dessen
Bequemlichkeit von früheren Zeiten her mir schon bekannt war.
Seltsam musste man es jedoch finden, wie er, obgleich nur etwa dreißig
Schritte von den Zelten entfernt, doch dergestalt unzugänglich bleib,
dass ich mich abends musste hinein und morgens wieder heraus tragen
lassen.
Am 28. August.
So wunderlich tagte mir diesmal mein Geburtsfest. Wir setzten uns zu
Pferd und ritten in die eroberte Festung; das wohl gebaute und
befestigte Städtchen liegt auf einer Anhöhe. Meine Absicht war, große
wollene Decken zu kaufen, und wir verfügten uns sogleich in einen
Kramladen, wo wir Mutter und Töchter hübsch und anmutig fanden.
Wir feilschten nicht viel und zahlten gut und waren so artig, als es
Deutschen ohne Tournüre nur möglich ist.
Die Schicksale des Hauses während des Bombardements waren höchst
wunderbar. Mehrere Granaten hintereinander fielen in das
Familienzimmer, man flüchtete, die Mutter riss ein Kind aus der Wiege
und floh, und in dem Augenblick schlug noch eine Granate gerade
durch die Kissen, wo der Knabe gelegen hatte. Zum Glück war keine
der Granaten gesprungen, sie hatten die Möbel zerschlagen, am Getäfel
gesengt, und so war alles ohne weiteren Schaden vorübergegangen; in
den Laden war keine Kugel gekommen.
Dass der Patriotismus derer von Lognwy nicht allzu kräftig sein mochte,
sah man daraus, dass die Bürgerschaft den Kommandanten sehr bald
genötigt hatte, die Festung zu übergeben; auch hatten wir kaum einen
schritt aus dem Laden getan, als der innere Zwiespalt der Bürger sich
uns genugsam verdeutlichte. Königisch Gesinnte, und also unsere
Freunde, welche die schnell Übergabe bewirkt, bedauerten, dass wir in
dieses Warengewölbe zufällig gekommen und dem schlimmsten aller
Jakobiner, der mit seiner ganzen Familie nichts tauge, so viel schönes
Geld zu lösen gegeben. Gleichermaßen warnte man uns vor einem
splendiden Gasthof, und zwar so bedenklich, als wenn den Speisen
daselbst nicht ganz zu trauen sein möchte; zugleich deutete man auf
einen geringeren als zuverlässig, wo wir uns denn auch freundlich
aufgenommen und leidlich bewirtet sahen.
Nun saßen wir alte Kriegs- und Garnisons-kameraden traulich und froh
wieder neben und gegen einander; es waren die Offiziere des
Regiments, vereint mit des Herzogs Hof-, Haus- und Kanzleigenossen;
man unterhielt sich von dem Nächstvergangenen, wie bedeutend und
bewegt es Anfang Mais in Aschersleben gewesen, als die Regimenter
sich marschfertig zu halten Order bekommen, der Herzog von
Braunschweig und mehrere hohe Personen daselbst Besuch abgestattet,
wobei des Marquis von Bouillé als eines bedeutenden und in die
Operationen kräftig eingreifenden Fremden zu erwähnen nicht
vergessen wurde. Sobald dem horchenden Gastwirt dieser Name zu
Ohren kam, erkundigte er sich eifrigst, ob wir den Herren kennten? Die
meisten durften es bejahen, wobei er denn viel Respekt bewies und
große Hoffnung auf die Mitwirkung dieses würdigen, tätigen Mannes
aussprach, ja es wollte scheinen, als wenn wir von diesem Augenblick
an besser bedient würden.
Wie wir nun alle hier Versammelten uns mit Leib und Seele einem
Fürsten angehörig bekannten, der seit mehreren Regierungsjahren so
große Vorzüge entwickelt und sich nunmehr auch im Kriegshandwerk,
dem er von Jugend auf zugetan gewesen, das er seit geraumer Zeit
getrieben, bewähren sollte, so ward auf sein Wohl und seiner
Angehörigen nach guter deutscher Weise angestoßen und getrunken,
besonders aber auf des Prinzen Bernhards Wohl, bei welchem kurz vor
dem Ausmarsch Obristwachtmeister von Weyrach, als Abgeordneter
des Regiments, Gevatter gestanden hatte.
Nun wusste jeder von dem Marsch selbst gar manches zu erzählen, wie
man, den Harz links lassend, an Goslar vorbei nach Northeim durch
Göttingen gekommen; da hörte man denn von trefflichen und
schlechten Quartieren, bäurisch-unfreundlichen, gebildet-missmutigen,
hypochondrisch-gefälligen Wirten, von Nonnenklöstern und
mancherlei Abwechslung des Weges und Wetters. Alsdann war man
am östlichen Rand Westfallens her bis Koblenz gezogen, hatte mancher
hübschen Frau zu gedenken, von seltsamen Geistlichen, unvermutet
begegnenden Freunden, zerbrochenen Rädern, umgeworfenen Wagen
buntscheckigen Bericht zu erstatten.
Von Koblenz aus beklagte man sich über bergige Gegenden,
beschwerliche Wege und mancherlei Mangel und rückte sodann,
nachdem man sich im Vergangenen kaum zerstreut, dem Wirklichen
immer näher; der Einmarsch nach Frankreich in dem schrecklichsten
Wetter ward als höchst unerfreulich und als würdiges Vorspiel
beschrieben des Zustandes, den wir, nach dem Lager zurückkehrend,
voraussehen konnten. Jedoch in solcher Gesellschaft ermutigt sich einer
am anderen, und ich besonders beruhigte mich beim Anblick der
köstlichen wollenen Decken, welche der Reitknecht aufgebunden hatte.
Im Lager fand ich abends in dem großen Zelt die beste Gesellschaft; sie
war dort beisammen geblieben, weil man keinen Fuß heraussetzen
konnte; alles war gutes Muts und voller Zuversicht. Die schnelle
Übergabe von Longwy bestätigte die Zusage der Emigrierten, man
werde überall mit offenen Armen aufgenommen sein, und es schien
sich dem großen Vorhaben des revolutionären Frankreichs, durch die
Manifeste des Herzogs von Braunschweig ausgesprochen, zeigten sich
ohne Ausnahme bei Preußen, Österreichern und Emigrierten.
Freilich durfte man nur das wahrhaft bekannt Gewordene erzählen, so
ging daraus hervor, dass ein Volk, auf solchen Grad verunreinigt, nicht
einmal in Parteien gespalten, sondern
Continue reading on your phone by scaning this QR Code
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.