empfindliche Seelen zu setzen pflegt, ohne eine lange Zeit sich seiner dringendsten Bed��rfnisse zu erinnern. Endlich weckte ihn doch das Rauschen einer Quelle, die nicht weit von ihm aus einem Felsen hervor sprudelte, aus dem angenehmen Staunen, worin er etliche Minuten sich selbst vergessen hatte; er stand auf, und sch?pfte mit der hohlen Hand von diesem Wasser, dessen flie?enden Kristall, seiner Einbildung nach, eine wohlt?tige Nymphe seinen Durst zu stillen, aus ihrem Marmorkrug entgegen go?; und anstatt die von Cyprischem Wein sprudelnde Becher der Athenischen Gastm?hler zu vermissen, deuchte ihm, da? er niemals angenehmer getrunken habe. Er legte sich hierauf wieder nieder, entschlief unter dem sanftbet?ubenden Gemurmel der Quelle, und tr?umte, da? er seine geliebte Psyche wieder gefunden habe, deren Verlust das einzige war, was ihm von Zeit zu Zeit einige Seufzer auspre?te.
ZWEITES KAPITEL
Etwas ganz Unerwartetes
Wenn es seine Richtigkeit hat, da? alle Dinge in der Welt in der genauesten Beziehung auf einander stehen, so ist nicht minder gewi?, da? diese Verbindung unter einzelnen Dingen oft ganz unmerklich ist; und daher scheint es zu kommen, da? die Geschichte zuweilen viel seltsamere Begebenheiten erz?hlt, als ein Romanen--Schreiber zu dichten wagen d��rfte. Dasjenige, was unserm Helden in dieser Nacht begegnete, gibt mir neue Bekr?ftigung dieser Beobachtung ab. Er geno? noch der S��?igkeit des Schlafs, den Homer f��r ein so gro?es Gut h?lt, da? er ihn auch den Unsterblichen zueignet; als er durch ein l?rmendes Get?se pl?tzlich aufgeschreckt wurde. Er horchte gegen die Seite, woher es zu kommen schiene, und glaubte in dem vermischten Get��mmel ein seltsames Heulen und Jauchzen zu unterscheiden, welches von den entgegenstehenden Felsen auf eine f��rchterliche Art widerhallte. Agathon, der nur im Schlaf erschreckt werden konnte, beschlo? diesem Get?se mit eben dem Mut entgegen zu gehen, womit in sp?tern Zeiten der unbezwingbare Ritter von Mancha dem n?chtlichen Klappern der Walkm��hlen Trotz bot. Er bestieg also den obern Teil des Berges mit so vieler Eilfertigkeit als er konnte, und der Mond, dessen voller Glanz die ganze Gegend weit umher aus den d?mmernden Schatten hob, beg��nstigte sein Unternehmen. Das Get��mmel nahm immer zu, je n?her er dem R��cken des Berges kam; er unterschied itzt den Schall von Trummeln und das Fl��stern regelloser Fl?ten, und fing an zu erraten, was dieser L?rm zu bedeuten haben m?chte; als sich ihm pl?tzlich ein Schauspiel darstellte, welches f?hig scheinen k?nnte, den Weisen selbst, dessen wir oben erw?hnet haben, seiner eingebildeten G?ttlichkeit vergessen zu machen. Ein schw?rmender Haufen von jungen Thracischen Weibern war es, welche von der Orphischen Wut begeistert, sich in dieser Nacht versammelt hatten, die unsinnigen Gebr?uche zu begehen, die das heidnische Altertum zum Andenken des ber��hmten Zuges des Bacchus aus Indien eingesetzt hatte. Ohne Zweifel k?nnte eine ausschweifende Einbildungskraft, oder der Griffel eines la Fage von einer solchen Szene ein ziemlich verf��hrerisches Gem?lde machen; allein die Eindr��cke die der wirkliche Anblick auf unsern jungen Helden machte, waren nichts weniger als von der reizenden Art. Das st��rmisch fliegende Haar, die rollenden Augen, die besch?umten Lippen und die aufgeschwollnen Muskeln, die wilden Geb?rden und die rasende Fr?hlichkeit, mit der diese Unsinnigen in frechen Stellungen, ihre mit zahmen Schlangen umwundnen Thyrsos sch��ttelten, ihre Klapperbleche zusammen schlugen, oder abgebrochne Dithyramben mit lallender Zunge stammelten; alle diese Ausbr��che einer fanatischen Wut, die ihm nur desto sch?ndlicher vorkam, weil sie den Aberglauben zur Quelle hatte, machten seine Augen unempfindlich, und erweckten ihm einen Ekel vor Reizungen, die mit der Schamhaftigkeit alle ihre Macht auf ihn verloren hatten. Er wollte zur��ck fliehen, aber es war unm?glich, weil er in eben dem Augenblick, da er sie erblickte, von ihnen bemerkt worden war. Der unerwartete Anblick eines J��ngling, an einem Ort und bei einem Feste, welches kein m?nnliches Aug entweihen durfte, hemmte pl?tzlich den Lauf ihrer l?rmenden Fr?hlichkeit, um alle ihre Aufmerksamkeit auf diese Erscheinung zu wenden.
Hier k?nnen wir unsern Lesern einen Umstand nicht l?nger verhalten, der in diese ganze Geschichte einen gro?en Einflu? hat. Agathon war von einer so wunderbaren Sch?nheit, da? die Rubens und Girardons seiner Zeit, weil sie die Hoffnung aufgaben, eine vollkommnere Gestalt zu erfinden, oder aus den zerstreuten Sch?nheiten der Natur zusammen zu setzen, die seinige zum Muster nahmen, wenn sie den Apollo oder Bacchus vorstellen wollten. Niemals hatte ihn ein weibliches Aug erblickt, ohne die Schuld ihres Geschlechts zu bezahlen, welches die Natur f��r die Sch?nheit so empfindlich gemacht zu haben scheint, da? diese einzige Eigenschaft den meisten unter ihnen die Abwesenheit aller ��brigen verbirgt. Agathon hatte ihr in diesem Augenblick noch mehr zu danken; sie rettete ihn von dem Schicksal des Pentheus. Seine Sch?nheit setzte diese M?naden in Erstaunen. Ein J��ngling von einer solchen Gestalt, an einem solchen Ort, zu einer solchen Zeit! Konnten sie ihn f��r etwas geringers halten, als f��r den Bacchus selbst? In dem Taumel worin sich ihre Sinnen befanden, war nichts nat��rlichers als dieser Gedanke; auch gab er ihrer Phantasie auf einmal
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