wende nicht ein, da? von Priestern einer falschen Religion die Rede sei. So falsch war noch keine in der Welt, da? ihre Lehrer notwendig Unmenschen sein müssen. Priester haben in den falschen Religionen, so wie in der wahren, Unheil gestiftet, aber nicht weil sie Priester, sondern weil sie B?sewichter waren, die, zum Behuf ihrer schlimmen Neigungen, die Vorrechte auch eines jeden andern Standes gemi?braucht h?tten.
Wenn die Bühne so unbesonnene Urteile über die Priester überhaupt ert?nen l??t, was Wunder, wenn sich auch unter diesen Unbesonnene finden, die sie als die grade Heerstra?e zur H?lle ausschreien?
Aber ich verfalle wiederum in die Kritik des Stückes, und ich wollte von dem Schauspieler sprechen.
Drittes Stück Den 8. Mai 1767
Und wodurch bewirkt dieser Schauspieler (Hr. Ekhof), da? wir auch die gemeinste Moral so gern von ihm h?ren? Was ist es eigentlich, was ein anderer von ihm zu lernen hat, wenn wir ihn in solchem Falle ebenso unterhaltend finden sollen?
Alle Moral mu? aus der Fülle des Herzens kommen, von der der Mund übergehet; man mu? ebensowenig lange darauf zu denken, als damit zu prahlen scheinen.
Es verstehst sich also von selbst, da? die moralischen Stellen vorzüglich wohl gelernet sein wollen. Sie müssen ohne Stocken, ohne den geringsten Ansto?, in einem ununterbrochenen Flusse der Worte, mit einer Leichtigkeit gesprochen werden, da? sie keine mühsame Auskramungen des Ged?chtnisses, sondern unmittelbare Eingebungen der gegenw?rtigen Lage der Sachen scheinen.
Ebenso ausgemacht ist es, da? kein falscher Akzent uns mu? argw?hnen lassen, der Akteur plaudere, was er nicht verstehe. Er mu? uns durch den richtigsten, sichersten Ton überzeugen, da? er den ganzen Sinn seiner Worte durchdrungen habe.
Aber die richtige Akzentuation ist zur Not auch einem Papagei beizubringen. Wie weit ist der Akteur, der eine Stelle nur versteht, noch von dem entfernt, der sie auch zugleich empfindet! Worte, deren Sinn man einmal gefa?t, die man sich einmal ins Ged?chtnis gepr?get hat, lassen sich sehr richtig hersagen, auch indem sich die Seele mit ganz andern Dingen besch?ftiget; aber alsdann ist keine Empfindung m?glich. Die Seele mu? ganz gegenw?rtig sein; sie mu? ihre Aufmerksamkeit einzig und allein auf ihre Reden richten, und nur alsdann--
Aber auch alsdann kann der Akteur wirklich viel Empfindung haben und doch keine zu haben scheinen. Die Empfindung ist überhaupt immer das streitigste unter den Talenten eines Schauspielers. Sie kann sein, wo man sie nicht erkennet; und man kann sie zu erkennen glauben, wo sie nicht ist. Denn die Empfindung ist etwas Inneres, von dem wir nur nach seinen ?u?ern Merkmalen urteilen k?nnen. Nun ist es m?glich, da? gewisse Dinge in dem Baue des K?rpers diese Merkmale entweder gar nicht verstatten, oder doch schw?chen und zweideutig machen. Der Akteur kann eine gewisse Bildung des Gesichts, gewisse Mienen, einen gewissen Ton haben, mit denen wir ganz andere F?higkeiten, ganz andere Leidenschaften, ganz andere Gesinnungen zu verbinden gewohnt sind, als er gegenw?rtig ?u?ern und ausdrücken soll. Ist dieses, so mag er noch so viel empfinden, wir glauben ihm nicht: denn er ist mit sich selbst im Widerspruche. Gegenteils kann ein anderer so glücklich gebauet sein; er kann so entscheidende Züge besitzen; alle seine Muskeln k?nnen ihm so leicht, so geschwind zu Gebote stehen; er kann so feine, so vielf?ltige Ab?nderungen der Stimme in seiner Gewalt haben; kurz, er kann mit allen zur Pantomime erforderlichen Gaben in einem so hohen Grade beglückt sein, da? er uns in denjenigen Rollen, die er nicht ursprünglich, sondern nach irgendeinem guten Vorbilde spielet, von der innigsten Empfindung beseelet scheinen wird, da doch alles, was er sagt und tut, nichts als mechanische Nach?ffung ist.
Ohne Zweifel ist dieser, ungeachtet seiner Gleichgültigkeit und K?lte, dennoch auf dem Theater weit brauchbarer, als jener. Wenn er lange genug nichts als nachge?ffet hat, haben sich endlich eine Menge kleiner Regeln bei ihm gesammelt, nach denen er selbst zu handeln anf?ngt, und durch deren Beobachtung (zufolge dem Gesetze, da? eben die Modifikationen der Seele, welche gewisse Ver?nderungen des K?rpers hervorbringen, hinwiederum durch diese k?rperliche Ver?nderungen bewirket werden) er zu einer Art von Empfindung gelangt, die zwar die Dauer, das Feuer derjenigen, die in der Seele ihren Anfang nimmt, nicht haben kann, aber doch in dem Augenblicke der Vorstellung kr?ftig genug ist, etwas von den nicht freiwilligen Ver?nderungen des K?rpers hervorzubringen, aus deren Dasein wir fast allein auf das innere Gefühl zuverl?ssig schlie?en zu k?nnen glauben. Ein solcher Akteur soll z.E. die ?u?erste Wut des Zornes ausdrücken; ich nehme an, da? er seine Rolle nicht einmal recht verstehet, da? er die Gründe dieses Zornes weder hinl?nglich zu fassen, noch lebhaft genug sich vorzustellen vermag, um seine Seele selbst in Zorn zu setzen. Und ich sage; wenn er nur die allergr?bsten ?u?erungen des Zornes einem Akteur von ursprünglicher Empfindung abgelernet hat und getreu nachzumachen wei?--den hastigen Gang, den stampfenden Fu?, den rauhen, bald kreischenden bald verbissenen Ton, das Spiel der Augenbraunen, die zitternde Lippe, das Knirschen der Z?hne usw.--wenn er,
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