Kontrovers-Predigt Ãuber H. Clauren und den Mann im Mond | Page 5

Wilhelm Hauff
die nur in das n?chste St?dtchen auf den Kasinoball kommen k?nnen, lesen ihren Clauren nach; ihre Phantasie tr?gt sie auf den herrlichen Ball bei Hof, und "der Himmel h?ngt ihnen voll Geigen." Putzjungfern, welche Ballkleider verfertigen, ohne sich selbst darin zeigen zu k?nnen, Kammerm?dchen, die ihre Dame zu dem Ball "aufgedonnert" haben, nehmen beim Scheine der Lampe ihren Clauren zur Hand, treten unter dem Tische mit den tanzlustigen Fü?en den Takt eines Schnellwalzers und tr?umen sich in die gl?nzenden Reihen eines Fastnachtballes! Treffliches Surrogat für tanzlustige Seelen, k?stliche Stallfütterung für Schafe, die nicht auf der Weide hüpfen k?nnen!
Als ein viertes treffliches Hauptingredienz für liebevolle weibliche Seelen ist das vollendete Bild eines Mannes, wie er sein soll, zu rechnen, das Clauren zu geben versteht. In der Regel zeichnen sich diese Leute nicht sehr durch hohe Verstandesgaben aus; doch wir wollen diesen Fehler an Clauren nicht rügen; wo nichts ist, sagt ein altes Sprichwort, da hat der Kaiser das Recht verloren. Statt des Verstandes haben die Vergi?meinnichtm?nner herrliche Rabenlocken, einen etwas schwindsüchtigen Teint, der sie aber schmachtend und interessant macht, unter fünf Fu? sechs Zoll darf keiner messen; kr?ftige, m?nnliche Formen, sprechende Augen, die H?nde und Fü?e aber wie andere Menschen. Sie sind gerade so eingerichtet, da? man sich ohne weiteres auf den ersten Augenblick in sie verlieben mu?. Dabei sind sie meistens arm, aber edel, stolz, gro?mütig und heiraten gew?hnlich im fünften Akt. Auf welche edle weibliche Seele sollte ein solcher Held neuerer Zeit nicht den wohltuendsten Eindruck machen, wenn sie von ihm liest? Sie schnitzelt das Bild des Obergesellen oder Jagdschreibers oder Apothekergehilfen, das sie im Herzen tr?gt, so lange zurecht, bis er ungef?hr gerade so aussieht wie der Allersch?nste im allerneuesten Jahrgange des allerliebsten Vergi?meinnicht.
Fünftens: von schimmernden Lüsters, von deckenhohen Trumeaus, von herrlichen Sofas, von feengleicher Einrichtung, von Sepiamalerei und dergleichen w?re hier noch viel zu reden, wenn es die Mühe lohnte.
Gehen wir, and?chtige Versammlung, über zu den Ingredienzien und Zutaten für _M?nner_, so k?nnen wir hier leicht zwei Klassen machen: 1) Zutaten, die das Auge reizen, 2) Zutaten, die den Gaumen kitzeln.
Unter Nro. 1 ist vor allem zu rechnen die Art, wie Clauren seine M?dchen beschreibt. Um zuerst von ihrem geistigen Wert zu sprechen, so gilt hier dasselbe, was von den M?nnern gesagt wurde; eine tiefe, edle, jungfr?uliche Seele wei? kein Clauren zu schildern, und wenn er es wü?te, so hat er ganz recht, da? er nie eine Thekla, eine Klotilde. oder ein Wesen, das etwa ein Titan oder Horion lieben k?nnte, unter seiner Affenfamilie mittanzen l??t. Was das ?u?ere betrifft, so macht er es wie jener griechische Künstler, der aus sieben sch?nen M?dchen sich eine Venus bilden wollte. Aber er vergi?t den hohen Sinn, der in der Sage von dem Künstler liegt. Sechs zogen vorüber und zeigten dem entzückten Auge stolz die entfesselten Reize ihrer Jugend. Die siebente, als die Gew?nder fallen sollten, err?tete und verhüllte sich, und der Künstler lie? jene sechs vorübergehen und bildete nach diesem Vorbild jungfr?ulicher Hoheit seine G?ttin. Nicht also Clauren; die sechs hat er wohl aufgenommen, der siebenten, als sie versch?mt, verhüllt, err?tend nahte, hat er die Türe verschlossen.
Und jetzt, meine Herren, setzet euch her, macht es euch bequem! Der gro?e Meister gibt ja das Panorama aller weiblichen Reize. Siehe die entfesselten Locken, die auf den Alabaster der Schultern niederfallen, siehe--doch wie? Soll ich alle jene erhabenen, ausgesuchten Epitheta wiedergeben, die sich mit Schnee, mit Elfenbein, mit Rosen gatten? Ich bin ein Mann und err?te, err?te darüber, da? ein Mann aus der sogenannten guten Gesellschaft die sittenlose Frechheit hat, allj?hrlich ein ausführliches Verzeichnis von den Reizen drucken zu lassen, die er bei seinem Weibe fand!
Als Tasso jene Strophen dichtete, worin die Gesandten Gottfrieds am Palast der neuen Circe die Nymphen im See sich baden sehen, glaubet ihr, seine reiche, glühende Phantasie h?tte ihm nicht noch lockendere Bilder, reizendere Wendungen einhauchen k?nnen als einem Clauren? Doch er dachte an sich, er dachte an die hohe, reine Jungfrau, für die er seine Ges?nge dichtete, er dachte an seinen unbefleckten Ruhm bei Mit- und Nachwelt, und siehe, die reichen Locken fallen herab und str?men um die Nymphen und rollen in das Wasser, und der See verhüllt ihre Glieder. Aber, si parva licet componere magnis, was soll man zu jener skandal?sen Geschichte sagen, die H. Clauren in einem früheren Jahrgang des Freimütigen, eines Blattes, das in so manchem h?uslichen Zirkel einheimisch ist, erz?hlt?
Rechne man es nicht uns zur Schuld, wenn wir Sch?ndlichkeiten aufdecken, die jahrelang gedruckt zu lesen sind. Eine junge Dame k?mmt eines Tages auf Claurens Zimmer. Sie klagt ihm nach einigen Vorreden, da? sie zwar seit vierzehn Tagen verheiratet, und glücklich verheiratet, aber durch einen kleinen Ehebruch von einer Krankheit angesteckt worden sei, die ihr Mann nicht ahnen dürfe. H. Clauren erz?hlt uns, da? er der engelsch?nen Dame gesagt, sie sei nicht zu
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