Hohe Sommertage - Neue Gedichte | Page 8

Gustav Falke
Syringen erpicht.
Noch einmal, hops! — Euch will ich
kriegen.
Ich klopf ans Fenster. Hei, wie sie fliegen.
So ein Bubenvolk ist schlimm,
Gefällt ihm was, gleich denkt es:
nimm!
Aber dass auch die Mädel — ich bitt,
Kommen da welche
gleich zu dritt,
Recken die Hälschen, drehen die Köpfchen

Ängstlich und schlenkern mit den Zöpfchen.

Hebt sich die längste auf den Zeh'n,
Einmal, zweimal, es will nicht
gehn.
Gehuschel, Getuschel. Mädel sind klug;
Hat sie, bevor ich
ans Fenster schlug,
Das kleinste schnell auf den Arm genommen

Und die allerschönsten Syringen bekommen.
Ich drohe ihr, sie lacht mich an,
Wie nur ein Mädel lachen kann,

SpitzbÃ&fraq14;bisch, schelmisch und doch ganz lieb.
Es ist ein
allerliebster Dieb,
Und da — ich will recht finster blicken
Und
kann nur lachen und freundlich nicken.
In Zukunft sind die Syringen frei,
Ob Mädel, ob Buben, ist einerlei.

Was ihr im Sprung erhäschen könnt,
Ihr Diebsgelichter, sei
euch gegönnt.
Nur braucht ihr das selber nicht grade zu wissen,

Mein Bäumchen wÃ&fraq14;rde mir arg zerrissen.
Die Räuber
Ich war, ein Knabe, in den Wald gegangen
Mit meinen
BrÃ&fraq14;dern. Wie die wilden Rangen
Den Ferienmorgen durch
die BÃ&fraq14;sche trieben,
Dass er entfloh, als hätt er
Hasenläufe.
Und selber jagten sie sich umeinander,
Hierhin,
dorthin, wie steuerlose Brander.
Und wirklich war bald nichts vom
Wald geblieben,
Als funkenÃ&fraq14;berstreute Aschenhäufe.
Ein rechter Räuber, seines Werts durchdrungen,
Und sei er auch der
Schule just entsprungen,
Kann nicht der BÃ&fraq14;rger glatte Wege
wandeln,
Wo Förster und Magister ihm begegnen.
Er braucht das
Dickicht, wo kein Hund ihn wittert,
Braucht finstre Höhlen,
buschwerkÃ&fraq14;bergittert,
Wo kein Gesetz ihm lahmt das
kÃ&fraq14;hne Handeln
Und keine PrÃ&fraq14;gel in sein
Handwerk regnen,
O Freiheit, deine roten Flammen schlugen
So stÃ&fraq14;rmisch nie,
und keine Hände trugen
So hochgemut die lodernden Fanale,
Wir
waren Räuber und dazu Indianer,
Zum „Großen Adler“

wurde Hänschen Meier,
Und MÃ&fraq14;llers Fritzchen zum
„Gefleckten Geier“,
Die Friedenspfeife ging zum dritten Male

Von Hand zu Hand, und blass saß der Quartaner.
Und schweigend qualmten um die dÃ&fraq14;rren Reiser
Die tapfern
Krieger, jeder Held ein Weiser
Im großen Rat: Und durch die
Buchenrunde
Zog sacht der Rauch des Feuers und der Pfeifen.

Dann ging die Flasche mit dem Himbeersafte,
Die der verwegene
Häuptling sich verschaffte,
„Der große BÃ&fraq14;ffel“,
still von Mund zu Munde.
Ein Pfiff! Und nach dem Kriegsbeil galt's
zu greifen.
Ihr Knabenspiele unter Sommerbuchen,
Wo soll ich köstlichere
Freuden suchen,
Als die aus eurem tollen Treiben sprossen,
Wie
helle Rosen aus den wilden Ranken.
Doch Dornen hatten, weh! auch
diese Rosen,
Und sie zerrissen nicht allein die Hosen,
Auch rotes
Blut ist jämmerlich geflossen,
Und dann, zu Haus, der
Räubermutter Zanken.
Und einmal mussten wir die HäuptlingsrÃ&fraq14;cken,
O
Schmach fÃ&fraq14;r Helden, untern Stecken bÃ&fraq14;cken.
Den
großen BÃ&fraq14;ffel nahm man fest beim Horne,
Der große
Adler musste Federn lassen,
Denn aus der Asche unsrer
Höhlenscheite
Erstand ein Kläger, der in alle Weite
Die Klage
rief. Die ward zum Todesdorne
FÃ&fraq14;r unsern Mut und ließ
uns feig erblassen.
Der Wald in Flammen! Weh, die Schreckenskunde!
Wir zitterten.
Nun ist die letzte Stunde
FÃ&fraq14;r euch gekommen, und die
Messer blitzen,
Kreisrund den Skalp von eurem Haupt zu trennen.

Der Wald in Flammen! Förster, Polizisten,
Kerker, Schafott,
ringsum die Stadtgardisten —
Doch nein, man wird euch schon die
Haut nicht ritzen.
Mut, großer BÃ&fraq14;ffel! Nur die Weiber
flennen.

Die Zähne fest! Und Hiebe gab es, Hiebe!
Und ist die
ZÃ&fraq14;chtigung ein Werk der Liebe,
Kein Vater liebte heißer
seine Knaben
Und mehr als sie verdienten, wie ich meine:
Zwei
junge Buchen waren drauf gegangen,
Und unsres Wigwams
rauchgeschwärzte Stangen
Schrien unsre Schandtat in das Ohr des
Raben,
Der Krumen las an unserm Opfersteine.
Denkmalkantate
Bimmbamm, Bimmbumm,
Bitte, bitte, bettel, bettel,
Klingelbeutel
geht herum,
Blankes Silber, blaue Zettel,
Nickel ist und Gold
willkommen,
Alles wird mit Dank genommen,
Bitte, bitte!
Bimmbamm, bimmbumm,
Große Leute soll man ehren,

Klingelbeutel geht herum,
Bitte, alle Taschen leeren,
Bitte, bitte,
bettel, bettel,
Blankes Silber, blaue Zettel,
Bettel, bettel!
Bimmbamm, bimmbumm,
Den wir feierlichst begraben,

Klingelbeutel geht herum,
Dass er kann ein Denkmal haben.
Nickel
ist und Gold willkommen,
Alles wird mit Dank genommen,
Bitte,
bitte!
Bimmbamm, bimmbumm,
So ein Denkmal ist nicht billig,

Klingelbeutel geht herum,
Jeder sei nach Kräften willig,
Bitte,
bitte, bettel, bettel,
Blankes Silber, blaue Zettel,
Bettel, bettel!
Bimmbamm, bimmbumm,
Unsre Enkel soll es lehren,

Klingelbeutel geht herum,
Wie man das Genie muss ehren.
Was es
selber nie bekommen,
Alles wird mit Dank genommen,
Bitte, bitte!
Bimmbamm, bimmbumm,
Festkonzert und Denkmalfeier,

Klingelbeutel geht herum,
FÃ&fraq14;nfzig Mark giebt Minchen
Meier,

Bitte, bitte, bettel, bettel,
Blankes Silber, blaue Zettel,

Bettel, bettel!

Bescheidener Wunsch.
Wenn ihr uns nur wolltet lesen!
Was haben wir von dem
Denkmalwesen?
Ach, wonach wir gedarbt im Leben,
Jetzt könnt
ihr es so leicht uns geben:
Ein wenig Liebe. Der Tod macht uns billig.

Kauft uns. Aufs Denkmal verzichten wir willig.
Mehr freut uns,
wenn ihr ein Lied von uns kennt,
Als wenn unser Bild in der Sonne
brennt.
Eure Liebe sei unser Postament.
Zweimal zwei ist vier
Mit großen Gebärden und großen Worten
Treibens viele Leute
allerorten.
Haben eine absonderliche Manier,
Zu sagen: zweimal
zwei ist vier.
Orakeln im mystischen Tempelbass:
Liebe
BrÃ&fraq14;der, wenn's regnet, wird's nass!
Je weniger sie zu sagen
haben,
Je toller gebärden sich die Knaben.
Doch wie sie sich
geben und wie sie beharren,
Man merkt gleich, es sind Narren.
Sind
auch etliche „Dichter“ darunter,
Die treiben's erst munter!
Prolog zur Nietzsche-Gedenkfeier
der Literarischen Gesellschaft in Hamburg
Er fuhr vorÃ&fraq14;ber, hellen Angesichtes,
Der Tod, als ging's zu
einer Hochzeitsfeier.
Wohin? Wem neidest du das GlÃ&fraq14;ck
des Lichtes,
Du mit der Hast des beutefrohen Geiers?
Ein kurzer Blick, er hemmte seinen Flug
Und stand.
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