Hermann und Dorothea | Page 6

Johann Wolfgang von Goethe
eine der T?chter Unsers Nachbars zu w?hlen. Wir sind zusammen erzogen, Spielten neben dem Brunnen am Markt in fr��heren Zeiten, Und ich habe sie oft vor der Knaben Wildheit besch��tzet. Doch das ist lange schon her; es bleiben die wachsenden M?dchen Endlich billig zu Haus und fliehn die wilderen Spiele. Wohlgezogen sind sie gewi?! Ich ging auch zuzeiten Noch aus alter Bekanntschaft, so wie Ihr es w��nschtet, hin��ber; Aber ich konnte mich nie in ihrem Umgang erfreuen. Denn sie tadelten stets an mir, das mu?t' ich ertragen: Gar zu lang war mein Rock, zu grob das Tuch und die Farbe Gar zu gemein und die Haare nicht recht gestutzt und gekr?uselt. Endlich hatt' ich im Sinne, mich auch zu putzen wie jene Handelsb��bchen, die stets am Sonntag dr��ben sich zeigen, Und um die halbseiden im Sommer das L?ppchen herumh?ngt. Aber noch fr��h genug merkt' ich, sie hatten mich immer zum besten, Und das war mir empfindlich, mein Stolz war beleidigt; doch mehr noch Kr?nkte mich's tief, da? so sie den guten Willen verkannten, Den ich gegen sie hegte, besonders Minchen, die j��ngste. Denn so war ich zuletzt an Ostern hin��bergegangen, Hatte den neuen Rock, der jetzt nur oben im Schrank h?ngt, Angezogen und war frisiert wie die ��brigen Bursche. Als ich eintrat, kicherten sie; doch zog ich's auf mich nicht. Minchen sa? am Klavier; es war der Vater zugegen, H?rte die T?chterchen singen und war entz��ckt und in Laune. Manches verstand ich nicht, was in den Liedern gesagt war, Aber ich h?rte viel von Pamina, viel von Tamino, Und ich wollte doch auch nicht stumm sein! Sobald sie geendet, Fragt' ich dem Texte nach und nach den beiden Personen. Alle schwiegen darauf und l?chelten; aber der Vater Sagte: "Nicht wahr, mein Freund, Er kennt nur Adam und Eva?" Niemand hielt sich alsdann, und laut auf lachten die M?dchen, Laut auf lachten die Knaben, es hielt den Bauch sich der Alte. Fallen lie? ich den Hut vor Verlegenheit, und das Gekicher Dauerte fort und fort, soviel sie auch sangen und spielten. Und ich eilte besch?mt und verdrie?lich wieder nach Hause, H?ngte den Rock in den Schrank und zog die Haare herunter Mit den Fingern und schwur, nicht mehr zu betreten die Schwelle. Und ich hatte wohl recht; denn eitel sind sie und lieblos, Und ich h?re, noch hei?' ich bei ihnen immer Tamino."
Da versetzte die Mutter: "Du solltest, Hermann, so lange Mit den Kindern nicht z��rnen; denn Kinder sind sie ja s?mtlich. Minchen f��rwahr ist gut und war dir immer gewogen; Neulich fragte sie noch nach dir. Die solltest du w?hlen!"
Da versetzte bedenklich der Sohn: "Ich wei? nicht, es pr?gte Jener Verdru? sich so tief bei mir ein, ich m?chte f��rwahr nicht Sie am Klaviere mehr sehn und ihre Liedchen vernehmen."
Doch der Vater fuhr auf und sprach die zornigen Worte: "Wenig Freud' erleb ich an dir! Ich sagt' es doch immer, Als du zu Pferden nur und Lust nur bezeugtest zum Acker: Was ein Knecht schon verrichtet des wohlbeg��terten Mannes, Tust du; indessen mu? der Vater des Sohnes entbehren, Der ihm zur Ehre doch auch vor andern B��rgern sich zeigte. Und so t?uschte mich fr��h mit leerer Hoffnung die Mutter, Wenn in der Schule das Lesen und Schreiben und Lernen dir niemals Wie den andern gelang und du immer der Unterste sa?est. Freilich! das kommt daher, wenn Ehrgef��hl nicht im Busen Eines J��nglinges lebt und wenn er nicht h?her hinauf will. H?tte mein Vater gesorgt f��r mich, so wie ich f��r dich tat, Mich zur Schule gesendet und mir die Lehrer gehalten, Ja, ich w?re was anders als Wirt zum Goldenen L?wen!"
Aber der Sohn stand auf und nahte sich schweigend der T��re, Langsam und ohne Ger?usch; allein der Vater, entr��stet, Rief ihm nach: "So gehe nur hin! ich kenne den Trotzkopf! Geh und f��hre fortan die Wirtschaft, da? ich nicht schelte; Aber denke nur nicht, du wollest ein b?urisches M?dchen Je mir bringen ins Haus, als Schwiegertochter, die Trulle! Lange hab ich gelebt und wei? mit Menschen zu handeln, Wei? zu bewirten die Herren und Frauen, da? sie zufrieden Von mir weggehn, ich wei? den Fremden gef?llig zu schmeicheln. Aber so soll mir denn auch ein Schwiegert?chterchen endlich Wiederbegegnen und so mir die viele M��he vers��?en! Spielen soll sie mir auch das Klavier; es sollen die sch?nsten, Besten Leute der Stadt sich mit Vergn��gen versammeln, Wie es sonntags geschieht im Hause des Nachbars!" Da dr��ckte Leise der Sohn auf die Klinke, und so verlie? er die Stube.
Thalia?Die B��rger
Also entwich der bescheidene Sohn der heftigen Rede; Aber der Vater fuhr in der Art fort, wie er begonnen--"Was im Menschen nicht ist, kommt auch nicht aus ihm, und schwerlich Wird mich des herzlichsten Wunsches Erf��llung jemals erfreuen, Da? der Sohn dem Vater nicht gleich sei, sondern ein Be?rer. Denn was w?re das Haus,
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