Goetz von Berlichingen | Page 7

Johann Wolfgang von Goethe
heut." Da gab ihm 's Kind das Geld-Maria. Das für sein
Frühstück sein sollte.
Karl. Da sagte der alte Mann-Maria. Da nahm der alte Mann das
Kind-Karl. Bei der Hand, und sagte--und ward ein schöner glänzender
Heiliger, und sagte:--"Liebes Kind"-Maria. "Für deine Wohltätigkeit
belohnt dich die Mutter Gottes durch mich: welchen Kranken du an
rührst"-Karl. "Mit der Hand"--es war die rechte, glaub ich.
Maria. Ja.
Karl. "Der wird gleich gesund."

Maria. Da lief das Kind nach Haus und konnt für Freuden nichts reden.
Karl. Und fiel seiner Mutter um den Hals und weinte für
Freuden-Maria. Da rief die Mutter: "Wie ist mir!" und war--nun Karl!
Karl. Und war--und war-Maria. Du gibst schon nicht acht!--und war
gesund. Und das Kind kurierte König und Kaiser, und wurde so reich,
daß es ein großes Kloster bauete.
Elisabeth. Ich kann nicht begreifen, wo mein Herr bleibt. Schon fünf
Tag und Nächte, daß er weg ist, und er hoffte so bald seinen Streich
auszuführen.
Maria. Mich ängstigt's lang. Wenn ich so einen Mann haben sollte, der
sich immer Gefahren aussetzte, ich stürbe im ersten Jahr.
Elisabeth. Dafür dank ich Gott, daß er mich härter zusammengesetzt
hat.
Karl. Aber muß dann der Vater ausreiten, wenn's so gefährlich ist?
Maria. Es ist sein guter Wille so.
Elisabeth. Wohl muß er, lieber Karl.
Karl. Warum?
Elisabeth. Weißt du noch, wie er das letztemal ausritt, da er dir Weck
mitbrachte?
Karl. Bringt er mir wieder mit?
Elisabeth. Ich glaub wohl. Siehst du, da war ein Schneider von Stuttgart,
der war ein trefflicher Bogenschütz, und hatte zu Köln auf'm Schießen
das Beste gewonnen.
Karl. War's viel?
Elisabeth. Hundert Taler. Und darnach wollten sie's ihm nicht geben.
Maria. Gelt, das ist garstig, Karl?
Karl. Garstige Leut!
Elisabeth. Da kam der Schneider zu deinem Vater und bat ihn, er
möchte ihm zu seinem Geld verhelfen. Und da ritt er aus und nahm den
Kölnern ein paar Kaufleute weg, und plagte sie so lang, bis sie das Geld
herausgaben. Wärst du nicht auch ausgeritten?
Karl. Nein! da muß man durch einen dicken, dicken Wald, sind
Zigeuner und Hexen drin.
Elisabeth. Ist ein rechter Bursch, fürcht sich vor Hexen!
Maria. Du tust besser, Karl! leb du einmal auf deinem Schloß als ein
frommer christlicher Ritter. Auf seinen eigenen Gütern findet man zum
Wohltun Gelegenheit genug. Die rechtschaffensten Ritter begehen

mehr Ungerechtigkeit als Gerechtigkeit auf ihren Zügen.
Elisabeth. Schwester, du weißt nicht, was du redst. Gebe nur Gott, daß
unser Junge mit der Zeit braver wird, und dem Weislingen nicht
nachschlägt, der so treulos an meinem Mann handelt.
Maria. Wir wollen nicht richten, Elisabeth. Mein Bruder ist sehr
erbittert, du auch. Ich bin bei der ganzen Sache mehr Zuschauer, und
kann billiger sein.
Elisabeth. Er ist nicht zu entschuldigen.
Maria. Was ich von ihm gehört, hat mich eingenommen. Erzählte nicht
selbst dein Mann so viel Liebes und Gutes von ihm! Wie glücklich war
ihre Jugend, als sie zusammen Edelknaben des Markgrafen waren!
Elisabeth. Das mag sein. Nur sag, was kann der Mensch je Gutes
gehabt haben, der seinem besten treusten Freunde nachstellt, seine
Dienste den Feinden meines Mannes verkauft, und unsern trefflichen
Kaiser der uns so gnädig ist, mit falschen widrigen Vorstellungen
einzunehmen sucht.
Karl. Der Vater! der Vater! Der Türner bläst 's Liedel: "Heisa, mach 's
Tor auf."
Elisabeth. Da kommt er mit Beute.
(Ein Reiter kommt.)
Reiter. Wir haben, gejagt! wir haben gefangen! Gott grüß Euch, edle
Frauen.
Elisabeth. Habt ihr den Weislingen?
Reiter. Ihn und drei Reiter.
Elisabeth. Wie ging's zu, daß ihr so lang ausbleibt?
Reiter. Wir lauerten auf ihn zwischen Nürnberg und Bamberg, er wollte
nicht kommen, und wir wußten doch, er war auf dem Wege. Endlich
kundschaften wir ihn aus: er war seitwärts gezogen, und saß geruhig
beim Grafen auf dem Schwarzenberg.
Elisabeth. Den möchten sie auch gern meinem Mann feind haben.
Reiter. Ich sagt's gleich dem Herrn. Auf! und wir ritten in Haslacher
Wald. Und da war's kurios: wie wir so in die Nacht reiten, hüt just ein
Schäfer da, und fallen fünf Wölf in die Herd und packten weidlich an.
Da lachte unser Herr und sagte: "Glück zu, liebe Gesellen! Glück
überall und uns auch!" Und es freuet' uns all das gute Zeichen. Indem
so kommt der Weislingen hergeritten mit vier Knechten.
Maria. Das Herz zittert mir im Leibe.

Reiter. Ich und mein Kamerad, wie's der Herr befohlen hatte, nistelten
uns an ihn, als wären wir zusammengewachsen, daß er sich nicht regen
noch rühren konnte, und der Herr und der Hans fielen über die Knechte
her und nahmen sie in Pflicht. Einer ist entwischt.
Elisabeth. Ich bin neugierig, ihn zu sehn. Kommen sie bald?
Reiter. Sie reiten das Tal herauf, in einer Viertelstund sind sie hier.
Maria. Er wird niedergeschlagen sein.
Reiter. Finster genug sieht er aus.
Maria. Sein Anblick wird mir im Herzen weh tun.
Elisabeth. Ah!--Ich will gleich
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