"Geh nur", sagte Bella, "du wirst sonst nicht viel finden."
Die Alte ging mit einer gescheiten Neugierde; an der Türe bat sie Bella,
den schwarzen Hund wegzurufen, der immer vor der Kammertür lag
und niemand als Bella einzulassen Befehl hatte. Bella rief ihn zu sich,
und die Alte ging ohne Aufenthalt in die Kammer. Als sie drin war,
lachte Bella, wies den Hund wieder zur Kammertür und versteckte sich,
um den Schreck der Alten zu sehen; es war ein Prinzessinnenspaß, aber
sie war auch liebenswürdig wie eine Prinzeß und war von je wie eine
Prinzeß verehrt worden. Nicht lange nachher wollte die Alte mit einem
großen Kräuterbündel und mit einem Sacke zur Türe hinaustreten, aber
der schwarze Hund machte ihr ein Paar feurige Augen und zeigte die
Zähne; sie trat erschrocken zurück und rief nach Bella in großer Angst.
Zu gleicher Zeit hörten sie ein ungewohntes Getrappel von Pferden vor
der Türe, Menschen, welche über den Hof kamen, und Bella flüchtete
sich erschreckt mit dem Lichte und den Speisen und mit dem Hunde
zur Alten in die Kammer, die sie verschlossen, um dort in aller Stille
abzuwarten, ob dies der Prinz gewesen sei, der seinen Kampf gegen die
Gespenster ausfechten wollte. Sie hatten sich nicht geirrt, es war Karl,
der künftige Beherrscher einer Welt, in der die Sonne nie untergeht, in
der ersten Frische des vollendenden Wuchses, der in das verlassene
Zimmer kam. Bella konnte ihn durch ein verstecktes Türloch recht
deutlich sehen, ihr war nie so etwas vorgekommen; sie hatte nur braune
Zigeuner gesehen, lustig und heftig; dieser aber trat so großmütig
einher, so sanft in geübter Kraft, sie wußte, daß er es war, der künftige
Herrscher, noch ehe ihn seine Begleiter als Prinz gegrüßt. Sein
Hochmut entzückte sie, mit dem er Cenrio zurückwies, der die Wette
zurücknehmen wollte, weil er behauptete, der Prinz habe durch seine
Anwesenheit bewährt, daß er sie wirklich ausführen wolle. Der Prinz
warf aber rasch sein schwarzsammetnes Barett auf den Tisch, breitete
seinen Regenmantel über die Bettstelle und befahl Cenrio, auf die
Umgebung des Hauses zu wachen und ihm ein paar brennende Kerzen
im Zimmer zurückzulassen, er sei müde. Cenrio empfahl ihm, das
Zeichen mit der Pistole nicht zu vergessen, wenn er jemand bedürfte;
oder im Fall diese versagte, dabei besah er das Schloß, so würde sein
Rufen schon genügen, da er einen Soldaten unter dem Fenster
ausstellen und selbst in der Nähe wachen würde. Der Prinz meinte, er
möchte sich das Wachen und Bewachen ersparen, in seinem
Panzerhemde, mit gutem Degen bewaffnet sollte ihm so leicht niemand
gefährlich werden; die Ammenmärchen von Geistern schreckten ihn
aber nicht mehr. Cenrio verließ das Zimmer. Der Prinz stützte sich auf
die Hand und lallte ein Lied, um wach zu bleiben; dann streckte er sich
aufs Bette und sang wieder, indem er einschlummerte; da das Bette der
Kammer gegenüberstand, konnte Bella ihn deutlich sehen und die
Worte vernehmen:
Komm, lieblich schwarze Nacht, Und drücke schießende Sterne, Wie
Siegel deiner Macht, Als Zeichen meiner Ferne, In meine mutige Brust,
Daß aller Funken Lust Aus künftigen Kronen geschmiedet, Mich
wecke, den Dienen ermüdet.
Sie sitzt auf dunklem Thron, Ihr ruhet auf wolkigem Kissen Die ewig
schimmernde Kron'.-- O möcht' ich die Liebliche küssen! Und machte
der Venus Stern Die einzige Nacht mich zum Herrn, Dann könnt' ich
die Erde umwallen, Mit allen Kronen,--mit allen.
"Der ist einmal ungeduldig, daß er zur Regierung komme", sagte die
Alte mit leiser Stimme zu Bella. Seine Augen sanken nieder und sein
Haupt. Er war eingeschlafen, und Bella starrte noch immer zu ihm hin
und konnte sich nicht satt sehen; die Alte aber hatte schon ihren
Anschlag gefaßt. Die Waffen, Degen und Pistole, lagen vor dem Bette
des Prinzen, die sollte Bella erst leise holen und dann den Geist spielen
und sich zu ihm legen; aber nur mit Mühe beredete sie das Mädchen
dazu, Schuh und Strümpfe auszuziehen, damit sie leise gehen könne,
und ihr Kleid auszuziehen, damit sie nirgends anstoßen möge, und
mußte sie fast zur Kammertür hinausstoßen, die sie vorsichtig nur
anlegte, um ihr den Rückzug zu sichern. Das alte Weib hatte sicher eine
böse Absicht bei diesem Vorschlage: das Kuppeln war lange ihr
Hauptgeschäft, und diesmal konnte sie auf einmal das Glück aus dem
niedern Stande emporreißen. Bella ahndete von dem allen nichts, es
war ihr lieb, den Prinzen in der Nähe zu sehen, darum untersuchte sie
nicht lange, ob der Vorschlag der Alten wirklich vernünftig angelegt sei.
Sie trat also mit großer Sorgfalt an das Bette des Prinzen, der so fest
schlief, daß sie mit Sicherheit seine Waffen hätte forttragen können; die
Alte sah beide mit Freuden an. Bella nach Art der Zigeuner in eine
blaue Leinewand statt des Hemdes gewickelt, die von einem goldnen
Gürtel festgehalten wurde, hatte die runden, blendenden Arme etwas
scheu nach dem Prinzen ausgestreckt, die zierlichen, leisen
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