einer heiligern St?tte gefa?t machen, im Theater zu h?ren bekommen. Das Theater soll niemanden, wer es auch sei, Ansto? geben; und ich wünschte, da? es auch allem genommenen Ansto?e vorbeugen k?nnte und wollte.
Cronegk hatte sein Stück nur bis gegen das Ende des vierten Aufzuges gebracht. Das übrige hat eine Feder in Wien dazugefüget; eine Feder --denn die Arbeit eines Kopfes ist dabei nicht sehr sichtbar. Der Erg?nzer hat, allem Ansehen nach, die Geschichte ganz anders geendet, als sie Cronegk zu enden willens gewesen. Der Tod l?set alle Verwirrungen am besten; darum l??t er beide sterben, den Olint und die Sophronia. Beim Tasso kommen sie beide davon; denn Clorinde nimmt sich mit der uneigennützigsten Gro?mut ihrer an. Cronegk aber hatte Clorinden verliebt gemacht, und da war es freilich schwer zu erraten, wie er zwei Nebenbuhlerinnen auseinander setzen wollen, ohne den Tod zu Hilfe zu rufen. In einem andern noch schlechtern Trauerspiele, wo eine von den Hauptpersonen ganz aus heiler Haut starb, fragte ein Zuschauer seinen Nachbar: "Aber woran stirbt sie denn?"--"Woran? am fünften Akte!" antwortete dieser. In Wahrheit; der fünfte Akt ist eine garstige b?se Staupe, die manchen hinrei?t, dem die ersten vier Akte ein weit l?ngeres Leben versprachen.--
Doch ich will mich in die Kritik des Stückes nicht tiefer einlassen. So mittelm??ig es ist, so ausnehmend ist es vorgestellet worden. Ich schweige von der ?u?eren Pracht; denn diese Verbesserung unsers Theaters erfordert nichts als Geld. Die Künste, deren Hilfe dazu n?tig ist, sind bei uns in eben der Vollkommenheit als in jedem andern Lande; nur die Künstler wollen ebenso bezahlt sein, wie in jedem andern Lande.
Man mu? mit der Vorstellung eines Stückes zufrieden sein, wenn unter vier, fünf Personen einige vortrefflich und die andern gut gespielet haben. Wen, in den Nebenrollen, ein Anf?nger oder sonst ein Notnagel so sehr beleidiget, da? er über das Ganze die Nase rümpft, der reise nach Utopien und besuche da die vollkommenen Theater, wo auch der Lichtputzer ein Garrick ist.
Herr Ekhof war Evander; Evander ist zwar der Vater des Olints, aber im Grunde doch nicht viel mehr als ein Vertrauter. Indes mag dieser Mann eine Rolle machen, welche er will; man erkennet ihn in der kleinsten noch immer für den ersten Akteur und bedauert, auch nicht zugleich alle übrige Rollen von ihm sehen zu k?nnen. Ein ihm ganz eigenes Talent ist dieses, da? er Sittensprüche und allgemeine Betrachtungen, diese langweiligen Ausbeugungen eines verlegenen Dichters, mit einem Anstande, mit einer Innigkeit zu sagen wei?, da? das Trivia1ste von dieser Art in seinem Munde Neuheit und Würde, das Frostigste Feuer und Leben erh?lt.
Die eingestreuten Moralen sind Cronegks beste Seite. Er hat, in seinem "Kodrus" und hier, so manche in einer so sch?nen nachdrücklichen Kürze ausgedrückt, da? viele von seinen Versen als Sentenzen behalten und von dem Volke unter die im gemeinen Leben gangbare Weisheit aufgenommen zu werden verdienen. Leider sucht er uns nur auch ?fters gef?rbtes Glas für Ede1steine, und witzige Antithesen für gesunden Verstand einzuschwatzen. Zwei dergleichen Zeilen, in dem ersten Akte, hatten eine besondere Wirkung auf mich. Die eine,
"Der Himmel kann verzeihn, allein ein Priester nicht."
Die andere,
"Wer schlimm von andern denkt, ist selbst ein B?sewicht."
Ich ward betroffen, in dem Parterre eine allgemeine Bewegung, und dasjenige Gemurmel zu bemerken, durch welches sich der Beifall ausdrückt, wenn ihn die Aufmerksamkeit nicht g?nzlich ausbrechen l??t. Teils dachte ich: Vortrefflich! man liebt hier die Moral; dieses Parterre findet Geschmack an Maximen; auf dieser Bühne k?nnte sich ein Euripides Ruhm erwerben, und ein Sokrates würde sie gern besuchen. Teils fiel es mir zugleich mit auf, wie schielend, wie falsch, wie anst??ig diese vermeinten Maximen w?ren, und ich wünschte sehr, da? die Mi?billigung an jenem Gemurmle den meisten Anteil m?ge gehabt haben. Es ist nur ein Athen gewesen, es wird nur ein Athen bleiben, wo auch bei dem P?bel das sittliche Gefühl so fein, so z?rtlich war, da? einer unlautern Moral wegen Schauspieler und Dichter Gefahr liefen, von dem Theater herabgestürmet zu werden! Ich wei? wohl, die Gesinnungen müssen in dem Drama dem angenommenen Charakter der Person, welche sie ?u?ert, entsprechen; sie k?nnen also das Siegel der absoluten Wahrheit nicht haben; genug, wenn sie poetisch wahr sind, wenn wir gestehen müssen, da? dieser Charakter, in dieser Situation, bei dieser Leidenschaft, nicht anders als so habe urteilen k?nnen. Aber auch diese poetische Wahrheit mu? sich, auf einer andern Seite, der absoluten wiederum n?hern, und der Dichter mu? nie so unphilosophisch denken, da? er annimmt, ein Mensch k?nne das B?se, um des B?sen wegen, wollen, er k?nne nach lasterhaften Grunds?tzen handeln, das Lasterhafte derselben erkennen und doch gegen sich und andere damit prahlen. Ein solcher Mensch ist ein Unding, so gr??lich als ununterrichtend, und nichts als die armselige Zuflucht eines schalen Kopfes, der schimmernde Tiraden für die h?chste Sch?nheit des Trauerspieles h?lt. Wenn Ismenor ein grausamer Priester ist, sind darum alle Priester Ismenors? Man
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