ein guter Geist oder ein verdammter Kobolt seyn, du magst
himmlische Lüfte oder höllische Dämpfe mit dir bringen, und in
wohlthätiger oder schädlicher Absicht gekommen seyn; die Gestalt die
du angenommen hast, ist so ehrwürdig, daß ich mit dir reden will. Ich
will dich Hamlet, ich will dich meinen König, meinen Vater nennen: O,
antworte mir; laß mich nicht in einer Unwissenheit, die mir das Leben
kosten würde: Sage, warum haben deine
geheiligten Gebeine ihr
Behältniß durchbrochen? Warum hat das Grab, worein wir dich zu
deiner Ruhe bringen sahen, seinen schweren marmornen Rachen
aufgethan, um dich wieder auszuwerfen? Was mag das bedeuten, daß
du, ein todter Leichnam, in vollständiger Rüstung den Mondschein
wieder besuchst, um die Nacht mit Schreknissen zu erfüllen, und unser
Wesen auf eine so entsezliche Art mit Gedanken zu erschüttern, die
über die Schranken unsrer Natur gehen.
(Der Geist winkt dem Hamlet.)
Horatio.
Es winkt euch, mit ihm zu gehen, als ob es euch etwas allein
zu sagen habe.
Marcellus.
Seht, wie freundlich es euch an einen entferntern Ort
winkt: Aber geht ja nicht mit ihm.
Horatio (Den Hamlet zurükhaltend.)
Nein, um alles in der Welt nicht.
Hamlet.
Weil es nicht reden will, so will ich ihm folgen.
Horatio.
Das thut nicht, Gnädiger Herr.
Hamlet.
Und warum nicht? Wofür sollt' ich mir fürchten? Mein
Leben ist mir um eine Stek-Nadel feil, und was kan es meiner Seele
thun, die ein unsterbliches Wesen ist wie es selbst?--Es winkt mir
wieder weg-- ich will ihm folgen--
Horatio.
Und wie dann, Gnädiger Herr, wenn es euch an die Spize
des Felsens führte, der sich dort über die See hinaus bükt, und dann
eine noch fürchterlichere Gestalt annähme, welche euern Verstand
verwirren und in sinnloser Betäubung euch in die Tiefe hinunter
stürzen könnte? Denket an diß! Der Ort allein, ohne daß noch andere
Ursachen dazu kommen dürfen, könnte einem, der so viele Faden tief
in die See hinab schaute, und sie von unten herauf so gräßlich heulen
hörte, einen Anstoß von Schwindel geben.
Hamlet.
Es winkt mir noch immer: Geh nur voran, ich will dir folgen.
Marcellus.
Wir lassen euch nicht gehen, Gnädiger Herr.
Hamlet.
Zurük mit euern Händen!
Marcellus.
Laßt euch rathen, ihr sollt nicht gehen.
Hamlet.
Mein Verhängniß ruft; seine Stimme macht jede kleine Ader
in diesem Körper so stark, als den Nerven des Nemeischen Löwens: Er
ruft mir noch immer: Laßt eure Hände von mir ab, ihr Herren--
(Er reißt sich von ihnen los.)
Beym Himmel, ich will ein Gespenst aus dem machen, der mich halten
will--Weg, sag ich--Geht--Ich will mit dir gehen--
(Hamlet und der Geist gehen ab.)
Horatio.
Seine Einbildung ist so erhizt, daß er nicht weiß was er thut.
Marcellus.
Wir wollen ihm folgen; bey einer solchen Gelegenheit
wär' es wider unsre Pflicht, gehorsam zu seyn.
Horatio.
Das wollen wir--Was wird noch endlich daraus werden?
Marcellus.
Es muß ein verborgnes Übel im Staat von Dännemark
liegen.
Horatio.
Der Himmel wird alles leiten.
Marcellus.
Fort, wir wollen ihm nachgehen.
(Sie gehen ab.)
Achte Scene.
(Verwandelt sich in einen entferntern Theil der
Terrasse.)
(Der Geist und Hamlet treten wieder auf.)
Hamlet.
Wohin willt du mich fuhren? Rede; ich gehe nicht weiter.
Geist.
Höre mich an.
Hamlet.
Das will ich.
Geist.
Die Stunde rükt nah herbey, da ich in peinigende
Schwefel-Flammen zurükkehren muß.
Hamlet.
Du daurst mich, armer Geist!
Geist.
Bedaure mich nicht, sondern höre aufmerksam an, was ich dir
entdeken werde.
Hamlet.
Rede, ich bin schuldig, zu hören--
Geist.
Und zu rächen, was du hören wirst.
Hamlet.
Was?
Geist.
Ich bin der Geist deines Vaters, verurtheilt eine bestimmte Zeit
bey Nacht herum zu irren, und den Tag über eng eingeschlossen in
Flammen zu schmachten, bis die Sünden meines irdischen Lebens
durchs Feuer ausgebrannt und weggefeget sind. Wäre mirs nicht
verboten, die Geheimnisse meines Gefängnisses zu entdeken, ich
könnte eine Erzählung machen, wovon das leichteste Wort deine Seele
zermalmen, dein Blut erstarren, deine zwey Augen, wie Sterne, aus
ihren Kreisen taumeln, deine krause dichtgedrängte Loken trennen, und
jedes einzelne Haar wie die Stacheln des ergrimmten Igels emporstehen
machen würde: Aber diese Scenen der Ewigkeit sind nicht für Ohren
von Fleisch und Blut--Horch, horch, o horch auf! Wenn du jemals
Liebe zu deinem Vater getragen hast--
Hamlet.
O Himmel!
Geist.
So räche seine schändliche, höchst unnatürliche Ermordung.
Hamlet.
Ermordung?
Geist.
Jeder Mord ist höchst schändlich; aber dieser ist mehr als
schändlich, unnatürlich, und unglaublich.
Hamlet.
Eile, mir den Thäter zu nennen, damit ich schneller als die
Flügel der Betrachtung oder die Gedanken der Liebe, zu meiner Rache
fliege.
Geist.
So bist du, wie ich dich haben will; auch müßtest du
gefühlloser seyn, als das fette Unkraut, das seine Wurzeln ungestört an
Lethe's Werft verbreitet, wenn du nicht in diese Bewegung kämest.
Nun, Hamlet, höre. Es ist vorgegeben worden, eine Schlange habe mich
gestochen, da ich in meinem Garten geschlaffen hätte. Mit dieser
erdichteten Ursach meines Todes ist ganz Dännemark hintergangen
worden: Aber wisse, edelmüthiger Jüngling, die Schlange, die deinen
Vater zu tode stach, trägt izt seine Krone.
Hamlet.
O, meine weissagende Seele! Mein Oheim?
Geist.
Ja, dieser ehrlose blutschändrische Unmensch verführte durch
die
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