Helden | Page 8

George Bernard Shaw
auf der Stra?e wieder eine entsetzliche Salve.]
Raina [zu ihm eilend]: Bleiben Sie! [Sie erfa?t ihn ohne Bedenken und rei?t ihn zur��ck.] Man wird Sie t?ten.
Der Fl��chtling [k��hl, aber aufmerksam]: Das macht nichts und geh?rt eben zu meinem t?glichen Beruf; ich mu? es riskieren. [Entschlossen]: Nun tun Sie, was ich Ihnen sage: l?schen Sie die Kerzen aus, damit man das Licht nicht sehen kann, wenn ich die L?den ?ffne, und halten Sie sich ja vom Fenster fern, was immer auch geschehen mag. Wenn die mich sehen, werden sie sicher nach mir schie?en.
Raina [sich an ihn h?ngend]: Sie werden Sie ganz sicher sehen, der Mond scheint hell. Ich will Sie retten,,, Oh, wie k?nnen Sie nur so gleichg��ltig sein! Sie wollen doch, da? ich Sie retten soll, nicht wahr?
Der Fl��chtling: Ich m?chte Sie wirklich nicht l?nger st?ren. [Sie sch��ttelt ihn in ihrer Ungeduld]: Ich bin durchaus nicht gleichg��ltig gegen den Tod, verehrtes Fr?ulein, glauben Sie mir, aber was soll ich sonst anfangen?
Raina: Vor allem kommen Sie doch vom Fenster fort, ich bitte Sie. [Sie schmeichelt ihn in die Mitte des Zimmers zur��ck, er ergibt sich unterw��rfig darein; sie l??t ihn frei und spricht g?nnerhaft zu ihm]: H?ren Sie, Sie m��ssen unserer Gastfreundschaft vertrauen; Sie wissen noch nicht, in wessen Haus Sie sich befinden--ich bin eine Petkoff.
Der Fl��chtling [naiv]: Was ist das?
Raina [etwas entr��stet]: Ich meine, da? ich der Familie Petkoff angeh?re, der reichsten und angesehensten unseres Landes.
Der Fl��chtling: O ja, nat��rlich! Entschuldigen Sie--die Petkoffs! freilich! Wie dumm von mir!
Raina: Sie wissen ganz gut, da? Sie bis zu dieser Minute den Namen nie geh?rt haben! Wie k?nnen Sie sich dazu erniedrigen, so zu tun, als ob er Ihnen bekannt vork?me?
Der Fl��chtling: Verzeihen Sie, ich bin zu m��de, um zu denken, und der Wechsel des Gespr?chsthemas war zuviel f��r mich; zanken Sie mich nicht aus.
Raina: Ich verga?--Sie k?nnten zu weinen anfangen. [Er nickt ganz ernst, sie schmollt und f?hrt dann in g?nnerhaftem Tone fort]: Ich will Ihnen blo? sagen, da? mein Vater den h?chsten Befehlshaberposten in unserer Armee bekleidet, den irgend ein Bulgare innehat. [Stolz]: Er ist Major!
Der Fl��chtling [tut, als ob das einen tiefen Eindruck auf ihn machte]: Major? Du lieber Himmel! Denken Sie nur!
Raina: Sie haben gro?e Ortsunkenntnis bewiesen, indem Sie es f��r n?tig hielten, am Balkon heraufzuklettern, weil unser Haus das einzige Privathaus ist, das zwei Reihen Fenster hat. Es ist eine Treppe im Flur, auf der man hinauf und hinunter kann.
Der Fl��chtling: Eine Treppe? Wie gro?artig! Sie sind aber von ungew?hnlichem Luxus umgeben, verehrtes Fr?ulein.
Raina: Wissen Sie, was eine Bibliothek ist?
Der Fl��chtling: Eine Bibliothek? Ein Zimmer voll B��cher?
Raina: Ja, wir haben ein solches, das einzige in ganz Bulgarien.
Der Fl��chtling: Wahrhaftig? Ein wirkliches Bibliothekzimmer? Das m?chte ich aber gerne sehen.
Raina [geziert]: Ich sage Ihnen diese Dinge blo?, um Ihnen zu zeigen, da? Sie bei zivilisierten Leuten sind, nicht im Hause von ungebildeten Bauern, die Sie t?ten w��rden, sobald sie Ihre serbische Uniform gewahrten. Wir gehen jedes Jahr zur Opernsaison nach Bukarest, und ich habe schon einen ganzen Monat in Wien zugebracht.
Der Fl��chtling: Das habe ich bemerkt, gn?diges Fr?ulein; ich habe sofort gesehen, da? Sie die Welt kennen.
Raina: Haben Sie jemals die Oper Hernani geh?rt?
Der Fl��chtling: Ist das die, in der ein Soldatenchor und ein Teufel in rotem Samt vorkommt?
Raina [verachtungsvoll]: Nein.
Der Fl��chtling [einen tiefen M��digkeitsseufzer unterdr��ckend]: Dann kenne ich die Oper nicht.
Raina: Ich dachte, Sie w��rden sich vielleicht an die gro?e Szene erinnern, in der Hernani auf der Flucht vor seinen Feinden--gerade so wie Sie heute nacht--in das Schlo? seines erbittertsten Gegners, eines alten kastilianischen Granden, fl��chtet! Der Edelmann verweigert seine Auslieferung, sein Gast ist ihm heilig!
Der Fl��chtling [rasch, wacht wieder etwas auf]: Sind Ihre Angeh?rigen auch dieser Ansicht?
Raina [mit W��rde]: Meine Mutter und ich, wir verstehen diese "Ansicht", wie Sie sich ausdr��cken, und wenn Sie, statt mich mit Ihrer Pistole zu bedrohen, sich einfach als Fl��chtling unserer Gastfreundschaft anvertraut h?tten, Sie w?ren sicher gewesen wie in Ihrem Vaterhaus.
Der Fl��chtling: Ganz gewi??
Raina [kehrt ihm angewidert den R��cken]: Oh, es ist verlorene M��he, Ihnen etwas begreiflich machen zu wollen!
Der Fl��chtling: Bitte, seien Sie nicht b?se, Sie k?nnen sich denken, wie schlimm es f��r mich w?re, wenn da ein Irrtum vorl?ge. Mein Vater ist ein sehr gastfreundlicher Mann, er hat sechs Hotels, aber ich k?nnte ihm nicht so weit vertrauen. Wie ist es mit Ihrem Herrn Vater?
Raina: Er ist fort, in Slivnitza, um f��r sein Vaterland zu k?mpfen. Ich b��rge f��r Ihre Sicherheit. Hier meine Hand darauf. Wird Sie das beruhigen? [Sie bietet ihm ihre Hand.]
Der Fl��chtling [sieht seine eigene Hand zweifelhaft an]: Es ist besser, wenn Sie meine Hand nicht ber��hren, verehrtes Fr?ulein, ich mu? mich erst waschen.
Raina [ger��hrt]: Das ist nett von Ihnen. Ich sehe, Sie sind ein Gentleman.
Der Fl��chtling [verwundert]: Wieso?
Raina: Sie d��rfen nicht glauben, da? ich ��berrascht bin--die Bulgaren aus besseren Kreisen, Leute in unserer Stellung zum Beispiel, waschen
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