?hrt! Eingeschenkt, la?t ihn nicht verrauchen! Jetzt für jeden zwei, drei Dutzend Austern draufgesetzt!" Ist diese Sprache nicht herrlich? Wird man nicht an Homer erinnert, der immer so redlich angibt, was seine Helden verspeisten; freilich gab er ihnen nur gew?hnliches "Schweinefleisch", und die Weinsorten rühmt er auch nicht besonders; aber ein Clauren ist denn doch auch etwas anderes als Homer; wer wollte es übel nehmen, wenn er die Korke fliegen l??t und Austern schmaust, fünfhundert Stück zum ersten Anfang?
Ich kannte einen jener bedauernswürdigen Menschen, die man in gl?nzendem Gewand, mit zufriedener Miene auf den Promenaden umherschlendern sieht. Ihr haltet sie für das glücklichste Geschlecht der Menschen, diese Pflastertreter; sie haben nichts zu tun und vollauf zu leben. Ihr t?uschet euch; oft hat ein solcher Herr nicht so viel kleine Münze, um eine einfache Mittagskost zu bezahlen, und was er an gro?em Gelde bei sich tr?gt, kann man nicht wohl wechseln. Einen solchen nun fragte ich eines Tages: "Freund, wo speiset Ihr zu Mittag? Ich sehe Euch immer nach der Tafelzeit mit zufriedener Miene die Stra?e herabkommen, mit der Zunge schnalzend oder in den Z?hnen stochernd; bei welchem berühmten Restaurant speiset Ihr?"
"Bei Clauren," gab er mir zur Antwort.
"Bei Clauren?" rief ich verwundert. "Erinnere ich mich doch nicht, einen Stra?enwirt oder Garkoch dieses Namens in hiesiger Stadt gesehen zu haben."
"Da habt Ihr recht," entgegnete er; "es ist aber auch kein hiesiger, sondern der Berliner, H. Clauren--"
"Wie, und dieser schickt Euch kalte Küche bis hieher?"
"Kalte und warme Küche nebst etzlichem Getr?nke. Doch ich will Euch das R?tsel l?sen," fuhr er fort; "ich bin arm, und was ich habe, nimmt j?hrlich gerade das Schneiderkonto und die Rechnung für Zuckerwasser im Kaffeehause weg; nun bin ich aber gew?hnt, gute Tafel zu halten; was fange ich in diesen Zeiten an, wo niemand borgt und vorstreckt? Ich kaufe mir alle Jahre von ersparten Groschen das herrliche Vergi?meinnicht von H. Clauren, und ich versichere Euch, das ist mir Speisekammer, Keller, Fischmarkt, Konditorei, Weinhandlung, alles in allem. Ihr mü?t wissen, da? in solchem Büchlein auf zwanzig Seiten immer eine oder zwei, wie ich sie nenne, Tafelseiten kommen. Ich sehe mich mittags mit einem Stück Brot, zu welchem an Festtagen Butter k?mmt, nebst einem Glase Wasser oder dünnem Biere an den Tisch, speise vornehm und langsam, und w?hrend ich kaue, lese ich im 'Vergi?meinnicht' oder in 'Scherz und Ernst.' Seine Tafelseiten werden mir nun zu delikaten Suppentafeln; denn mein Teller ist nicht mehr mit schlechtem Brot besetzt, meine Z?hne malmen nicht mehr dieses magere Geb?ck, nein, ich esse mit Clauren, und der Mann versteht, was gute Küche ist. Was da an Fasanen, G?nseleberpasteten, Trüffeln, an seltenen Fischen, an--"
"Genug!" fiel ich ihm ein; "und Eure Phantasie l??t Euch satt werden? Aber k?nntet Ihr hiezu nicht das n?chste beste Kochbuch nehmen? Ihr h?ttet zum mindesten mehr Abwechslung."
"Ei, da ist noch ein gro?er Unterschied!
Continue reading on your phone by scaning this QR Code
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.