Willkür ganz dschinnistanisch
eingerichtet, hätten dem vortrefflichen Demetrius gern ein ewiges
Leben bereitet. Das stand indessen nicht in ihrer Macht. Demetrius
starb, und ihm folgte der junge Paphnutius in der Regierung.
Paphnutius hatte schon zu Lebzeiten seines Herrn Vaters einen stillen
innerlichen Gram darüber genährt, daß Volk und Staat nach seiner
Meinung auf die heilloseste Weise vernachlässigt, verwahrlost wurde.
Er beschloß zu regieren und ernannte sofort seinen Kammerdiener
Andres, der ihm einmal, als er im Wirtshause hinter den Bergen seine
Börse liegen lassen, sechs Dukaten geborgt und dadurch aus großer Not
gerissen hatte, zum ersten Minister des Reichs. "Ich will regieren, mein
Guter!" rief ihm Paphnutius zu. Andres las in den Blicken seines Herrn,
was in ihm vorging, warf sich ihm zu Füßen und sprach feierlich: "Sire!
die große Stunde hat geschlagen! - durch Sie steigt schimmernd ein
Reich aus mächtigem Chaos empor! - Sire! hier fleht der treueste
Vasall, tausend Stimmen des armen unglücklichen Volks in Brust und
Kehle! - Sire! - führen Sie die Aufklärung ein!" - Paphnutius fühlte sich
durch und durch erschüttert von dem erhabenen Gedanken seines
Ministers. Er hob ihn auf, riß ihn stürmisch an seine Brust und sprach
schluchzend: "Minister - Andres - ich bin dir sechs Dukaten schuldig -
noch mehr - mein Glück - mein Reich! - o treuer, gescheuter Diener!" -
Paphnutius wollte sofort ein Edikt mit großen Buchstaben drucken und
an allen Ecken anschlagen lassen, daß von Stund' an die Aufklärung
eingeführt sei und ein jeder sich darnach zu achten habe. "Bester Sire!"
rief indessen Andres, "bester Sire! so geht es nicht!" - "Wie geht es
denn, mein Guter?" sprach Paphnutius, nahm seinen Minister beim
Knopfloch und zog ihn hinein in das Kabinett, dessen Türe er abschloß.
"Sehen Sie," begann Andres, als er seinem Fürsten gegenüber auf
einem kleinen Taburett Platz genommen, "sehen Sie, gnädigster Herr! -
die Wirkung Ihres fürstlichen Edikts wegen der Aufklärung würde
vielleicht verstört werden auf häßliche Weise, wenn wir nicht damit
eine Maßregel verbinden, die zwar hart scheint, die indessen die
Klugheit gebietet. - Ehe wir mit der Aufklärung vorschreiten, d. h. ehe
wir die Wälder umhauen, den Strom schiffbar machen, Kartoffeln
anbauen, die Dorfschulen verbessern, Akazien und Pappeln anpflanzen,
die Jugend ihr Morgen- und Abendlied zweistimmig absingen,
Chausseen anlegen und die Kuhpocken einimpfen lassen, ist es nötig,
alle Leute von gefährlichen Gesinnungen, die keiner Vernunft Gehör
geben und das Volk durch lauter Albernheiten verführen, aus dem
Staate zu verbannen - Sie haben Tausendundeine Nacht gelesen, bester
Fürst, denn ich weiß, daß Ihr durchlauchtig seliger Herr Papa, dem der
Himmel eine sanfte Ruhe im Grabe schenken möge, dergleichen fatale
Bücher liebte und Ihnen, als Sie sich noch der Steckenpferde bedienten
und vergoldete Pfefferkuchen verzehrten, in die Hände gab. Nun also! -
Aus jenem völlig konfusen Buche werden Sie, gnädigster Herr, wohl
die sogenannten Feen kennen, gewiß aber nicht ahnen, daß sich
verschiedene von diesen gefährlichen Personen in Ihrem eignen lieben
Lande hier ganz in der Nähe Ihres Palastes angesiedelt haben und
allerlei Unfug treiben." "Wie? - was sagt Er? - Andres! Minister! - Feen!
- hier in meinem Lande?" - So rief Fürst, indem er ganz erblaßt in die
Stuhllehne zurücksank. - "Ruhig, mein gnädigster Herr," fuhr Andres
fort, "ruhig können wir bleiben, sobald wir mit Klugheit gegen jene
Feinde der Aufklärung zu Felde ziehen. Ja! - Feinde der Aufklärung
nenne ich sie, denn nur sie sind, die Güte Ihres seligen Herrn Papas
mißbrauchend, daran schuld, daß der liebe Staat noch in gänzlicher
Finsternis darniederliegt. Sie treiben ein gefährliches Gewerbe mit dem
Wunderbaren und scheuen sich nicht, unter dem Namen Poesie ein
heimliches Gift zu verbreiten, das die Leute ganz unfähig macht zum
Dienste in der Aufklärung. Dann haben sie solche unleidliche
polizeiwidrige Gewohnheiten, daß sie schon deshalb in keinem
kultivierten Staate geduldet werden dürften. So z.B. entblöden sich die
Frechen nicht, sowie es ihnen einfällt, in den Lüften spazieren zu
fahren mit vorgespannten Tauben, Schwänen, ja sogar geflügelten
Pferden. Nun frage ich aber, gnädigster Herr, verlohnt es sich der Mühe,
einen gescheuten Akzisetarif zu entwerfen und einzuführen, wenn es
Leute im Staate gibt, die imstande sind, jedem leichtsinnigen Bürger
unversteuerte Waren in den Schornstein zu werfen, wie sie nur wollen?
- Darum, gnädigster Herr, - sowie die Aufklärung angekündigt wird,
fort mit den Feen! - Ihre Paläste werden umzingelt von der Polizei, man
nimmt ihnen ihre gefährliche Habe und schafft sie als Vagabonden fort
nach ihrem Vaterlande, welches, wie Sie, gnädigster Herr, aus
Tausendundeiner Nacht wissen werden, das Ländchen Dschinnistan
ist." "Gehen Posten nach diesem Lande, Andres?" so fragte der Fürst.
"Zurzeit nicht," erwiderte Andres, "aber vielleicht läßt sich nach
eingeführter Aufklärung eine Journaliere dorthin mit Nutzen
einrichten." - "Aber Andres," fuhr der Fürst fort, "wird man unser
Verfahren gegen die Feen nicht hart finden? - Wird das verwöhnte
Volk nicht murren?" - "Auch dafür," sprach
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