Strohe Liegt die erst entbundene Frau des
reichen Besitzers, Die ich mit Stieren und Wagen noch kaum, die
Schwangre, gerettet. Spät nur kommen wir nach, und kaum das Leben
erhielt sie. Nun liegt, neugeboren, das Kind ihr nackend im Arme, Und
mit wenigem nur vermögen die Unsern zu helfen, Wenn wir im
nächsten Dorf, wo wir heute zu rasten gedenken, Auch sie finden,
wiewohl ich fürchte, sie sind schon vorüber. Wär' Euch irgend von
Leinwand nur was Entbehrliches, wenn Ihr Hier aus der Nachbarschaft
seid, so spendet's gütig den Armen."
Also sprach sie, und matt erhob sich vom Strohe die bleiche Wöchnerin,
schaute nach mir; ich aber sagte dagegen: "Guten Menschen fürwahr
spricht oft ein himmlischer Geist zu, Daß sie fühlen die Not, die dem
armen Bruder bevorsteht; Denn so gab mir die Mutter, im Vorgefühle
von eurem Jammer, ein Bündel, sogleich es der nackten Notdurft zu
reichen." Und ich löste die Knoten der Schnur und gab ihr den
Schlafrock Unsers Vaters dahin, und gab ihr Hemden und Leintuch.
Und sie dankte mit Freuden und rief: "Der Glückliche glaubt nicht, Daß
noch Wunder geschehn; denn nur im Elend erkennt man Gottes Hand
und Finger, der gute Menschen zum Guten Leitet. Was er durch Euch
an uns tut, tu er Euch selber." Und ich sah die Wöchnerin froh die
verschiedene Leinwand, Aber besonders den weichen Flanell des
Schlafrocks befühlen. "Eilen wir", sagte zu ihr die Jungfrau, "dem Dorf
zu, in welchem Unsre Gemeine schon rastet und diese Nacht durch sich
aufhält; Dort besorg ich sogleich das Kinderzeug, alles und jedes." Und
sie grüßte mich noch und sprach den herzlichsten Dank aus, Trieb die
Ochsen; da ging der Wagen. Ich aber verweilte, Hielt die Pferde noch
an; denn Zwiespalt war mir im Herzen, Ob ich mit eilenden Rossen das
Dorf erreichte, die Speisen Unter das übrige Volk zu spenden, oder
sogleich hier Alles dem Mädchen gäbe, damit sie es weislich verteilte.
Und ich entschied mich gleich in meinem Herzen und fuhr ihr Sachte
nach und erreichte sie bald und sagte behende: "Gutes Mädchen, mir
hat die Mutter nicht Leinwand alleine Auf den Wagen gegeben, damit
ich den Nackten bekleide, Sondern sie fügte dazu noch Speis' und
manches Getränke, Und es ist mir genug davon im Kasten des Wagens.
Nun bin ich aber geneigt, auch diese Gaben in deine Hand zu legen,
und so erfüll ich am besten den Auftrag; Du verteilst sie mit Sinn, ich
müßte dem Zufall gehorchen." Drauf versetzte das Mädchen: "Mit aller
Treue verwend ich Eure Gaben; der Dürftige soll sich derselben
erfreuen." Also sprach sie. Ich öffnete schnell die Kasten des Wagens,
Brachte die Schinken hervor, die schweren, brachte die Brote, Flaschen
Weines und Biers, und reicht' ihr alles und jedes. Gerne hätt' ich noch
mehr ihr gegeben; doch leer war der Kasten. Alles packte sie drauf zu
der Wöchnerin Füßen und zog so Weiter; ich eilte zurück mit meinen
Pferden der Stadt zu."
Als nun Hermann geendet, da nahm der gesprächige Nachbar Gleich
das Wort und rief: "O glücklich, wer in den Tagen Dieser Flucht und
Verwirrung in seinem Haus nur allein lebt, Wem nicht Frau und Kinder
zur Seite bange sich schmiegen! Glücklich fühl ich mich jetzt; ich
möcht' um vieles nicht heute Vater heißen und nicht für Frau und
Kinder besorgt sein. Öfters dacht' ich mir auch schon die Flucht und
habe die besten Sachen zusammengepaßt, das alte Geld und die Ketten
Meiner seligen Mutter, das alles noch heilig verwahrt liegt. Freilich
bliebe noch vieles zurück, das so leicht nicht geschafft wird. Selbst die
Kräuter und Wurzeln, mit vielem Fleiße gesammelt, Mißt' ich ungern,
wenn auch der Wert der Ware nicht groß ist. Bleibt der Provisor zurück,
so geh ich getröstet von Hause. Hab ich die Barschaft gerettet und
meinen Körper, so hab ich Alles gerettet; der einzelne Mann entfliehet
am leichtsten."
"Nachbar", versetzte darauf der junge Hermann mit Nachdruck,
"Keinesweges denk ich wie Ihr und tadle die Rede. Ist wohl der ein
würdiger Mann, der im Glück und im Unglück Sich nur allein bedenkt
und Leiden und Freuden zu teilen Nicht verstehet und nicht dazu von
Herzen bewegt wird? Lieber möcht' ich als je mich heute zur Heirat
entschließen; Denn manch gutes Mädchen bedarf des schützenden
Mannes Und der Mann des erheiternden Weibs, wenn ihm Unglück
bevorsteht."
Lächelnd sagte darauf der Vater: "So hör ich dich gerne! Solch ein
vernünftiges Wort hast du mir selten gesprochen."
Aber es fiel sogleich die gute Mutter behend ein: "Sohn, fürwahr! du
hast recht; wir Eltern gaben das Beispiel. Denn wir haben uns nicht an
fröhlichen Tagen erwählet, Und uns knüpfte vielmehr die traurigste
Stunde zusammen. Montag morgens--ich weiß es genau, denn Tages
vorher war Jener schreckliche Brand, der unser Städtchen
verzehrte--Zwanzig Jahre sind's nun; es war ein Sonntag wie heute,
Heiß und trocken die Zeit und wenig Wasser im
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