Isabella von Aegypten | Page 6

Achim von Arnim
durch eine zahme Ohreule, mit der sie sich seit einiger Zeit herumtrieb, ein dreimaliges Zeichen gab, da? sie eingelassen sein wollte. Bella sprang unwillig von ihrem Buche auf, das merkwürdige Zauberhistorien enthielt, und wie Braka eingetreten, setzte sie sich wieder stillschweigend dabei nieder, da? die Alte ganz b?se ihre H?nde in die beiden Seiten stemmte: "Nun, kriegt die alte Braka heut keinen Gru?, keinen Ku?? ja wenn die Kinder klein sind, so wissen sie kaum, was sie einem alles für Liebes und Gutes antun sollen, aber kaum fangen sie an, was vollst?ndig zu werden, da haben sie keine Ohren mehr für alles Gute, was man ihnen tun m?chte; nun, den Kuchen sollst du heute nicht bekommen, wenn du mich nicht recht darum bittest, habe darum eine halbe Stunde beim B?cker warten müssen, der sollte heute auf des Prinzen Tisch, die Magd wird sich sch?ne wundern, wenn sie beim B?cker zum Abholen kommt und er schon fort ist."
"Wenn ich dich auch nicht bitte", sagte Bella, "du hast doch keine Ruhe, bis ich ein Stück davon gegessen; gib nur her und sei nicht b?se. Ich bin heute bei meines Vaters Büchern gewesen und habe da so sch?ne Geschichten gefunden, da? ich gern ein Gespenst werden m?chte." Die Alte sah in das Buch hinein und sagte: "Es ist doch sonderbar, da? ich so alt bin und kann nicht lesen, und du bist nur so ein Kuckindiewelt und kannst es schon; nun h?r einmal, wenn du Lust hast, ein Gespenst zu werden, du kannst dazu kommen, das f?llt mir soeben ein, und wir k?nnen es brauchen."
"Was ist denn, du siehst ja so bedenklich aus?"
"Sieh nur, Bella", fuhr die Alte fort, "es ist auch keine Kleinigkeit, was dir bevorsteht: denk nur, Prinz Karl ist gestern vor diesem Gartenhause mit seinem Lehrer Cenrio vorbeigeritten und hat gefragt, wie es k?me, da? es so verschlossen und verfallen auss?he. Cenrio hat ihm erz?hlt, wie die Gespenster alle K?ufer und Mieter abgeschreckt h?tten, alles, wie du es wei?t; wie dein Vater einen, der sich durchaus hier niederlassen wollte, mit Ruten gehauen; die vielen Eulen, die er in einer Kammer eingesperrt hatte und sie einem andern um den Kopf fliegen lie?, nun, du wei?t alles; der Prinz aber, statt da? er dadurch geschreckt worden, schwur, da? er ganz allein eine Nacht in diesem Hause schlafen und die Geister bald vertreiben wolle. Was fangen wir nun an? es kann jede Nacht geschehen, da? er in dies Haus kommt, und seine Leute werden die Ausg?nge sicher so besetzen, da? keiner von den Unsern heraus- oder hereinkann."
"H?r, Braka", sprach Bella, "den Prinzen m?chte ich doch gern sehen, ich habe so viel von ihm geh?rt, wie sch?n er ist und wie edel, wie er fechten und reiten kann."
"Du denkst nun schon wieder an den Prinzen und nicht an unsre Not", fuhr Braka fort; "hast du wohl Geschick, das Gespenst zu spielen? Das k?nnte dich retten!"
"Warum nicht", meinte Bella, "aber wie soll ich's anfangen?" und las weiter in ihrem Buche. "Sieh, Kind", sprach die Alte, "er kann in keinem andern Zimmer schlafen, als in dem schwarzen mit den goldenen Leisten, neben welchem das geheime K?mmerlein deines Vaters versteckt ist, denn die andern Zimmer haben alle mehr Eing?nge, da ist es ihm nicht so sicher, auch steht nur in diesem eine Bettstelle. Nun sieh, wenn du merkst, da? er stille, da? er eingeschlafen, so schleich aus der Kammer heraus, leg dich zu ihm ins Bette, und ich schw?r dir, da? er vor Angst davonl?uft und nie wiederkommt; sollte er aber Mut behalten und dich festhalten, sieh, so kostet es dir ja nur eine Lüge, da? du aus Liebe zu ihm eingedrungen, und dein Glück ist vielleicht gemacht."
"Ja, Alte", sagte Bella und las weiter, "wie du meinst, du mu?t das verstehen, ich wei? nichts davon."
"Aber sag mir nur, wo du das verfluchte Buch herbekommen hast", fragte die Alte weiter, "wenn ich mit dir ernsthafte Sachen rede, denkst du an nichts als an das Buch."
"Ich hab es aus des Vaters Kammer geholt", sagte Bella, "es liegen da noch mehrere, nimm dir auch eins."
"Wenn du es erlaubst", sagte die Alte, "so gehe ich gern einmal herein; ich habe mich immer gefürchtet, es dir zu sagen, ich wu?te nicht, ob dein Vater es nicht verboten."
"Geh nur", sagte Bella, "du wirst sonst nicht viel finden."
Die Alte ging mit einer gescheiten Neugierde; an der Türe bat sie Bella, den schwarzen Hund wegzurufen, der immer vor der Kammertür lag und niemand als Bella einzulassen Befehl hatte. Bella rief ihn zu sich, und die Alte ging ohne Aufenthalt in die Kammer. Als sie drin war, lachte Bella, wies den Hund wieder zur Kammertür und versteckte sich, um den Schreck der Alten zu sehen; es war ein Prinzessinnenspa?, aber sie war auch liebenswürdig wie eine Prinze? und war von je wie eine Prinze? verehrt worden.
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