Statt, ich hätte bis jetzt nicht gezaudert, Eins mir der Mädchen geholt,
so wie ich das Mütterchen forttrug."
Da versetzte der Sohn bescheiden dem dringenden Vater: "Wirklich,
mein Wille war auch, wie Eurer, eine der Töchter Unsers Nachbars zu
wählen. Wir sind zusammen erzogen, Spielten neben dem Brunnen am
Markt in früheren Zeiten, Und ich habe sie oft vor der Knaben Wildheit
beschützet. Doch das ist lange schon her; es bleiben die wachsenden
Mädchen Endlich billig zu Haus und fliehn die wilderen Spiele.
Wohlgezogen sind sie gewiß! Ich ging auch zuzeiten Noch aus alter
Bekanntschaft, so wie Ihr es wünschtet, hinüber; Aber ich konnte mich
nie in ihrem Umgang erfreuen. Denn sie tadelten stets an mir, das mußt'
ich ertragen: Gar zu lang war mein Rock, zu grob das Tuch und die
Farbe Gar zu gemein und die Haare nicht recht gestutzt und gekräuselt.
Endlich hatt' ich im Sinne, mich auch zu putzen wie jene
Handelsbübchen, die stets am Sonntag drüben sich zeigen, Und um die
halbseiden im Sommer das Läppchen herumhängt. Aber noch früh
genug merkt' ich, sie hatten mich immer zum besten, Und das war mir
empfindlich, mein Stolz war beleidigt; doch mehr noch Kränkte mich's
tief, daß so sie den guten Willen verkannten, Den ich gegen sie hegte,
besonders Minchen, die jüngste. Denn so war ich zuletzt an Ostern
hinübergegangen, Hatte den neuen Rock, der jetzt nur oben im Schrank
hängt, Angezogen und war frisiert wie die übrigen Bursche. Als ich
eintrat, kicherten sie; doch zog ich's auf mich nicht. Minchen saß am
Klavier; es war der Vater zugegen, Hörte die Töchterchen singen und
war entzückt und in Laune. Manches verstand ich nicht, was in den
Liedern gesagt war, Aber ich hörte viel von Pamina, viel von Tamino,
Und ich wollte doch auch nicht stumm sein! Sobald sie geendet, Fragt'
ich dem Texte nach und nach den beiden Personen. Alle schwiegen
darauf und lächelten; aber der Vater Sagte: "Nicht wahr, mein Freund,
Er kennt nur Adam und Eva?" Niemand hielt sich alsdann, und laut auf
lachten die Mädchen, Laut auf lachten die Knaben, es hielt den Bauch
sich der Alte. Fallen ließ ich den Hut vor Verlegenheit, und das
Gekicher Dauerte fort und fort, soviel sie auch sangen und spielten.
Und ich eilte beschämt und verdrießlich wieder nach Hause, Hängte
den Rock in den Schrank und zog die Haare herunter Mit den Fingern
und schwur, nicht mehr zu betreten die Schwelle. Und ich hatte wohl
recht; denn eitel sind sie und lieblos, Und ich höre, noch heiß' ich bei
ihnen immer Tamino."
Da versetzte die Mutter: "Du solltest, Hermann, so lange Mit den
Kindern nicht zürnen; denn Kinder sind sie ja sämtlich. Minchen
fürwahr ist gut und war dir immer gewogen; Neulich fragte sie noch
nach dir. Die solltest du wählen!"
Da versetzte bedenklich der Sohn: "Ich weiß nicht, es prägte Jener
Verdruß sich so tief bei mir ein, ich möchte fürwahr nicht Sie am
Klaviere mehr sehn und ihre Liedchen vernehmen."
Doch der Vater fuhr auf und sprach die zornigen Worte: "Wenig Freud'
erleb ich an dir! Ich sagt' es doch immer, Als du zu Pferden nur und
Lust nur bezeugtest zum Acker: Was ein Knecht schon verrichtet des
wohlbegüterten Mannes, Tust du; indessen muß der Vater des Sohnes
entbehren, Der ihm zur Ehre doch auch vor andern Bürgern sich zeigte.
Und so täuschte mich früh mit leerer Hoffnung die Mutter, Wenn in der
Schule das Lesen und Schreiben und Lernen dir niemals Wie den
andern gelang und du immer der Unterste saßest. Freilich! das kommt
daher, wenn Ehrgefühl nicht im Busen Eines Jünglinges lebt und wenn
er nicht höher hinauf will. Hätte mein Vater gesorgt für mich, so wie
ich für dich tat, Mich zur Schule gesendet und mir die Lehrer gehalten,
Ja, ich wäre was anders als Wirt zum Goldenen Löwen!"
Aber der Sohn stand auf und nahte sich schweigend der Türe, Langsam
und ohne Geräusch; allein der Vater, entrüstet, Rief ihm nach: "So gehe
nur hin! ich kenne den Trotzkopf! Geh und führe fortan die Wirtschaft,
daß ich nicht schelte; Aber denke nur nicht, du wollest ein bäurisches
Mädchen Je mir bringen ins Haus, als Schwiegertochter, die Trulle!
Lange hab ich gelebt und weiß mit Menschen zu handeln, Weiß zu
bewirten die Herren und Frauen, daß sie zufrieden Von mir weggehn,
ich weiß den Fremden gefällig zu schmeicheln. Aber so soll mir denn
auch ein Schwiegertöchterchen endlich Wiederbegegnen und so mir die
viele Mühe versüßen! Spielen soll sie mir auch das Klavier; es sollen
die schönsten, Besten Leute der Stadt sich mit Vergnügen versammeln,
Wie es sonntags geschieht im Hause des Nachbars!" Da drückte Leise
der Sohn auf die Klinke, und so verließ er die Stube.
Thalia
Die Bürger
Also entwich der bescheidene Sohn der heftigen Rede; Aber der Vater
fuhr in der Art fort, wie
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