Helden | Page 7

George Bernard Shaw
von der Welt getan zu haben, statt dessen verdiente er, daf��r vor das Kriegsgericht gestellt zu werden. Von allen Narren, die jemals auf einem Schlachtfelde losgelassen worden sind, mu? das der schlimmste sein! Er und sein Regiment begingen einfach einen Selbstmord, nur ging die Pistole nicht los, das war alles.
Raina [aufs tiefste verletzt, doch standhaft ihren Idealen treu]: Wahrhaftig! W��rden Sie ihn wiedererkennen, wenn Sie ihn s?hen?
Der Fl��chtling: Werde ich ihn je vergessen k?nnen! [Sie geht wieder zur Kommode, er beobachtet sie mit sch��chternen Hoffnungen, da? sie vielleicht noch etwas f��r ihn zu essen habe. Sie nimmt das Bild von der Kommode und bringt es ihm.]
Raina: Das ist die Photographie jenes Reiters--des Patrioten und Helden, dem ich verlobt bin.
Der Fl��chtling [das Bild mit Entsetzen erkennend]: Es tut mir wirklich sehr leid,,, [Sieht sie an.] War das recht, mich so aufs Glatteis zu f��hren? [Blickt wieder auf das Bild.] Ja, das ist er ohne Zweifel. [Er unterdr��ckt ein Lachen.]
Raina [rasch]: Warum lachen Sie?
Der Fl��chtling [besch?mt, aber immer noch sehr belustigt]: Ich versichere Ihnen--ich habe nicht gelacht--, zumindest hatte ich nicht die Absicht. Aber wenn ich an ihn denke, wie er die Windm��hlen st��rmte und dabei glaubte, die sch?nste Tat von der Welt zu vollbringen! [Er sch��ttelt sich vor unterdr��cktem Lachen.]
Raina [strenge]: Geben Sie mir das Bild zur��ck!
Der Fl��chtling [mit aufrichtiger Reue]: Hier, bitte. Verzeihen Sie! Es tut mir wirklich furchtbar leid. [Sie k��?t das Bild bedachtsam und sieht dem Fl��chtling gerade ins Gesicht, bevor sie es auf die Kommode zur��ckstellt. Er folgt ihr, sich entschuldigend]: Wissen Sie, ich tu' ihm vielleicht sehr unrecht, sogar ganz gewi?. H?chstwahrscheinlich hat er von der Munitionsgeschichte irgendwo Wind bekommen und wu?te, da? es eine gefahrlose Sache war.
Raina: Das soll hei?en, da? er ein Aufschneider und ein Feigling ist. Vorhin haben Sie das wenigstens nicht zu sagen gewagt.
Der Fl��chtling [mit einer komiscben Verzweiflungsgeste]: Ich bem��he mich umsonst, verehrtes Fr?ulein, es gelingt mir nicht, Ihnen die Sache vom berufsm??igen Standpunkt aus zu zeigen. [Als er sich umwendet, um zur Ottomane zu geben, wird neuerdings aus der Ferne Gewehrfeuer vernehmbar]:
Raina [strenge, als sie bemerkt, wie er auf die Sch��sse horcht]: Desto besser f��r Sie.
Der Fl��chtling [sich umwendend]: Wie meinen Sie das?
Raina: Sie sind mein Feind und in meiner Gewalt--was w��rde ich zu tun haben vom berufsm??igen Standpunkt aus?
Der Fl��chtling: Ah, das ist wahr! Verehrtes Fr?ulein, Sie haben immer recht. Ich wei?, was Sie f��r mich getan haben und was ich Ihnen verdanke. Bis zu meiner letzten Stunde werde ich der drei Pralin��s gedenken. Es war unmilit?risch, aber wie engelsgut von Ihnen!
Raina [kalt]: Ich danke Ihnen, aber nun will ich mich milit?risch benehmen. Sie k?nnen nicht hierbleiben, nach dem, was Sie ��ber meinen zuk��nftigen Gatten gesagt haben, aber ich will auf den Balkon gehen und nachsehen, ob Sie jetzt vollkommen gefahrlos auf die Stra?e hinunterklettern k?nnen. [Sie geht an das Fenster.]
Der Fl��chtling [seine Miene ver?ndert sich]: Diese Wasserrinne hinunter? Halten Sie ein, das kann ich nicht, das mag ich nicht! --der blo?e Gedanke daran macht mich schon schwindlig. Ich kam leicht genug herauf mit dem Tode auf den Fersen, aber das jetzt kalten Blutes riskieren...! [Er sinkt auf die Ottomane.] Es ist umsonst, ich bin besiegt, ich gebe den Kampf auf, ich bin verloren--Sie k?nnen jetzt L?rm schlagen! [Er st��tzt den Kopf todestraurig in die H?nde.]
Raina [von Mitleid entwaffnet]: Gehen Sie, verlieren Sie nicht den Mut. [Sie beugt sich beinahe m��tterlich ��ber ihn, er sch��ttelt den Kopf.] Oh, Sie sind ein recht kl?glicher Krieger, ein Pralin��soldat. Gehen Sie, fassen Sie sich. Es geh?rt weniger Mut dazu, da hinunterzuklettern als der Gefangenschaft ins Auge zu sehen--bedenken Sie das.
Der Fl��chtling [schl?frig, von ihrer Stimme eingewiegt]: Nein, Gefangenschaft bedeutet nur Tod, und Tod ist Schlaf.--Oh schlafen, schlafen, schlafen, ungest?rt schlafen...Die Dachrinne hinabklettern hei?t, etwas unternehmen, sich anstrengen, denken! Zehnmal lieber den Tod!
Raina [leise und verwundert, in seinen schl?frigen Ton verfallend]: Sind Sie so schl?frig?
Der Fl��chtling: Ich habe keine zwei Stunden ungest?rt geschlafen, seit ich zur Truppe einger��ckt bin. Ich war im Generalstab. Sie wissen nicht, was das hei?t: ich habe seit achtundvierzig Stunden kein Auge geschlossen.
Raina [am Ende ihrer Weisheit]: Aber was soll ich mit Ihnen anfangen?
Der Fl��chtling [f?hrt taumelnd auf, von ihrer Verzweiflung aufgestachelt]: Nat��rlich, ich mu? etwas tun. [Er sch��ttelt sich, rafft sich zusammen und spricht mit wiedergewonnener Kraft und Mut:] Sehen Sie, schl?frig oder nicht schl?frig, hungrig oder nicht hungrig, m��de oder nicht m��de--man kann eine Sache immer tun, wenn man wei?, da? sie getan werden mu?. Gut denn, die Dachrinne mu? hinabgeklettert werden. [Er schl?gt sich mit der Faust an die Brust]: H?rst du das, du Pralin��soldat?! [Er geht an das Fenster.]
Raina [?ngstlich]: Aber wenn Sie st��rzen?
Der Fl��chtling: Dann werde ich schlafen, als ob das Pflaster ein Federbett w?re. Leben Sie wohl. [Er tritt k��hn an das Fenster und legt seine Hand an den Laden, da ert?nt unten
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