Jenseits der Schriftkultur, vol 3 | Page 6

Mihai Nadin
Markt selbst in seinen Transaktionen zu ?ndern. Bisweilen erscheinen diese uns so esoterisch, da? wir nicht einmal ahnen, was Input und was Output in dieser Maschine ist. Aber wir alle erwarten, da? sich am Ende der h??liche Frosch in einen M?rchenprinzen verwandelt!
Ohne allzuviel vorwegzunehmen, k?nnen wir allerdings sagen, da? dieser st?ndig wachsende Mechanismus menschlicher Selbstevaluierung mit seiner gegenw?rtigen Dynamik und im gegenw?rtigen Umfang sich nicht innerhalb des pragmatischen Rahmens der Schriftkultur h?tte entwickeln k?nnen. Gewi? k?nnen wir ��berall auf der Welt in Basaren und Einkaufszentren Marktabl?ufe erleben, die wir mit vorausgegangenen pragmatischen Handlungsrahmen (etwa dem Tauschhandel) in Verbindung bringen. Als die wirklichen neuen Marktformen in einer quasi reinen Form, also jene, die f��r ein Erfahrungsstadium jenseits der Schriftkultur typisch sind, mu? man sich aber die Aktienb?rsen und die im Internet abgewickelten Formen des Warentausches und der Auktionen vergegenw?rtigen. Man mu? sich jene unsichtbaren, weit verzweigten, im Netzwerk sich vollziehenden Transaktionen vorstellen, bei denen kaum noch zu sagen ist, wer sie in Gang gebracht, diese oder eine andere fortgef��hrt oder einen Handel erfolgreich abgeschlossen hat, bzw. nach welchen Kriterien sich dies vollzog. Diese Transaktionen f��hren gleichsam ein Eigenleben, haben eine Eigendynamik.
Der Begriff Vermittlungsmaschine konnotiert auch die Vorstellung von einem Programm. Manch ein B?rsenmakler steht der Entwicklung, in der viele Vermittlungen durch Entit?ten stattfinden, die weder sprechen noch schreiben k?nnen, reserviert gegen��ber. Dennoch ist der B?rsenhandel mit Hilfe von Programmen heute eine Selbstverst?ndlichkeit. Wirtschaftsexperten und Marktforscher, die gemeinsam Software auf der Grundlage von biologischen Analogien, der Genetik und dynamischen Systemmodellen entwickeln, belegen dies nachdr��cklich.
Vorbemerkungen
Wenn wir das Verh?ltnis zwischen Markt und Schriftkultur, bzw. einem Stadium jenseits der Schriftkultur, n?her betrachten, brauchen wir zun?chst einen begrifflichen Rahmen, innerhalb dessen die spezifische Rolle der Sprache als Vermittlungselement auf diesem Markt genauer zu fassen ist. Insbesondere m��ssen wir die Funktionen betrachten, die die Schriftkultur bei der Diversifizierung von M?rkten und deren Effizienzsteigerung erf��llt hat. Wenn n?mlich die Grenzen der Vermittlungsf?higkeiten der Schriftkultur erreicht sind, wird auch ihre Effizienz in Frage gestellt. Das geschieht nicht etwa au?erhalb des Marktes, wie einige Wissenschaftler und Politiker uns glauben machen wollen. Diese Erkenntnis stellt sich auf dem Markt selbst ein, auf dem im ��brigen auch geistige Arbeit einschlie?lich der Schriftkultur als Ware gehandelt wird.
Im folgenden sei Markt verstanden als ein Zeichenproze?, durch den sich die Menschen in der Welt konstituieren. Insofern k?nnen Transaktionen auf dem Markt als Erweiterungen der menschlichen biologischen Anlagen gesehen werden: Die Produkte unserer Arbeit verk?rpern die strukturalen Merkmale unserer nat��rlichen Anlagen und gen��gen den Bed��rfnissen und Erwartungen, die diesen Merkmalen entsprechen. Diese Produkte sind Ausdruck unserer Pers?nlichkeit und unserer Kultur, sie ergeben sich aus den Erwartungen und Werten, die f��r die menschliche Gattung charakteristisch sind, und lassen das Selbstbewu?tsein und die Zukunftsziele dieser Gattung erkennen. Mit der Sprache, mehr noch mit der Schriftkultur, werden M?rkte zu Auslegungsinstanzen, projektive Instantierungen (d. h. Materialisierungen) von uns selbst auf dem Weg zu einer neuen Entwicklungsschwelle, einer neuen Skala. Die Selbstkonstituierung des Menschen durch M?rkte versinnbildlicht die erreichten Ebenen der produktiven und kreativen Kr?fte und die Ziele, die urspr��nglich dem ��berleben dienten, sp?ter dem Wohlstand und nunmehr der Komplexit?t einer globalen Skala gegenw?rtiger und zuk��nftiger Handlungsformen.
Von den fr��hesten Formen des Tauschhandels bis zum heutigen Handel mit Futures und Optionen, von der Geldwirtschaft zur bargeldlosen Gesellschaft haben M?rkte seit jeher den Rahmen f��r eine immer h?here Handelseffizienz geschaffen, die oft genug gleichbedeutend mit Profit ist. Die allgemeinen Erkl?rungen, zum Beispiel der Zeichencharakter des Marktes, lassen dennoch einige spezifische Fragen offen: Wie kommt es z. B., da? ein Ger��cht ��ber eine Firma deren B?rsenwert beeinflussen kann, w?hrend ver?ffentlichte Rechenschaftsberichte nahezu unbeachtet und wirkungslos bleiben? Es k?nnte sein, da? die verborgenen Strukturen der im vorliegenden Buch diskutierten Abl?ufe mehr zur Erkl?rung und Vorhersage solcher Ph?nomene beitragen k?nnen als die vielf?ltigen mit akademischer Aura versehenen Theorien.
Products "R" Us
Wenn wir den Menschen als ein Zeichen setzendes Wesen (zoon semeiotikon) verstehen, so will das besagen, da? der Mensch seine individuelle Wirklichkeit in die Realit?t des allgemeinen Daseins durch semiotische Mittel hineinprojiziert. Auf dem Markt treffen die drei Einheiten des Zeichenprozesses zusammen: das Darstellende (Representamen), das, was dargestellt ist (Gegenstand) und der Interpretationsvorgang (Interpretant). Diese Begriffe k?nnen auch in Bezug auf den Markt definiert werden. Das Representamen ist das auf dem Markt erkennbare Zeichenrepertoire. Dabei kann es sich um vielerlei Dinge handeln, um N��tzlichkeit (eines bestimmten Produktes), Seltenheit, Quantit?t, das zur Herstellung verwendete Material, die f��r die Entwicklung und Hervorbringung eines Produktes aufgewendete Phantasie oder die f��r den Herstellungsproze? verwendete Technologie oder verbrauchte Energie. Die Menschen k?nnen durch v?llig unerwartete Eigenschaften eines Produktes angezogen werden, k?nnen geradezu eine Abh?ngigkeit von Farbe, Form, Markennamen, Geruch usw. entwickeln. Manchmal ist das Representamen der Preis, der die an einem Produkt beteiligten Elemente oder andere Preiskriterien wie Verkaufstrend, die Attraktivit?t (sexiness) eines Produkts, die Leichtgl?ubigkeit oder die mangelnden wirtschaftlichen Kenntnisse von K?ufern benennt. In jedem Fall repr?sentiert der Preis das Produkt,
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