Isabella von Aegypten | Page 7

Achim von Arnim
Nicht lange nachher wollte die Alte mit einem gro?en Kr?uterbündel und mit einem Sacke zur Türe hinaustreten, aber der schwarze Hund machte ihr ein Paar feurige Augen und zeigte die Z?hne; sie trat erschrocken zurück und rief nach Bella in gro?er Angst. Zu gleicher Zeit h?rten sie ein ungewohntes Getrappel von Pferden vor der Türe, Menschen, welche über den Hof kamen, und Bella flüchtete sich erschreckt mit dem Lichte und den Speisen und mit dem Hunde zur Alten in die Kammer, die sie verschlossen, um dort in aller Stille abzuwarten, ob dies der Prinz gewesen sei, der seinen Kampf gegen die Gespenster ausfechten wollte. Sie hatten sich nicht geirrt, es war Karl, der künftige Beherrscher einer Welt, in der die Sonne nie untergeht, in der ersten Frische des vollendenden Wuchses, der in das verlassene Zimmer kam. Bella konnte ihn durch ein verstecktes Türloch recht deutlich sehen, ihr war nie so etwas vorgekommen; sie hatte nur braune Zigeuner gesehen, lustig und heftig; dieser aber trat so gro?mütig einher, so sanft in geübter Kraft, sie wu?te, da? er es war, der künftige Herrscher, noch ehe ihn seine Begleiter als Prinz gegrü?t. Sein Hochmut entzückte sie, mit dem er Cenrio zurückwies, der die Wette zurücknehmen wollte, weil er behauptete, der Prinz habe durch seine Anwesenheit bew?hrt, da? er sie wirklich ausführen wolle. Der Prinz warf aber rasch sein schwarzsammetnes Barett auf den Tisch, breitete seinen Regenmantel über die Bettstelle und befahl Cenrio, auf die Umgebung des Hauses zu wachen und ihm ein paar brennende Kerzen im Zimmer zurückzulassen, er sei müde. Cenrio empfahl ihm, das Zeichen mit der Pistole nicht zu vergessen, wenn er jemand bedürfte; oder im Fall diese versagte, dabei besah er das Schlo?, so würde sein Rufen schon genügen, da er einen Soldaten unter dem Fenster ausstellen und selbst in der N?he wachen würde. Der Prinz meinte, er m?chte sich das Wachen und Bewachen ersparen, in seinem Panzerhemde, mit gutem Degen bewaffnet sollte ihm so leicht niemand gef?hrlich werden; die Ammenm?rchen von Geistern schreckten ihn aber nicht mehr. Cenrio verlie? das Zimmer. Der Prinz stützte sich auf die Hand und lallte ein Lied, um wach zu bleiben; dann streckte er sich aufs Bette und sang wieder, indem er einschlummerte; da das Bette der Kammer gegenüberstand, konnte Bella ihn deutlich sehen und die Worte vernehmen:
Komm, lieblich schwarze Nacht, Und drücke schie?ende Sterne, Wie Siegel deiner Macht, Als Zeichen meiner Ferne, In meine mutige Brust, Da? aller Funken Lust Aus künftigen Kronen geschmiedet, Mich wecke, den Dienen ermüdet.
Sie sitzt auf dunklem Thron, Ihr ruhet auf wolkigem Kissen Die ewig schimmernde Kron'.-- O m?cht' ich die Liebliche küssen! Und machte der Venus Stern Die einzige Nacht mich zum Herrn, Dann k?nnt' ich die Erde umwallen, Mit allen Kronen,--mit allen.
"Der ist einmal ungeduldig, da? er zur Regierung komme", sagte die Alte mit leiser Stimme zu Bella. Seine Augen sanken nieder und sein Haupt. Er war eingeschlafen, und Bella starrte noch immer zu ihm hin und konnte sich nicht satt sehen; die Alte aber hatte schon ihren Anschlag gefa?t. Die Waffen, Degen und Pistole, lagen vor dem Bette des Prinzen, die sollte Bella erst leise holen und dann den Geist spielen und sich zu ihm legen; aber nur mit Mühe beredete sie das M?dchen dazu, Schuh und Strümpfe auszuziehen, damit sie leise gehen k?nne, und ihr Kleid auszuziehen, damit sie nirgends ansto?en m?ge, und mu?te sie fast zur Kammertür hinaussto?en, die sie vorsichtig nur anlegte, um ihr den Rückzug zu sichern. Das alte Weib hatte sicher eine b?se Absicht bei diesem Vorschlage: das Kuppeln war lange ihr Hauptgesch?ft, und diesmal konnte sie auf einmal das Glück aus dem niedern Stande emporrei?en. Bella ahndete von dem allen nichts, es war ihr lieb, den Prinzen in der N?he zu sehen, darum untersuchte sie nicht lange, ob der Vorschlag der Alten wirklich vernünftig angelegt sei. Sie trat also mit gro?er Sorgfalt an das Bette des Prinzen, der so fest schlief, da? sie mit Sicherheit seine Waffen h?tte forttragen k?nnen; die Alte sah beide mit Freuden an. Bella nach Art der Zigeuner in eine blaue Leinewand statt des Hemdes gewickelt, die von einem goldnen Gürtel festgehalten wurde, hatte die runden, blendenden Arme etwas scheu nach dem Prinzen ausgestreckt, die zierlichen, leisen Tritte der schimmernden Fü?e hinziehend zu ihm, aus ihren unz?hligen Locken tausend Glückslose auf ihn taumelnd in tausend sü?en Blicken, bis der Mund sich nicht mehr halten konnte und auf den Mund des Prinzen niedersank. Bis jetzt war ihr alles gelungen, der Prinz aber, von dem Kusse erweckt, vor den erschreckten Augen von tausend Phantomen seines Traumes wie mit glühenden Kugeln umstürmt, sprang mit h?chstem Ungestüme auf und stürzte atemlos schreiend in das Nebenzimmer; seine Pistole, seinen Degen, alles hatte er vergessen, solch ein Grauen wohnt in der Tiefe des hochmütigsten Menschen vor der unnennbaren Welt, die sich
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