Kabale und Liebe | Page 3

Friedrich von Schiller
weiß, weiß ich--und was
der Herr Major gesagt hat, das hat er gesagt.
Miller (aufgebracht, springt nach der Geige). Willst du dein Maul
halten? Willst du das Violoncell am Hirnkasten wissen?--Was kannst
du wissen? Was kann er gesagt haben?--Kehren sich an das Geklatsch
nicht, Herr Vetter--Marsch du, in deine Küche!--Werden mich doch
nicht für des Dummkopfs leiblichen Schwager halten, daß ich oben aus
woll' mit dem Mädel? Werden doch das nicht von mir denken, Herr
Secretarius?
Wurm. Auch hab' ich es nicht um Sie verdient, Herr Musikmeister. Sie
haben mich jederzeit den Mann von Wort sehen lassen und meine

Ansprüche auf Ihre Tochter waren so gut als unterschrieben. Ich habe
ein Amt, das seinen guten Haushälter nähren kann; der Präsident ist mir
gewogen; an Empfehlungen kann's nicht fehlen, wenn ich mich höher
poussieren will. Sie sehen, daß meine Absichten auf Mamsell Luisen
ernsthaft sind, wenn Sie vielleicht von einem adeligen Windbeutel
herumgeholt-Frau. Herr Sekertare Wurm! Mehr Respect, wenn man
bitten darf-Miller. Halt du dein Maul, sag' ich--Lassen Sie es gut sein,
Herr Vetter! Es bleibt beim Alten. Was ich Ihnen verwichenen Herbst
zum Bescheid gab, bring' ich heut wieder. Ich zwinge meine Tochter
nicht. Stehen Sie ihr an--wohl und gut, so mag sie zusehen, wie sie
glücklich mit Ihnen wird. Schüttelt sie den Kopf--noch besser--in
Gottes Namen wollt' ich sagen--so stecken Sie den Korb ein und
trinken eine Bouteille mit dem Vater--Das Mädel muß mit Ihnen
leben--ich nicht.--Warum soll ich ihr einen Mann, den sie nicht
schmecken kann, aus purem klarem Eigensinn an den Hals
werfen?--Daß mich der böse Feind in meinen eisgrauen Tagen noch
wie sein Wildpret herumhetzt--daß ich's in jedem Glas Wein zu
saufen--in jeder Suppe zu fressen kriege: Du bist der Spitzbube, der
sein Kind ruiniert hat.
Frau. Und kurz und gut--ich geb meinen Consenz absolut nicht; meine
Tochter ist zu was Hohem gemünzt, und ich lauf' in die Gerichte, wenn
mein Mann sich beschwatzen läßt.
Miller. Willst du Arm und Bein entzwei haben, Wettermaul?
Wurm (zu Millern). Ein väterlicher Rath vermag bei der Tochter viel,
und hoffentlich werden Sie mich kennen, Herr Miller?
Miller. Daß dich alle Hagel! 's Mädel muß Sie kennen. Was ich alter
Knasterbart an Ihnen abgucke, ist just kein Fressen fürs junge
naschhafte Mädel. Ich will Ihnen aufs Haar hin sagen, ob Sie ein Mann
fürs Orchester sind--aber eine Weiberseel' ist auch für einen
Kapellmeister zu spitzig.--Und dann von der Brust weg, Herr
Vetter--ich bin halt ein plumper gerader deutscher Kerl--für meinen
Rath würden Sie sich zuletzt wenig bedanken. Ich rathe meiner Tochter
zu Keinem--aber Sie mißrath ich meiner Tochter, Herr Secretarius!
Lassen mich ausreden. Einem Liebhaber, der den Vater zu Hilfe ruft,
trau' ich--erlauben Sie--keine hohle Haselnuß zu. Ist er was, so wird er
sich schämen, seine Talente durch diesen altmodischen Kanal vor seine
Liebste zu bringen--Hat er's Courage nicht, so ist er ein Hasenfuß, und

für den sind keine Luisen gewachsen--Da! hinter dem Rücken des
Vaters muß er sein Gewerb an die Tochter bestellen. Machen muß er,
daß das Mädel lieber Vater und Mutter zum Teufel wünscht, als ihn
fahren läßt,--oder selber kommt, dem Vater zu Füßen sich wirft und
sich um Gotteswillen den schwarzen gelben Tod oder den Herzeinigen
ausbittet--Das nenn' ich einen Kerl! das heißt lieben!--und wer's bei
dem Weibsvolk nicht so weit bringt, der soll--auf seinem Gänsekiel
reiten.
Wurm (greift nach Hut und Stock und zum Zimmer hinaus). Obligation,
Herr Miller!
Miller (geht ihm langsam nach). Für was? für was? Haben Sie ja doch
nichts genossen, Herr Secretarius! (Zurückkommend.) Nichts hört er,
und hin zieht er--Ist mir's doch wie Gift und Operment, wenn ich den
Federfuchser zu Gesichte krieg'. Ein confiscierter widriger Kerl, als
hätt' ihn irgend ein Schleichhändler in die Welt meines Herrgotts
hineingeschachert--Die kleinen tückischen Mausaugen--die Haare
brandroth--das Kinn herausgequollen, gerade als wenn die Natur für
purem Gift über das verhunzte Stück Arbeit meinen Schlingel da
angefaßt und in irgend eine Ecke geworfen hätte--Nein! eh ich meine
Tochter an so einen Schuft wegwerfe, lieber soll sie mir--Gott verzeih
mir's-Frau (spuckt aus, giftig). Der Hund!--aber man wird dir's Maul
sauber halten!
Miller. Du aber auch mit deinem pestilenzialischen Junker--Hast mich
vorhin auch so in Harnisch gebracht--Bist doch nie dummer, als wenn
du um Gotteswillen gescheidt sein solltest. Was hat das Geträtsch von
einer gnädigen Madam und deiner Tochter da vorstellen sollen? Das ist
mir der Alte! Dem muß man so was an die Nase heften, wenn's morgen
am Marktbrunnen ausgeschellt sein soll. Das ist just so ein Musje, wie
sie in der Leute Häusern herumriechen, über Keller und Koch
räsonnieren, und springt einem ein nasenweises Wort übers
Maul--Bumbs! haben's Fürst und Mätreß und Präsident, und du hast das
siedende Donnerwetter am Halse.

Dritte Scene.
Luise Millerin kommt, ein Buch in der Hand. Vorige.
Luise (legt das Buch nieder, geht zu Millern und drückt ihm die Hand).
Guten
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