Komik und Humor | Page 6

Theodor Lipps
ist.
Ich sagte nun schon, dass auch bei der Tragik eine Kontrastwirkung stattfinde. Auch diese hat ihre eigenen Gr��nde. Je gr?sser das Leid, je h?rter der Untergang, und je gr?sser unser Eindruck von beidem, desto sch?ner und gr?sser erscheint die Pers?nlichkeit, die in allem dem sich oder das Grosse, Gute, Sch?ne, das in ihr liegt, behauptet. Damit ist wenigstens eine m?gliche Art der tragischen Kontrastwirkung bezeichnet.
Fassen wir alles zusammen, dann sind--falls wir fortfahren, die _Hecker_sche Theorie des "Wettstreites" uns gefallen zu lassen, in der Tragik alle _Hecker_'schen Bedingungen der Komik in ausgezeichneter Weise gegeben. Die Tragik m��sste also nach Hecker die komischste Sache von der Welt sein. Wir m��ssten ��ber die Tragik des Leidens und Untergangs aufs herzlichste lachen. Dies thun wir nicht, Tragik und Komik sind ?usserste Gegens?tze.
DER WECHSEL DER GEF��HLE.
Ich nahm oben versuchsweise an, dass der _Hecker_'sche "Wettstreit" unter den _Hecker_'schen Bedingungen wirklich stattfinde. Tr?fe diese Annahme zu, dann w?re noch die Frage, ob aus solchem Wettstreit, oder dem damit gegebenen schnellen Wechsel von entgegengesetzten Gef��hlen ein einheitliches Gef��hl, wie das Gef��hl der Komik es ist, sich ergeben w��rde. Auch diese Frage muss verneint werden. Ein Wettstreit der Vorstellungen kann thats?chlich stattfinden und mit einem Wechsel der Gef��hle, speciell der Gef��hle der Lust und Unlust, verbunden sein, ohne dass doch das Gef��hl der Komik entsteht.
Ich stehe etwa vor dem Momente, wo es sich entscheiden muss, ob eine lange gehegte Hoffnung in Erf��llung gehen wird oder nicht. Alles scheint f��r die Erf��llung zu sprechen. Nur ein Umstand liegt vor, der am Ende die ganze Hoffnung zunichte machen k?nnte. Diese gegens?tzlichen Gedanken werden sich weder dauernd das Gleichgewicht halten, noch wird einer den andern f��r l?ngere Zeit v?llig unterdr��cken k?nnen. Das letztere um so weniger, in je engerem Zusammenhang die der Hoffnung g��nstigen, und der ihr ung��nstige Faktor miteinander stehen. Ich achte jetzt auf die g��nstigen Faktoren und glaube an die Erf��llung der Hoffnung. Aber je lebendiger dieser Gedanke in mir wird, um so sicherer weckt er die Vorstellung jenes anderen, ung��nstigen Faktors. Diese Vorstellung tritt hervor und verwandelt f��r einen Augenblick mein Vertrauen in sein Gegenteil. Doch nur f��r einen Augenblick. Denn in Wirklichkeit ist zu ernster Besorgnis kein Grund. Ich brauche nur den ung��nstigen Faktor genau ins Auge zu fassen, um zu sehen, wie wenig er doch gegen die anderen Faktoren in Betracht kommen kann, wie unwahrscheinlich es also ist, dass er die Erf��llung der Hoffnung verhindern wird. Damit hat wieder der erste Gedanke das ��bergewicht gewonnen u. s. w. So ergiebt sich ein best?ndiges Hin- und Hergehen, zun?chst zwischen entgegenstehenden Gedanken, dann auch zwischen entsprechenden Gef��hlen. Und die Unruhe dieses Hin- und Hergehens, in dem im Ganzen ebensowohl die Lust wie die Unlust ��berwiegen kann, wird sich steigern, je mehr der Moment der Entscheidung naht. Heisst dies: mir wird immer komischer und komischer zu Mute? Ich denke nicht. Andere m?gen ��ber die Situation lachen. Ich selbst werde vom Lachen soweit als m?glich entfernt sein. Ist dem aber so, dann liegt in dem Beispiel der Beweis, dass auch, wo das gleichzeitige Entstehen von Lust und Unlust aus einem Punkte wirklich in den _Hecker_'schen beschleunigten Wettstreit m��ndet, noch etwas hinzukommen muss, wenn das Gef��hl der Komik entstehen soll. Dies Etwas ist die Komik.
SCHADENFREUDE UND GESTEIGERTES SELBSTGEF��HL.
Nachdem Hecker das Gef��hl der Komik in der bezeichneten Weise bestimmt hat, geht er dazu ��ber, die M?glichkeiten der gleichzeitigen Entstehung von Lust und Unlust festzustellen und daraus die m?glichen Arten der Komik abzuleiten. Das ist gut und konsequent gedacht. Die Ausf��hrung des Gedankens aber geschieht in denkbar unvollst?ndigster Weise. Freilich, w?re sie weniger unvollst?ndig, so w��rde Hecker selbst die Unm?glichkeit seiner Theorie des komischen Gef��hles sich aufgedr?ngt haben. Die F?lle der Komik, die er anf��hrt, sind wirklich komisch, wenn auch nicht aus den angegebenen Gr��nden. Dagegen w��rden andere F?lle und Klassen von F?llen, die er h?tte anf��hren _m��ssen_, sich jeder Bem��hung, sie komisch zu finden, widersetzt haben.
Einige Bemerkungen gen��gen, um dies zu zeigen. Eine Hauptgattung der Komik bezeichnen f��r Hecker die F?lle, bei denen zwei Vorstellungen in ihrer Vereinigung oder ihrem Zusammenhang unseren logischen, praktischen, ideellen "Normen" oder den "Normen der Ideenassociation" entsprechen, w?hrend zugleich die eine der Vorstellungen einer der Normen widerstreitet. Nachher schrumpft die ganze Gattung zusammen zur Komik der "gerechten Schadenfreude". Die rote Nase zum Beispiel missf?llt, weil sie unseren "ideellen Normen" widerspricht. Betrachten wir sie aber als verdiente Strafe der Unm?ssigkeit, so befriedigt diese Ideenverbindung unser Gerechtigkeitsgef��hl. Und aus Beidem zusammen ergiebt sich das Gef��hl der Komik.
Diese Erkl?rung ist ohne Zweifel falsch. Die Schadenfreude hat, so oft sie auch zur Erkl?rung der Komik verwandt worden ist, mit Komik nichts zu thun. Die gerechteste und intensivste Schadenfreude ergiebt sich, wenn wir ��ber einen nichtsw��rdigen und gef?hrlichen Verbrecher die wohlverdiente Strafe verh?ngt sehen. Je nichtsw��rdiger und gef?hrlicher er ist, je gerechter und wirkungsvoller andrerseits die Strafe erscheint, um so st?rker ist das
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