Hermann und Dorothea | Page 7

Johann Wolfgang von Goethe
was w?re die Stadt, wenn nicht immer Jeder ged?chte mit Lust zu erhalten und zu erneuen Und zu verbessern auch, wie die Zeit uns lehrt und das Ausland! Soll doch nicht als ein Pilz der Mensch dem Boden entwachsen Und verfaulen geschwind an dem Platze, der ihn erzeugt hat, Keine Spur nachlassend von seiner lebendigen Wirkung! Sieht man am Hause doch gleich so deutlich, wes Sinnes der Herr sei, Wie man, das St?dtchen betretend, die Obrigkeiten beurteilt. Denn wo die T��rme verfallen und Mauern, wo in den Gr?ben Unrat sich h?ufet und Unrat auf allen Gassen herumliegt, Wo der Stein aus der Fuge sich r��ckt und nicht wieder gesetzt wird, Wo der Balken verfault und das Haus vergeblich die neue Unterst��tzung erwartet: der Ort ist ��bel regieret. Denn wo nicht immer von oben die Ordnung und Reinlichkeit wirket, Da gew?hnet sich leicht der B��rger zu schmutzigem Saumsal, Wie der Bettler sich auch an lumpige Kleider gew?hnet. Darum hab ich gew��nscht, es solle sich Hermann auf Reisen Bald begeben und sehn zum wenigsten Stra?burg und Frankfurt Und das freundliche Mannheim, das gleich und heiter gebaut ist. Denn wer die St?dte gesehn, die gro?en und reinlichen, ruht nicht, K��nftig die Vaterstadt selbst, so klein sie auch sei, zu verzieren. Lobt nicht der Fremde bei uns die ausgebesserten Tore Und den geweihten Turm und die wohlerneuerte Kirche? R��hmt nicht jeder das Pflaster? die wasserreichen, verdeckten, Wohlverteilten Kan?le, die Nutzen und Sicherheit bringen, Da? dem Feuer sogleich beim ersten Ausbruch gewehrt sei, Ist das nicht alles geschehn seit jenem schrecklichen Brande? Bauherr war ich sechsmal im Rat und habe mir Beifall, Habe mir herzlichen Dank von guten B��rgern verdienet, Was ich angab, emsig betrieben und so auch die Anstalt Redlicher M?nner vollf��hrt, die sie unvollendet verlie?en. So kam endlich die Lust in jedes Mitglied des Rates. Alle bestreben sich jetzt, und schon ist der neue Chausseebau Fest beschlossen, der uns mit der gro?en Stra?e verbindet. Aber ich f��rchte nur sehr, so wird die Jugend nicht handeln! Denn die einen, sie denken auf Lust und verg?nglichen Putz nur, Andere hocken zu Haus und br��ten hinter dem Ofen. Und das f��rcht ich, ein solcher wird Hermann immer mir bleiben."
Und es versetzte sogleich die gute verst?ndige Mutter: "Immer bist du doch, Vater, so ungerecht gegen den Sohn! und So wird am wenigsten dir dein Wunsch des Guten erf��llet. Denn wir k?nnen die Kinder nach unserem Sinne nicht formen; So wie Gott sie uns gab, so mu? man sie haben und lieben, Sie erziehen aufs beste und jeglichen lassen gew?hren. Denn der eine hat die, die anderen andere Gaben; Jeder braucht sie, und jeder ist doch nur auf eigene Weise Gut und gl��cklich. Ich lasse mir meinen Hermann nicht schelten; Denn, ich wei? es, er ist der G��ter, die er dereinst erbt, Wert und ein trefflicher Wirt, ein Muster B��rgern und Bauern, Und im Rate gewi?, ich seh es voraus, nicht der Letzte. Aber t?glich mit Schelten und Tadeln hemmst du dem Armen Allen Mut in der Brust, so wie du es heute getan hast." Und sie verlie? die Stube sogleich und eilte dem Sohn nach, Da? sie ihn irgendwo f?nd' und ihn mit g��tigen Worten Wieder erfreute; denn er, der treffliche Sohn, er verdient' es.
L?chelnd sagte darauf, sobald sie hinweg war, der Vater: "Sind doch ein wunderlich Volk die Weiber, so wie die Kinder! Jedes lebet so gern nach seinem eignen Belieben, Und man sollte hernach nur immer loben und streicheln. Einmal f��r allemal gilt das wahre Spr��chlein der Alten: Wer nicht vorw?rts geht, der kommt zur��cke! So bleibt es."
Und es versetzte darauf der Apotheker bed?chtig: "Gerne geb ich es zu, Herr Nachbar, und sehe mich immer Selbst nach dem Besseren um, wofern es nicht teuer doch neu ist; Aber hilft es f��rwahr, wenn man nicht die F��lle des Gelds hat, T?tig und r��hrig zu sein und innen und au?en zu bessern? Nur zu sehr ist der B��rger beschr?nkt; das Gute vermag er Nicht zu erlangen, wenn er es kennt. Zu schwach ist sein Beutel, Das Bed��rfnis zu gro?; so wird er immer gehindert. Manches h?tt' ich getan; allein wer scheut nicht die Kosten Solcher Ver?ndrung, besonders in diesen gef?hrlichen Zeiten! Lange lachte mir schon mein Haus im modischen Kleidchen, Lange gl?nzten durchaus mit gro?en Scheiben die Fenster; Aber wer tut dem Kaufmann es nach, der bei seinem Verm?gen Auch die Wege noch kennt, auf welchen das Beste zu haben? Seht nur das Haus an da dr��ben, das neue! Wie pr?chtig in gr��nen Feldern die Stukkatur der wei?en Schn?rkel sich ausnimmt! Gro? sind die Tafeln der Fenster, wie gl?nzen und spiegeln die Scheiben, Da? verdunkelt stehn die ��brigen H?user des Marktes! Und doch waren die unsern gleich nach dem Brande die sch?nsten, Die Apotheke zum Engel sowie der Goldene L?we. So war mein Garten auch in der
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