Andres, "auch dafür weiß
ich ein Mittel. Nicht alle Feen, gnädigster Herr, wollen wir fortschicken
nach Dschinnistan, sondern einige im Lande behalten, sie aber nicht
allein aller Mittel berauben, der Aufklärung schädlich zu werden,
sondern auch zweckdienliche Mittel anwenden, sie zu nützlichen
Mitgliedern des aufgeklärten Staats umzuschaffen. Wollen sie sich
nicht auf solide Heiraten einlassen, so mögen sie unter strenger
Aufsicht irgendein nützliches Geschäft treiben, Socken stricken für die
Armee, wenn es Krieg gibt, oder sonst. Geben Sie acht, gnädigster Herr,
die Leute werden sehr bald an die Feen, wenn sie unter ihnen wandeln,
gar nicht mehr glauben, und das ist das beste. So gibt sich alles
etwanige Murren von selbst. - Was übrigens die Utensilien der Feen
betrifft, so fallen sie der fürstlichen Schatzkammer heim, die Tauben
und Schwäne werden als köstliche Braten in die fürstliche Küche
geliefert, mit den geflügelten Pferden kann man aber auch Versuche
machen, sie zu kultivieren und zu bilden zu nützlichen Bestien, indem
man ihnen die Flügel abschneidet und sie zur Stallfütterung gibt, die
wir doch hoffentlich zugleich mit der Aufklärung einführen werden." -
Paphnutius war mit allen Vorschlägen seines Ministers auf das höchste
zufrieden, und schon andern Tages wurde ausgeführt, was beschlossen
war.
An allen Ecken prangte das Edikt wegen der eingeführten Aufklärung,
und zu gleicher Zeit brach die Polizei in die Paläste der Feen, nahm ihr
ganzes Eigentum in Beschlag und führte sie gefangen fort.
Mag der Himmel wissen, wie es sich begab, daß die Fee Rosabelverde
die einzige von allen war, die wenige Stunden vorher, ehe die
Aufklärung hereinbrach, Wind davon bekam und die Zeit nutzte, ihre
Schwäne in Freiheit zu setzen, ihre magischen Rosenstöcke und andere
Kostbarkeiten beiseite zu schaffen. Sie wußte nämlich auch, daß sie
dazu erkoren war, im Lande zu bleiben, worin sie sich, wiewohl mit
großem Widerwillen, fügte.
Überhaupt konnten es weder Paphnutius noch Andres begreifen, warum
die Feen, die nach Dschinnistan transportiert wurden, eine solche
übertriebene Freude äußerten und ein Mal über das andere versicherten,
daß ihnen an aller Habe, die sie zurücklassen müssen, nicht das
mindeste gelegen. "Am Ende," sprach Paphnutius entrüstet, "am Ende
ist Dschinnistan ein viel hübscherer Staat wie der meinige, und sie
lachen mich aus mitsamt meinem Edikt und meiner Aufklärung, die
jetzt erst recht gedeihen soll!" -
Der Geograph sollte mit dem Historiker des Reichs über das Land
umständlich berichten.
Beide stimmten darin überein, daß Dschinnistan ein erbärmliches Land
sei, ohne Kultur, Aufklärung, Gelehrsamkeit, Akazien und Kuhpocken,
eigentlich auch gar nicht existiere. Schlimmeres könne aber einem
Menschen oder einem ganzen Lande wohl nicht begegnen, als gar nicht
zu existieren.
Paphnutius fühlte sich beruhigt.
Als der schöne blumige Hain, in dem der verlassene Palast der Fee
Rosabelverde lag, umgehauen wurde, und beispielshalber Paphnutius
selbst sämtlichen Bauerlümmeln im nächsten Dorfe die Kuhpocken
eingeimpft hatte, paßte die Fee dem Fürsten in dem Walde auf, durch
den er mit dem Minister Andres nach seinem Schloß zurückkehren
wollte. Da trieb sie ihn mit allerlei Redensarten, vorzüglich aber mit
einigen unheimlichen Kuntstückchen, die sie vor der Polizei geborgen,
dermaßen in die Enge, daß er sie um des Himmels willen bat, doch mit
einer Stelle des einzigen und daher besten Fräuleinstifts im ganzen
Lande vorliebzunehmen, wo sie, ohne sich an das Aufklärungsedikt zu
kehren, schalten und walten könne nach Belieben.
Die Fee Rosabelverde nahm den Vorschlag an und kam auf diese
Weise in das Fräuleinstift, wo sie sich, wie schon erzählt worden, das
Fräulein von Rosengrünschön, dann aber, auf dringendes Bitten des
Baron Prätextatus von Mondschein, das Fräulein von Rosenschön
nannte.
Zweites Kapitel
Von der unbekannten Völkerschaft, die der Gelehrte Ptolomäus
Philadelphus auf seinen Reisen entdeckte. - Die Universität Kerepes. -
Wie dem Studenten Fabian ein Paar Reitstiefel um den Kopf flogen
und der Professor Mosch Terpin den Studenten Balthasar zum Tee
einlud.
In den vertrauten Briefen, die der weltberühmte Gelehrte Ptolomäus
Philadelphus an seinen Freund Rufin schrieb, als er sich auf weiten
Reisen befand, ist folgende merkwürdige Stelle enthalten:
"Du weißt, mein lieber Rufin, daß ich nichts in der Welt so fürchte und
scheue, als die brennenden Sonnenstrahlen des Tages, welche die
Kräfte meines Körpers aufzehren und meinen Geist dermaßen
abspannen und ermatten, daß alle Gedanken in ein verworrenes Bild
zusammenfließen und ich vergebens darnach ringe, auch nur irgendeine
deutliche Gestaltung in meiner Seele zu erfassen. Ich pflege daher in
dieser heißen Jahreszeit des Tages zu ruhen, nachts aber meine Reise
fortzusetzen, und so befand ich mich dann auch in voriger Nacht auf
der Reise. Mein Fuhrmann hatte sich in der dicken Finsternis von dem
rechten, bequemen Wege verirrt und war unversehens auf die Chaussee
geraten. Ungeachtet ich aber durch die harten Stöße, die es hier gab, in
dem Wagen hin und her geschleudert wurde, so daß mein Kopf voller
Beulen einem mit Walnüssen gefüllten Sack nicht unähnlich war,
erwachte ich doch aus dem tiefen Schlafe, in den
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