König Ottokars Glück und Ende | Page 6

Franz Grillparzer
seinem Stuhl, Und Heinrich Preu?el stand dabei, ich sah's wohl, Der legt' ihm, wie der Knab' im Puppenspiel, Die Gegend aus und was sich drin begab Und wer die K?mpfer waren und so weiter. Zum Anfang ging's noch gut, doch als der Habsburg Auf eins hervorbrach mit den schweren Reitern Und alles floh, was ungrisch fluchen kann, Und in die March, da? ihre Zottelb?rte Wie Schilfgras aus ged?mmtem Wasser ragten-- Wo ist der Habsburg? Hei! beim reichen Gott, Er hielt sich wohl! Sonst ein gar stiller Mann, Doch wenn er angreift, wie der b?se Teufel. Wo ist Graf Habsburg?
Diener. Sollen wir ihn rufen?
Ottokar. La?t nur!--Als das der Ungark?nig sah, Da braucht' er keines Dolmetsch weiter mehr. Mit beiden H?nden fuhr er sich ins Haar Und zog sich feindlich. Ei, dacht' ich mir, Herr, Spart Euch die Müh', wir k?nnen das viel besser. Doch ist er Freund uns jetzt und Bundsgeno?, Da mu? man Gutes nur und Liebes sprechen! Nun, seid ihr endlich fertig? (Er steht auf.) Hut und Mantel! Und wie steht's hier bei Euch, Herr Bürgermeister? Habt Ihr indes getr?umt?--Der Hut da drückt. (Da der Diener z?gert.) Zum Teufel, einen andern Hut!--Wie also? Die Mauer auf dem Wischehrad ist fertig?
Bürgermeister. Ja, gn?d'ger Herr!
Ottokar. Die Moldaubrücke auch?
Bürgermeister. Nur gestern ward der letzte Stein gefügt.
Ottokar. Ja, weil ihr wu?tet, da? ich heute kam! Den Deutschen, die ich sandte, Sachsen, Baiern, Ward schon die untre Vorstadt einger?umt?
Bürgermeister. Verzeihet--
Ottokar. Ist's geschehn?
Bürgermeister. Eu'r Hoheit--
Ottokar. Ja?
Bürgermeister. Noch nicht.
Ottokar. Warum nicht? Gottes Feu'r! Warum nicht?
Bürgermeister. Wir wollten noch einmal Eu'r Hoheit angehn, Eh' wir vertrieben so viel treue B?hmen--
Ottokar. Vertrieben! Was vertrieben! Wollt' ich das? Sie sollten nach Chrudim, dort waren ?cker Und Baugrund ihnen dreifach angewiesen, Und dreifach alle Kosten der Versetzung. Doch aus der Vorstadt sollen sie heraus. Sie sollen, müssen! Müssen, Gottes Donner! Ich wei? wohl, was ihr m?gt, ihr alten B?hmen: Gekauert sitzen in verj?hrtem Wust, Wo kaum das Licht durch blinde Scheiben dringt; Verzehren, was der vor'ge Tag gebracht, Und ernten, was der n?chste soll verzehren, Am Sonntag Schmaus, am Kirmes plumpen Tanz, Für alles andre taub und blind; So m?chtet ihr: ich aber mag nicht so! Wie den Ertrinkenden man fa?t am Haar, Will ich euch fassen, wo's am meisten schmerzt; Den Deutschen will ich setzen euch in Pelz, Der soll euch kneipen, bis euch Schmerz und ?rger Aus eurer Dumpfheit wecken und ihr ausschlagt Wie ein gesporntes Pferd. Ihr denkt der Zeit, Da eure Fürsten sa?en an dem Herd Und einen Kessel führten in dem schn?den Wappen; Ich bin kein solcher, straf mich Gott! (Man hat ihm den Mantel umgegeben.) Seht her! Der Mantel ward in Augsburg eingekauft. Das Gold, der Samt, die Stickerei, das Ganze, K?nnt ihr das machen hier in eurem Land? Ihr sollt! bei Gott, ihr sollt! Ich will euch's lehnen-- Mit K?ln und Wien, mit Lunden und Paris Soll euer Prag hier stehn in einer Reihe! Die L?nder, die euch herrisch sonst geh?hnt, Ich habe sie bezwungen mit dem Schwert: Der Ungar flieht, der Baierfürst h?lt Ruh', Und ?sterreich, die wackre Steiermark Und Portenau und Krain und Deutschlands Eger, Ich habe sie vereinigt meinem Reich. In alle Fernen trug ich B?hmens Namen, Aus allen Fernen t?nt zurück sein Ruhm. Wie meine V?ter konnt' ich ruhig schlafen, Euch lassen schlafen, so wie eure V?ter; Für wen hab ich's getan? Für euch! Doch sollt ihr nach, des geb ich euch mein Wort! Hin auf des Berges Mitte stellt' ich euch, Und nun klimmt weiter oder brecht den Hals! (indem er sich abwendet.) Da? mir die Deutschen in die Vorstadt kommen.
(Kanzler tritt ein und n?hert sich dem K?nige.)
Ottokar. Was ist?
Kanzler. Die K?nigin, wie Ihr befahlt.
Ottokar (wieder zu den Bürgern gewendet). Auch das noch, das noch, seht, um euretwillen! Was einem jeden Mann das Teuerste, Die Ruh' im eignen Haus, hab ich gest?rt, Um eure Ruh', um eurer Kinder Ruhe. Damit nach meinem Tod mein Reich nicht erblos, Mein Werk das Spiel nicht werde innern Zwists, Hab ich von Margarethen mich getrennt, Die keines Erbens Hoffnung mehr gew?hrt, Und neuer Bande Wechsel mich gefügt. (Zur ganzen Versammlung sich gewendet.) Ja, ja, ihr Herrn, damit ihr's alle wi?t: Zur Festigung des nur geschlo?nen Friedens Hat K?nig Bela mir die Hand geboten Von Kunigunden, seinem Enkelkind, Des Herzogs von Massovien einz'gen Tochter. Da nun seit lang die Bisch?fe des Reichs Mich warnten meiner Eh' mit Margarethen; Wie denn auch manches sonst dagegen spricht: Denn erstens ist sie alt und unfruchtbar, Kein Erbe l??t sich mehr von ihr erwarten; Dann ist sie mir verwandt in--was wei? ich, In welchem und wievieltem Grad, und endlich-- Allein wozu noch lange eins und zwei; Denn erstens, zweitens, drittens: bleibt's dabei! Die K?nigin wird kommen, Handfest unterzeichnen, Die Schenkung wiederholen ihrer Lande, Und des zu Zeugen seid ihr hier versammelt. (Er besteigt den Thron.)
Der Kanzler (der
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